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Roland Sillmann, Geschäftsführer der Wista Management GmbH, während der Jahres-Pressekonferenz des Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof.

© Annette Riedl/dpa

30 Jahre nach der Gründung: Warum der Technologiepark Adlershof immer weiter wächst

Deutschlands größter Wissenschafts- und Technologiepark wächst auch in der Krise: Nun setzten die Organisatoren auf einen Pakt mit der Lausitz

30 Jahre nach der Gründung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Adlershof (Wista) ist kein Ende dieser wirtschaftspolitischen Erfolgsgeschichte in Sicht: Während es in den ersten zehn bis 15 Jahren noch sehr schwierig schien, die in DDR-Zeiten angelegten Strukturen rund um Wissenschaft und Medien in die Nach-Wende-Zeit zu retten, lief es in den vergangenen Jahren ausgesprochen gut auf diesem 4,6 Quadratkilometer großen Areal im Berliner Südosten.

Der Standort wächst stetig, die Coronakrise hat ihm alles in allem nicht geschadet, womöglich sogar geholfen. Das ist das Ergebnis der am Montag in der Wista-Geschäftsstelle vorgestellten jährlichen Umfrage unter mittlerweile fast 1200 ansässigen Unternehmen. Demnach stieg der gemeinsame Umsatz dort im Gesamtjahr 2021 um gut 13 Prozent auf 3,21 Milliarden Euro. Die Zahl der in Adlershof Beschäftigten stieg um gut elf Prozent auf 24.500, hinzu kamen 6650 Studierende und rund 1000 Auszubildende, hieß es.

Bis zur ersten Umsatzmilliarde hatte es 13 Jahre gedauert

Roland Sillmann, Chef der Wista Management GmbH, erinnerte daran, dass es 13 Jahre gedauert habe, bis die Unternehmen gemeinsam die erste Umsatz-Milliarde erreicht hätten und noch einmal 13 Jahre bis zur Zwei-Milliarden-Euro-Schwelle.

Die dritte Milliarde sei in nur vier Jahren überschritten worden. Das Projekt habe mittlerweile eine „kritische Schwelle erreicht, in der es auch externe Krisen gut überstehen kann“. Sillmann sagte, er würde den Wista nicht als „Gewinner der Coronakrise“ bezeichnen wollen. Dennoch: Einige Firmen arbeiteten für den Impfstoffhersteller Biontech, anderen sei es gelungen, mit innovativen Lösungen Lücken in der Lieferketten – zum Beispiel denen der Automobilindustrie – zu schließen und so neue Kunden zu gewinnen.

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„Die enge Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft hat unseren Technologiepark widerstandsfähig gemacht.“ Hinzu komme, dass die Unternehmen während der gesamten Coronakrise positiv auf ihre künftige Geschäftsentwicklung geblickt hätten. „Dies gibt uns allen Grund zur Hoffnung, dass die Unternehmen am Standort auch in der aktuellen Situation Wege finden werden, um die wirtschaftlichen Folgen des Angriffskriegs gegen die Ukraine zu meistern“, ergänzte der Wista-Chef.

Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) während der Jahres-Pressekonferenz des Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof.

© Annette Riedl/dpa

Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos), sagte, in der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft "steckt ein Riesenpotenzial für unsere Stadt und die gesamte Metropolregion." Dass die Berliner Wirtschaft insgesamt besser durch die Corona-Pandemie kam und sich schneller als andernorts erholen konnte, haben wir auch dem Zugpferd Adlershof und der gesamten Innovationsbranche zu verdanken.

Der Wunsch auf Arbeit im Homeoffice überlebt Corona

Und doch ergeben sich Verzerrungen der Umfrageergebnisse aus der Pandemie und der durch sie ausgelösten Homeoffice-Trend: Sie dürften ein Grund dafür sein, dass das Areal trotz der mehr als 30.000 Personen, die dort beschäftigt sind, kein Schauplatz eines täglichen Verkehrskollaps ist, auch wenn die neue Straßenbahnlinie und der verbesserte Zugang zum S-Bahnhof Johannisthal helfen, Verkehr zu entzerren.

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Die Forscher haben die Geschäftsführer gefragt, wie sie den künftigen Wunsch der Beschäftigten nach Homeoffice einschätzen: Demnach erwarten sie, dass 32 Prozent gar nicht im Homeoffice arbeiten können oder möchten. 14 Prozent würden sich – so die Vermutung – immerhin einen Tag ohne Präsenz wünschen, 23 Prozent der Beschäftigten zwei Tage, knapp 19 Prozent sogar drei. Die Geschäftsführer selbst halten im Durchschnitt mehrheitlich null bis zwei Tage Arbeit ohne Büronutzung am Ort für sinnvoll, der Unterschied ist also nicht so groß, wie man hätte erwarten können.

Roland Sillmann (links), Chef der Wista Management GmbH, und Stephan Schwarz, Berliner Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

© Annette Riedl/dpa

berhaupt sehen sich Geschäftsführungen angesichts des Mangels an qualifizierten Mitarbeitenden gezwungen, entsprechende Wünsche nach Heimarbeit so gut es geht zu ermöglichen. Wista-Chef Sillmann wies zudem auf ein anderes interessantes Ergebnis der jährlichen Umfrage hin: Mittlerweile diene das Image des Technologieparks als Hightech-Standort den Unternehmen weniger als Verkaufsargument im Kundengespräch, sondern mehr als Argument bei der Mitarbeitergewinnung. Potenzielle Mitarbeitende dürfen Arbeitgebern mit Sitz in Adlershof ein Mindestmaß an Professionalität und Technologieorientierung unterstellen.

Sillmann sagte, er rechne mit weiterem Wachstum auf dem Areal – auch durch Nachverdichtung. Zudem warb er für das im Februar vorgestellte Konzept einer „Innovationsachse“ von Adlershof bis zur BTU Cottbus und in die gesamte Lausitz. Es sei sinnvoll, Anreize schaffen, dass sich Mitarbeitende der ansässigen Unternehmen entlang der Bahntrasse ansiedeln können und man müsse ihnen auch dezentrale Co-Working-Spaces schaffen als Alternative zu Homeoffice und Präsenz in Adlershof.

Keine unmittelbaren Folgen durch ein Gas-Embargo erwartet

Die Wista lässt die Umfrage unter den örtlichen Geschäftsleitungen im Technologiepark traditionell im Januar durchführen. Die Ergebnisse reflektieren daher keine Erwartungen, die sich aus dem Ende Februar von Russland begonnenen Krieg in der Ukraine ergeben könnten. So wurde der Wista-Chef gefragt, wie er die Folgen eines denkbaren Importstopps für russisches Erdgases einschätzt. Direkte Auswirkungen für Adlershof sehe er nicht, weil das lokale Blockheizkraftwerk vor allem mit Holz gespeist werde. Indirekte Folgen seien derzeit „nicht absehbar.“

Wirtschaftssenator Schwarz sagte, auch seine Verwaltung beobachte die Entwicklung bei der Gasversorgung. "Derzeit sehen wir kleine Mangellagen". Aber die "Eskalation der Grausamkeiten" setzte sich fort, daher bereite die Bundesregierung weitere Sanktionen gegen Russland vor. "Und das halte ich auch für richtig". Gleichwohl dürften von einem Ende der Gaslieferungen alle Wirtschaftszweige in Beschlag genommen werden.

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