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Die beiden Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh beim Landesparteitag im Dezember.

© dpa / Foto: dpa/Carsten Koall

Wahlschlappe und Bündnis mit der CDU: Berliner SPD vor einem schwierigen Parteitag

Der knappe Mitgliederentscheid für die neue Koalition hat erneut gezeigt, wie zerrissen die Berliner SPD ist. Auf dem Parteitag soll die Aufarbeitung der Wahlniederlage beginnen.

Knapp eine Woche vor dem Parteitag am kommenden Freitag hat der Co-Landesvorsitzende der SPD, Raed Saleh, angekündigt, das Wahldebakel bei der Wiederholungswahl durch eine Kommission aufarbeiten zu lassen. „Wir müssen die vergangene Wahl schonungslos und kritisch aufarbeiten“, sagte Saleh dem Tagesspiegel. „Dafür haben wir eine Kommission, auch mit externen Expert:innen, eingesetzt.“

Diese solle sich mit der Wahl beschäftigen, die Organisationsstruktur der Partei anschauen sowie Empfehlungen mit Blick auf die Wahl 2026 geben. „Unser Ziel ist es, bei der nächsten Wahl das Rote Rathaus zurückzuerobern“, sagte Saleh.

Damit kommt der Berliner Co-SPD-Chef zumindest teilweise einer Forderung der Basis nach. Die SPD trifft sich am Freitagnachmittag zu einem nur für wenige Stunden angesetzten „kleinen Parteitag“. Die Delegierten dürften heftige Diskussionen über das schlechte Ergebnis für die SPD bei der Wiederholungswahl führen – und über die umstrittene Entscheidung für die schwarz-rote Koalition.

Zwei Anträge sind zum Thema Wahlnachlese eingereicht, beide stammen von der linken Abteilung in Berlin-Mitte. Unter anderem wird die „konsequente Aufarbeitung des Wahlergebnisses“ gefordert. In der Begründung heißt es: „Nach einem solchen Ergebnis darf es ein einfaches ‚Weiter so‘ nicht geben.“ Eine inhaltliche Fehleranalyse dürfe nicht zu Schnellschüssen führen, dass die konservative Politik der CDU schlicht übernommen werden sollte, heißt es weiter.

Stattdessen wünschen sich die Antragsteller eine externe Aufarbeitung des Ergebnisses, wie auf Bundesebene nach der Wahl 2017. Damals hatte ein externes und unabhängiges Gremium die Gründe für das für die Partei enttäuschende Ergebnis umfassend analysiert.

Drei Senatoren im Landesvorstand

Die Debatte am Parteitag dürfte darüber hinaus ein Gradmesser dafür werden, wie unzufrieden die Funktionäre wirklich mit dem Gang in die schwarz-rote Koalition sind – und mit ihrer Führung, die den Weg eingeschlagen hat. Zwar stehen Vorstandswahlen erst 2024 wieder an, allerdings gibt es Kritik daran, dass nun drei Senator:innen dem Gremium angehören.

Ein Antrag zur personellen Neuaufstellung wurde bislang nicht eingereicht – könnte aber per Initiativantrag kurz vor dem Parteitag noch gestellt werden. Co-Landeschef Saleh sagte: „Im kommenden Jahr stehen die Parteiwahlen an. Die Partei wird inhaltlich, strukturell und personell ihre Breite abbilden. Das ist die Stärke der Sozialdemokratie.“

Inhaltlich wird es auch um altbekannte Streitthemen gehen. Die Jusos, die sich gegen eine Koalition mit der CDU ausgesprochen haben, haben einen Antrag zur Unterstützung des Enteignungs-Volksentscheids eingebracht. Darin bezeichnen sie ein von den beiden Regierungsparteien im Koalitionsvertrag geeintes Vergesellschaftungsrahmengesetz als „fragwürdig“. Dieses zweistufige Verfahren scheine die Umsetzung des Volksentscheides in die Länge zu ziehen, heißt es. Die Antragsteller fordern ein eindeutiges „Ja“ zum Anliegen des Volksentscheids.

Anträge zur A100 und Klimaaktivisten

Ebenfalls ein nicht unbekanntes Themenfeld: der Bau der A100. In einem Antrag wird gefordert, die Pläne für den 17. Bauabschnitt zu beenden und dies auch vom Bund zu fordern. Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD dieses Reizthema ausgespart.

Weiteres Thema mit Konfliktpotential: Die Jusos haben einen Antrag mit dem Titel „Gemeinsam kämpfen, statt kriminalisieren – volle Solidarität mit den Klimaaktivist*innen“ eingereicht. Dort wird ein harter Umgang mit Klimaaktivisten durch die SPD kritisiert und ein „radikales Umdenken“ gefordert.

Wenige Tage nur nach der Räumung der besetzten Wuhlheide, die durch die SPD-Innensenatorin befürwortet wurde, sowie der heftigen Kritik an Klimaklebern könnte dieses Thema für Streit sorgen. Denkbar ist allerdings auch, dass versucht wird, das Konfliktthema im Vorfeld auszuräumen und vor Freitag noch ein Kompromiss gefunden wird – mit einer abgeschwächten Formulierung des Antrags.

Der Termin für den Parteitag war erst nach Kritik aus den eigenen Reihen angesetzt worden. Die Parteiführung wollte deutlich später, Ende Juni, wieder zum Landesparteitag rufen, der zudem nur digital stattfinden sollte. Auch am neuen Termin, dem Freitag vor dem Pfingstwochenende, gibt es Kritik.

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