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Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) will mit der HU-Leitung über den womöglich jahrelangen Machtmissbrauch eines Dozenten sprechen. 

© imago/Emmanuele Contini/IMAGO/Emmanuele Contini

Vorwürfe zu Machtmissbrauch an der HU: Berlins Wissenschaftssenatorin fordert jetzt Aufklärung

Die SPD-Politikerin will mit der Universitätsleitung über den womöglich jahrelangen Machtmissbrauch eines Dozenten sprechen. Die Universität zögert mit Konsequenzen.

Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) greift in den Fall eines Dozenten an der Humboldt-Universität ein, der dort seit 20 Jahren immer wieder Frauen sexuell belästigt haben soll. „Zu den aktuellen Vorwürfen bin ich mit der Hochschulleitung der Humboldt-Universität im Gespräch und lade auch die Frauenbeauftragte dazu ein“, sagte Czyborra dem Tagesspiegel am Freitag.

„Universitäten und Hochschulen müssten sichere Orte für Studierende sein!“ Professorinnen, Professoren und Mitarbeitende dürften ihre Position gegenüber Studenten und Studentinnen niemals ausnutzen, erklärte die SPD-Politikerin weiter.

Zuvor hatten Recherchen des Tagesspiegel ergeben, dass es offenbar seit mehr als zwei Jahrzehnten Vorwürfe gegen den Dozenten wegen sexueller Belästigung gibt. Dazu hatte der Tagesspiegel mit mehr als zehn derzeitigen und ehemaligen Studierenden des betreffenden Fachs gesprochen. Inzwischen sollen Studentinnen auf Anweisung der Universitätsleitung Sprechstunden bei ihm nur noch digital und in Begleitung der Frauenbeauftragten besuchen.

Dozent soll auch im anstehenden Wintersemester wieder lehren

Der Dozent gab bis zum Sommersemester 2023 regelmäßig Seminare an der Humboldt-Universität und soll im Herbst auch ein Seminar in einem Pflichtmodul eines Bachelor-Studienganges halten. Wissenschaftssenatorin Czyborra fordert mit Bezug auf den aktuellen Fall: „Machtmissbrauch darf in der Wissenschaft keinen Raum finden. Über sexuelle Übergriffe hinaus müssen wir diskriminierende Strukturen insgesamt in den Blick nehmen.“ Dies fange schon bei der Achtung der Rolle der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an.

Grundsätzlich bestehen die Hochschulen auf ihre Autonomie, was allerdings auch eine große Eigenverantwortung der Fachbereiche in Personalangelegenheiten voraussetzt. Dies dürfe beim „Umgang mit Verfehlungen“ nicht zum Problem werden, sagte Tobias Schulze, der wissenschaftspolitische Sprecher der Berliner Linken, dem Tagesspiegel.

Er forderte, „die Rolle der Fachbereiche bei der Personalführung“ und der dezentralen Frauenbeauftragten zu stärken und selbstentwickelte „Standards beim Umgang mit Fehlverhalten“ zu setzen. „Diese Vorwürfe müssen in ihrer Dimension aufgeklärt werden und dann sind auch die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen“, sagte Schulze weiter.

Der Schutz der Opfer muss Priorität haben und die Täter müssen Konsequenzen erfahren.

Adrian Grasse, wissenschaftspolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion

Auch Adrian Grasse, der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, verurteilte die mutmaßlichen Übergriffe und forderte eine „Kultur des Hinschauens“. „Der Schutz der Opfer muss Priorität haben und die Täter müssen Konsequenzen erfahren.“

Die Universitätsleitung selbst hat offenbar noch keine Entscheidung getroffen, wie mit dem Mann umzugehen ist. Ihr sind erste Vorwürfe seit spätestens 2007 bekannt. Damals wurde der Dozent der Tagesspiegel-Recherche zufolge schon abgemahnt.

Auf die Frage des Tagesspiegels, warum dieser trotz der Vorwürfe für das kommende Semester weiterhin eingeplant sei, antwortete die HU-Pressestelle am vergangenen Mittwoch: „Bezüglich einer Antwort auf Ihre Frage müssen wir noch um Geduld bitten.“

Allerdings versicherte eine Sprecherin, dass die Universitätsleitung den Übergriffen natürlich „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln nachgeht und konsequent gegen diese vorgeht“. Dies tue man insbesondere, um erneute Übergriffe zu verhindern, teilte die Sprecherin mit.

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