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Wenn die Sonne scheint, kommen die Bands und verwandeln den Mauerpark auch mal in einen smoothen Soulclub. Musik und Kinderbauernhof geraten in Gefahr, fürchten die Aktivisten, wenn Wohnungseigentümer in die geplanten Neubauten eingezogen sind und ihre Ruhe wollen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Senat übernimmt Bauplanung: Was Bürger im Mauerparkstreit tun können

Der Senat übernimmt die Planung beim Neubauprojekt am Mauerpark. Die Protestbewegung ist dadurch unter Druck - was Bürger nun noch tun können.

Bausenator Andreas Geisel habe die Mitbestimmung am Mauerpark ausgehebelt, weil er rasch bis Jahresende Baurecht schaffen will, so war am Mittwoch zu hören. Wie berichtet, zieht der Senat die Planung zum Bau von 700 Wohnungen auf Mittes Grünfläche an sich. Ganz richtig ist diese erste Reaktion allerdings nicht, denn die Anwohner können sehr wohl noch eingreifen – aber jetzt muss alles ganz schnell gehen und die Hürden sind durch Geisels Coup höher geworden.

Zunächst können die Bürger von Mitte noch bis zum 16. März Einwendungen beim Bezirk gegen die ausgelegten Pläne („Bebauungsplan-Entwurf 1-64a VE“) einreichen. Auch wenn der Senat übernimmt, würden diese ausgewertet, so Geisel. Kleine Korrekturen sind denkbar, große aber kaum, wenn wirklich bis Jahresende Baurecht geschaffen sein soll. Auch ein Bürgerbegehren gegen die Planung läuft. Der Bezirk hat eine kleine Korrektur beim Antrag gefordert. Spätestens in vier Wochen könnte die Sammlung der erforderlichen 6724 Stimmen starten. Das müsste bis Mai gelingen, denn spätestens dann will der Senat übernehmen. Auch wenn die Initiative vorher Erfolg hat, bindend ist die Stimme des Volkes für den Senat nicht.

Den Gegnern der Baupläne bliebe dann nur der Weg über einen Volksentscheid. Dessen Zulässigkeit müsste der Landeswahlleiter prüfen. Im positiven Fall müssten rund 20.000 Unterschriften zusammenkommen, damit wie im Fall des Tempelhofer Flugfelds alle Berliner zur Urne gehen dürften. Dort entscheidet die Mehrheit der knapp 2,5 Millionen stimmberechtigten Berliner.

Einige wollen klagen gegen die Baupläne

Eigentümer von Häusern und Wohnungen in der Nachbarschaft der geplanten Neubauten bereiten außerdem Klagen vor. Bis zu einem Urteil kann es lange dauern, nicht auszuschließen aber ist, dass die Erteilung von Baugenehmigungen für einzelne Gebäude bis dahin auf Eis gelegt werden muss. Der Senat muss seinerseits zwei Hürden nehmen: Zunächst muss er Baurecht schaffen, also einen Bebauungsplan beschließen, der als rechtliche Grundlage für die Erteilung von Baugenehmigungen für die einzelnen Wohnhäuser durch den Bezirk Mitte dient.

Ob die Gegner der Baupläne am Mauerpark alle Register ziehen, ist derzeit unklar. In Koalitionskreisen heißt es, nach dem Erfolg des Bürgerbegehrens gegen die Baupläne auf dem Tempelhofer Feld sei die Mobilisierungskraft erschöpft. Das sieht Heiner Funken, Sprecher der Mauerpark-Initiativen, anders: „Die Gegner der Baupläne für die Buckower Felder und für Oeynhausen haben noch eine Rechnung offen mit diesem Politikstil“. Gegen die Bebauung der Buckower Felder in Neukölln war ein Bürgerbegehren erfolgreich angelaufen, als Geisel die Planung an sich zog. Gegen Wohnungsbau auf dem Gelände der Kleingartenkolonie Oeynhausen in Schmargendorf gab es in einem bezirklichen Bürgerentscheid eine klare Mehrheit – aber der Senat lehnt es ab, die Kolonie durch Entschädigungszahlungen an den Investor zu retten.

Umkämpfte Projekte mit 200 Wohnungen und mehr zieht der Senat an sich

„Das Recht auf Mitbestimmung in den Bezirken wird entwertet, wenn es mit einer schwammigen Begründung wie der gesamtstädtischen Bedeutung eines Areals vom Tisch gewischt werden kann“, sagt Oliver Wiedmann, Sprecher von „Mehr Demokratie“. Die gesetzlichen Regelungen, die dem Senat die Übernahme von Bauprojekten ermöglichen, müssten klarer formuliert werden. Bausenator Andreas Geisel (SPD) begründet die gesamtstädtische Bedeutung damit, dass ganz Berlin unter der Wohnungsnot leide und nur der Wohnungsneubau Abhilfe schaffen könne. Das Baurecht ermöglicht es dem Senat, Projekte ab einer Größe von 200 Wohnungen an sich zu ziehen. Der Neubau von Wohnungen müsse erheblich verstärkt werden, weil in den vergangenen Jahren 170.000 Menschen nach Berlin gezogen seien. Sonst würden Mieter mit kleinen Einkommen aus der Stadt verdrängt.

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