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Die gestiegenen Heizkosten sind für viele eine schwere finanzielle Belastung.

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Wegen hoher Energiepreise: Regelung zur Heizkostenübernahme für arme Menschen in Berlin wird angepasst

Die sogenannte AV Wohnen orientiert sich bislang am Heizkostenspiegel. Ab 1. Januar sollen in Berlin Zuschüsse am tatsächlichen Verbrauch bemessen werden.

Angesichts der steigenden Energiepreise wird die Berliner Regelung für die Heizkosten-Übernahme für Sozialhilfeempfänger, Arbeitssuchende und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verändert. Die Ausführungsvorschrift Wohnen, kurz AV Wohnen, soll zu Beginn des neuen Jahres angepasst werden.

Dies kündigte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Donnerstag im Fachausschuss des Abgeordnetenhauses an. Die AV Wohnen hat existentielle Auswirkungen auf das Leben armer Menschen in Berlin: Die Vorschrift regelt, wie viele Kosten die Berliner Behörden für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Empfänger von Sozialleistungen übernehmen.

Die Kostenübernahme orientiert sich bislang einerseits an Richtwerten für die Bruttokaltmieten, andererseits an Grenzwerten für die Heizkosten. Das Problem: Die Grenzwerte für die Heizkosten orientieren sich am bundesweiten Heizkostenspiegel vom Vorjahr. Doch seit die Preise für Gas, Öl und Fernwärme vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise um ein Vielfaches gestiegen sind, sprengen sie den Rahmen der Grenzwerte von 2021. Viele Menschen bleiben deswegen auf einem Teil ihrer Heizkosten sitzen.

Ab dem 1. Januar 2023 soll deswegen als Grundlage für die Kostenübernahme nicht mehr der Heizkostenspiegel gelten, sondern der tatsächliche Verbrauch der Sozialhilfeempfangenden. Senatorin Kipping kündigte an, dem Senat eine Beschlussfassung für die Änderung am 6. Dezember vorlegen zu wollen. Bis Ende des Jahres müssen die Änderungen dann im Amtsblatt veröffentlicht werden, um zu Januar in Kraft treten zu können. Ziel der Kostenübernahme ist, dass Sozialhilfeempfangende in ihren bisherigen Wohnungen bleiben können und nicht in die Wohnungslosigkeit abrutschen.  

Zuschüsse, um Umzüge zu vermeiden, werden steigen

Neben der Veränderung bei der Berechnung der Kostenübernahme soll auch der „Umzugsvermeidungszuschlag“ erhöht werden. Mit diesem Zuschlag soll verhindert werden, dass Menschen aus ihrer bisherigen Wohnung ausziehen müssen, obwohl die Miete den Richtwert für Zuschüsse übersteigt. Bislang können Betroffene einen zehn-prozentigen Zuschlag beantragen. Ab dem 1. Januar, so kündigte es Kipping an, wird der mögliche Zuschlag von 10 Prozent auf 15 Prozent steigen.

Außerdem wird die sogenannte „Erprobungsklausel“ ausgeweitet werden. Die Klausel soll es erleichtern, für Wohnungssuchende eine Wohnung zu finden – auch wenn diese teurer ist als für die Kostenübernahme vorgesehen. Die Überschreitung der Richtwerte von 20 Prozent ist bereits möglich. Eine weitere Überschreitung war bislang nur für Familien ab fünf Personen möglich. Ab 1. Januar soll das für alle gelten, allerdings nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass trotz intensiver Suche innerhalb von sechs Monaten keine dem Rahmen entsprechende Wohnung gefunden werden konnte.

Es ist ein sehr guter Ansatz, dass der Verbrauch bei den Heizkosten als Grundlage angesetzt wird.

Annegret Gabelin vom Sozialwerk des Demokratischen Frauenbundes

Annegret Gabelin vom Sozialwerk des Demokratischen Frauenbundes begrüßte am Donnerstag die geplanten Änderungen: „Es ist ein sehr guter Ansatz, dass der Verbrauch bei den Heizkosten als Grundlage angesetzt wird“, sagte sie. Ihr fehle allerdings noch die Fantasie, um zu verstehen, wie die Neuregelung umgesetzt werde. Nebenkostenabrechnungen kämen ja immer erst später – das sei ein Knackpunkt. Gabelin war am Donnerstag als Expertin zum Thema vor den Ausschuss geladen. Sie forderte vom Senat eine zügige Umsetzung der Neuerungen und plädierte dafür, das Antragswesen zu vereinfachen.

Markus Wahle vom Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise (BALZ) sagte, er freue sich zwar ebenfalls über die Umstellung. Allerdings wies er auf Probleme mit nicht überprüfbaren Heizkosten hin. „Wir hätten gerne eine Verpflichtung zur jährlichen Überprüfung der Heizkosten durch die Behörden“, sagte Wahle.

Die dritte im Ausschuss geladene Expertin, Susann Zouali-Schlemmer von der Berliner Stadtmission, erinnerte an das eigentliche Ziel Berlins, bis 2030 die Wohnungslosigkeit zu beenden. „Davon sind wird derzeit leider weit entfernt“, sagte sie.

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