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In diesem Haus in der Waldsiedlung Wandlitz lebte DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker bis zu seiner Entmachtung.

© Mike Wolff

Ehemalige SED-Kader-Siedlung bei Berlin: Wandlitz soll unter Denkmalschutz gestellt werden

Einst war die Bonzensiedlung der SED der Inbegriff der Abschottung, in der die greise DDR-Führung bis zum Umbruch lebte. Ministerpräsident Woidke erinnert sich noch an die dortige Spießigkeit.

Die Betonplatten, über die man auf der Autobahn kurz hinter Berlin in Richtung Nordosten brettert, erinnern noch an die besondere Straße ins damals verbotene Nirgendwo. Hier, hinter einer versteckten Abfahrt bei Bernau, bog die Partei- und Staatsführung mit ihren Limousinen ab in ihre Bonzensiedlung, in die sie sich ab 1958 zurückgezogen hatte am Rande der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Wandlitz wurde zum Begriff für die Abschottung, in der die greise DDR-Führung bis zum Umbruch lebte – worüber die Gemeinde Wandlitz nie glücklich war.

Nun soll die kleine Parteiwelt entgegen früherer Pläne unter Denkmalschutz gestellt werden. Das bestätigte Brandenburgs Kulturministerium. Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält das für eine gute Idee. „Das ist ein Stück unserer Geschichte, die es zu erhalten gilt“, sagte Woidke am Freitag dem Tagesspiegel. Auch er habe sich in den stürmischen Wendetagen, als das Volk selbst diese Bastion der Herrschenden eroberte, in der Siedlung im Barnim umgesehen, erzählt Woidke. „Was mich damals vor allem überrascht hat, war die dort herrschende kleinbürgerliche Spießigkeit.“

Ein Schwimmbad mit Sauna, ein Kino und ein Restaurant für 20 Familien

Zum ersten Mal zu besichtigen war das Areal Ende November 1989, gut zwei Wochen nach dem Mauerfall. Die plötzlich aufmüpfige DDR-Jugendsendung „Elf 99“ bewegte damals Ostdeutschland mit einer Reportage aus der Siedlung. Dabei wurde dem gemeinen Volk gewahr, dass die Parteiführung sich Westwaren in ihre sozialistische Kaufhalle hatte liefern lassen. Auch ein Schwimmbad mit Sauna, ein Kino und ein Restaurant standen den mehr als 20 Familien der Spitzengenossen zur freien Verfügung; in ihren kleinen Häusern (ausgestattet mit West-Kühlschränken und Luxusfernsehern; aber insgesamt nicht imposant) konnten sie auch auf Angestellte zurückgreifen. Im großen Saal fanden zuweilen Konzerte statt – von Stasi-dominierten Orchestern, die aber auch mal Westernmusik aufführten.

Im Wald von Wandlitz spielten sich aber auch wichtige politische Vorgänge ab. Hier bereitete Erich Honecker Anfang der Siebzigerjahre den Sturz des Staats- und Parteichefs Walter Ulbricht und seine eigene Inthronisierung vor; hier besprach Bildungsministerin Margot Honecker die großen Linien mit ihrem Mann; hier trafen sich später heimlich Egon Krenz und Günter Schabowski im Wendeherbst, um den greisen Erich Honecker abzusetzen – viel zu spät, wie sich schnell herausstellen sollte.

"In Wandlitz das Licht auslöschen"

Die vom Volk erzwungene Öffnung des Geländes überraschte die Partei- und Staatsführung dann wie alles andere auch. „Demonstranten haben gefordert, man solle hier in Wandlitz das Licht auslöschen“, sagte damals der völlig verunsicherte Spitzengenosse Kurt Hager in die Kamera. „Aber hier leben doch Menschen.“ Das gilt heute noch. Auf dem Gelände befindet sich die Brandenburg-Klinik zur Rehabilitation von Kranken. Rehabilitiert ist das Gelände schon lange. Nun soll es langfristig erhalten bleiben – damit die Spuren der DDR nicht nur in den Köpfen bleiben.

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