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Blick in den U-Bahnhof Seestraße in Berlin-Wedding.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wedding, Hohenschönhausen, Kaulsdorf: Die CDU wird in Berlin zur Arbeiterpartei

Nach der wiederholten Berlin-Wahl wird deutlich, dass die CDU viele Viertel erobert hat, in denen bislang SPD und Linke stark waren. Ob Rot-Rot das begreift?

Ein Kommentar von Hannes Heine

Die Wahlberichterstatter interessiert es kaum, im Koalitionspoker geht’s ohnehin unter – dabei müsste Berlins rot-rotes Milieu nach dieser Wahl fast panisch werden. Ausgerechnet die CDU eroberte Arbeiterkieze, jene Viertel mit unterdurchschnittlichem Einkommen, die aber nicht von Transferleistungsempfängern dominiert werden. Nord-Wedding, einige Wahlkreise in Spandau, Kaulsdorf, Alt-Hohenschönhausen.

Wie gewohnt erhielt die CDU bürgerliche Stimmen – ähnlich wie die Grünen, nur dass die Union vor allem unter Älteren in den Außenbezirken reüssierte, die Grünen unter dem Mittel- und Oberschichtsnachwuchs in der hippen Innenstadt. Zugleich aber gelang es den Christdemokraten dort zuzulegen, wo bislang SPD und Linke stark waren.

Zahlen von Infratest zeigen, dass die CDU ihren Erfolg vielen früheren SPD-Wählern zu verdanken hat. Circa 14 Prozent aller CDU-Stimmen kamen von Leuten, die sich noch 2021 für die Sozialdemokraten entschieden hatten; dazu fast drei Prozent von Ex-Linken-Wählern. Bürger mit „einfacher Bildung“ gaben zu 39 Prozent der CDU ihre Stimme, meldete Infratest.

Die CDU war diesmal die Protestpartei, das zeigen die Meinungsumfragen und Wahlanalysen sehr deutlich.

Schreibt Community-Mitglied FrankNFurter

Schon zur Berlin-Wahl 2021 hatten CDU-Leute in Marzahn-Hellersdorf gezeigt, dass sie Linken-Hochburgen erobern können. Dieser Trend setzte sich nun fort.

Darüber hinaus gewann diesmal selbst im Wedding ein Mann von der Union – der stets Hemd und Sakko tragende Vorsitzende des Rechtsausschusses im Abgeordnetenhaus, Sven Rissmann, musste dafür gar nicht versuchen, proletarischen Charme auszustrahlen.

Was das zeigt? Auch Weddinger wünschen sich eine sichere Nachbarschaft, funktionierenden Verkehr, sanierte Schulen. Dem rot-grün-roten Senat trauen sie nicht zu, sich um derlei Grundsätzliches zu kümmern.

Und noch ein gern gepflegter Topos passt nach dieser Wahl nicht so recht. Die vorgebliche Männerpartei war geschlechterübergreifend fast gleich erfolgreich: 27 Prozent der abstimmenden Berlinerinnen wählten CDU.

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