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Stefan Oelrich, Mitglied des Vorstands der Bayer AG und Leiter der Division Pharmaceuticals mit Sitz in Berlin.

© Nicole Schnittfincke/Bayer AG

Bayers Pharma-Chef Stefan Oelrich im Interview: Was die milliardenschwere Übernahme von AskBio für Berlin bedeutet

Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer zahlt Milliarden für eine Firma in den USA. Davon dürfte auch der Standort Berlin profitieren, erklärt ein Konzernvorstand.

Der Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern Bayer, der 2006 Berlins einzigen Dax-Konzern Schering übernommen hatte, teilte am Montag in der Hauptstadt mit, dass er verstärkt in den wachsenden Markt für Gentherapien einsteigen will und daher das US-Pharmaunternehmen Asklepios BioPharmaceutical (AskBio) mit Sitz im Bundestaat North Carolina kauft.

Der Schritt hat besondere Bedeutung für Berlin, wo die Zentrale von Bayers Pharmasparte residiert. Bayer zahlt einen Kaufpreis von zwei Milliarden Dollar (1,69 Milliarden Euro) sowie noch einmal bis zu zwei Milliarden Dollar "an erfolgsabhängigen Meilensteinzahlungen", hieß es. Die Übernahme soll nach kartellrechtlicher Prüfung in den USA noch bis Jahresende abgeschlossen werden. Stefan Oelrich, Mitglied des Vorstands der Bayer AG und Leiter der Pharma-Sparte, erklärt die Bedeutung dieser milliardenschweren Übernahme von AskBio im Kurz-Interview mit dem Tagesspiegel.

Herr Oelrich, was genau ist Zell- und Gentherapie, mit der sich diese Firma befasst?

Die Entwicklung der Zell- und Gentherapie kann man vergleichen mit der Erfindung des Internets in Zeiten des Buchdrucks. Hier tut sich ein gewaltig großes neues Tätigkeitsfeld auf. Wir können inzwischen auf der Molekularebene erbgutspezifische Informationen verstehen. So wie man nach einem Knochenbruch den Arm an eine Schiene fixiert, können wir nach dem gleichen Prinzip defekte Gene schienen. In den vergangenen Jahren haben wir begonnen, diese Mechanismen zu verstehen. Und mittlerweile ist es gelungen, erste Therapien daraus zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund muss man unsere Übernahme von Asklepios BioPharmaceutical – kurz AskBio – verstehen. Der Schritt ist wirklich bahnbrechend.

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Was bedeutet die Übernahme für den Standort Berlin?

Bayer ist das größte deutsche Pharmaunternehmen mit Sitz seiner weltweiten Pharmazentrale in Berlin. Gleichzeitig sind wir einer der größten Arbeitgeber in dieser Stadt. Am Standort Berlin befindet sich einer unserer weltweiten Hauptforschungsstandorte. Bisher haben wir an diesem Standort noch keine direkten Aktivitäten rund um die Zell- und Gentherapie. Wir stehen hier allerdings in engem Austausch mit den auf diesem Gebiet aktiven Spielern. Berlin bietet aus unserer Sicht mit dem hier vorhandenen Healthcare Cluster eine hervorragende Basis, die es gilt, weiter auszubauen. Die Gentechnologie steckt hier allerdings noch in den Kinderschuhen.

Mitarbeiter beim US-Biotech-Unternehmen Asklepios BioPharmaceutical (AskBio) in North Carolina: Der Leverkusener Bayer-Konzern zahlt bis zu vier Milliarden Dollar für die Firma, teilte Bayers Pharma-Sparte in Berlin am Montag mit.

© Bayer AG/dpa

Entstehen neue Jobs in der Stadt?

Das hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab und kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Zunächst müssen wir den ersten gehen und die Übernahme abschließen. In jedem Fall wäre die Übernahme dieses US-Unternehmens durch uns als deutschen Branchenprimus ein Signal an die gesamte Branche, dass es auf diesem Feld vorangeht, und dass auch hier in Berlin ein neuer Schwerpunkt entsteht. Wir werden für einen Austausch der wissenschaftlichen  Erkenntnisse auf dem bahnbrechenden Gebiet der Gentechnologie sorgen. Diese Technologie kann möglicherweise auch bei der Entwicklung von Impfstoffen – auch gegen Covid-19 – einen gewaltigen Unterschied machen. Wir als Gesellschaft und als Volkswirtschaft entdecken gerade neu, wie wichtig die Lebenswissenschaften sind.

Wie wird die Zusammenarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen in North Carolina aussehen?

Es gibt bereits einen Austausch. Die Vorstandsvorsitzende von AskBio hat betont, wie sehr sie sich freuen, nach Berlin zu kommen. Ihr Team ist unter anderem sehr interessiert am Zugang zu unserer substantiellen Substanzbibliothek, die Bayer über die Jahrzehnte in Berlin und Wuppertal aufgebaut hat. Das sind mehr als vier Millionen unterschiedliche Moleküle. Zugang dazu ist extrem wertvoll für ein Bio-Tech-Unternehmen wie AskBio. Wir werden die Firma in unsere strategischen Überlegungen einbinden, aber wir lassen das Unternehmen weitgehend unabhängig weiterarbeiten, um dessen spezielle Innovationskraft zu erhalten.

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