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Zwei Krähen streiten um ein Netz mit Vogelfutter. Symbolbild.

© Jochen Lübke/dpa

Sonntagskolumne Fallstricke des Alltags: Was tun, wenn der Nachbar die Vögel füttert?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten Situationen so umgeht, dass es keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Unser Nachbar füttert ganzjährig Vögel vor seinem Haus. Die ganze Vogelschar setzt sich auf unsere Mauer, in die Hecke und andere dort auf unserem Grundstück befindlichen Dinge. Es sind mitunter 50 Spatzen, und auch Tauben erscheinen. Hecke, Mauer, Gegenstände sind ständig voller Kot und Futterdreck. Was kann ich dagegen tun? Der Nachbar hat null Einsicht. Wir erschrecken permanent, wenn da 50 Spatzen aus unserer Hecke kommen, Passanten ergeht es ähnlich. Saskia, umflogen

Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Leider hat das Gute, das ein Mensch tut, in vielen Fällen eine Schattenseite. Ähnliche Fragen erreichen mich auch in anderen Bereichen immer wieder. Die Muster ähneln sich. Der Realitätssinn geht verloren, man könnte auch sagen, die vermeintlich guten Menschen schaffen es manchmal nicht, auf dem Teppich zu bleiben. Sie speisen dann so viel Selbstbewusstsein aus ihren guten Werken, dass diese sich mitunter ins Gegenteil verkehren. Über guten Taten geht leicht jegliches Maß verloren, wenn es um die unmittelbare Umwelt geht.

Futter fürs Ego

Zwar verdient Ihr Nachbar Respekt, weil er sich um die Vögel kümmert. Sie aber zu allen Jahreszeiten, auch dann, wenn sie sich selbst ernähren könnten, mit Macht in den Garten zu ziehen, ist nicht richtig. Das lässt eher darauf schließen, dass es ihm so große Befriedigung verschafft, als großer Vogelfütterer dazustehen, dass ihm alles andere egal ist. Es geht ihm vermutlich gar nicht in erster Linie um die Tiere, sondern um sich selbst und sein Ego, das immer neu gefüttert werden will. Daraus hat er wohl ein Selbstgerechtigkeitssyndrom entwickelt.

Auf Rücksicht pochen

Insofern ist es richtig, wenn Sie darauf pochen, dass auch auf Ihr Befinden Rücksicht genommen wird. Vielleicht besteht die Möglichkeit, mal ein Kaffeetrinken in der Nachbarschaft zu organisieren, wo das Thema erörtert wird. Beschwerden helfen in der Regel nicht in solchen Fällen. Da der Nachbar sich sowieso für den besseren Menschen hält, werden kritische oder gar böse Worte ihn nur noch in dieser Fehlannahme bestätigen. Aussichtsreicher wäre vielleicht der Versuch, ihm in Aussicht zu stellen, er könne auch an Ihnen etwas Gutes tun, indem er Ihre Ängste mindert und Ihr Hygieneempfinden achtet.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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