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Berlin: Vorläufiges Ende eines langen Albtraums

Todesschütze von Wedding in Haft Er soll sich in leerstehendem Haus versteckt haben

Feride C. kann aufatmen. Der Todesschütze, der ihr die Mutter und Schwester nahm, ist gefasst. Aus Rache für die Scheidung soll ihr Ex-Mann am vergangenen Donnerstag die tödlichen Schüsse abgegeben haben. Die Zielfahnder vom Landeskriminalamt bewiesen am Sonntag ihren Spürsinn. Kurz vor Mitternacht griff ein Spezialeinsatzkommando auf dem Gehweg vor dem U-Bahnhof Grenzallee in Neukölln zu.

Der unbewaffnete Mehmet Y. ließ sich ohne Gegenwehr festnehmen. Zivilpolizisten waren dem Taxi, aus dem der 25-Jährige stieg, unauffällig gefolgt. Die Nächte zuvor soll er in einem leerstehenden Haus übernachtet haben. Wie genau der Mann ausfindig gemacht wurde, bleibt aus „ermittlungstaktischen Gründen“ geheim.

Wie berichtet hatte der Schütze am vergangenen Donnerstag in Gesundbrunnen mehrere Schüsse auf einen blauen Mitsubishi abgegeben. Die Ex-Frau von Y. und ein Begleiter wurden nicht getroffen, wohl aber die 45-jährige Mutter und die 22-jährige Schwester der Frau. Beide starben, ein 27-jähriger Bruder liegt mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus.

Bereits vor seiner Bluttat hatte Y. seine Ex-Frau mehrfach körperlich angegriffen, bedroht und – nachdem diese ihn angezeigt hatte – die angeordnete Kontaktsperre missachtet. Gerichtssprecher Tobias Kaehne bestätigte, dass Y. den Berliner Behörden als Gewalttäter bekannt und bereits 2008 wegen gefährlicher Körperverletzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Das Verfahren gegen ihn wegen der Bedrohung seiner Frau hatte sich laut Kaehne verzögert, weil Y. nur schlecht Deutsch spricht und alle relevanten Dokumente ins Türkische übersetzt werden mussten.

Viele Frauen in Berlin machen ähnlich schlimme Erfahrungen mit ehemaligen Partnern. Sogenannte „Wegweisungen“ sollen von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen schützen. 1027 Verstöße gegen diese Auflagen wurden im vergangenen Jahr aktenkundig, 28 Prozent mehr als 2009. Auch Frauenhäuser bieten Schutz.

„Es gibt aber Männer, denen sind behördliche Anordnungen egal“, sagt Emsal Kilic, Koordinatorin in der telefonischen Beratungsstelle „BIG-Hotline“ gegen häusliche Gewalt „Wenn der Täter sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kann man sein Vorhaben schwer verhindern.“ Selbst wenn Frauen Schutzunterkünfte aufsuchten, würden sie dennoch alltägliche Wege zur Arbeit oder der Schule ihrer Kinder gehen müssen. Genau wie Feride C. Ihr Bruder Ferit, der durch einen Kopfschuss schwer verletzt wurde, konnte sie nicht schützen.

„Damit eine Person Polizeischutz erhält, muss eine konkrete Bedrohung für Leib und Leben vorliegen“, heißt es von der Polizei. Eine verbale Drohung allein reiche im Normalfall nicht aus. Bei jeder Anzeige werde aber von erfahrenen Beamten genau geprüft, wie ernst die Bedrohung genommen werden muss. Wie viel Frauen derzeit in Berlin unter Polizeischutz stehen, konnte die Pressestelle nicht sagen. 16 000 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt gab es im vergangenen Jahr. Der größte Teil der Opfer ist weiblich und zwischen 30 und 40 Jahre alt.„Viele unterschätzen die Gefahr, in der sie sich befinden“, sagt Kilic. Im Extremfall helfe nur noch eine Schutzunterkunft in einer anderen Stadt und unter falschem Namen.

Feride C. muss zumindest keine Angst vor weiteren Gewalttaten von Mehmet Y. mehr haben. Er sitzt in der Justizvollzugsanstalt Moabit in Untersuchungshaft. Noch in der Nacht hatte der 25-Jährige die Beamten zu der Tatwaffe geführt, die er in der Nähe des Tatortes versteckt hatte. Gegenüber der Polizei soll er bereits gestanden haben. Die Staatsanwaltschaft will Y. wegen zweifachen Mordes und dreifachen Mordversuchs anklagen.

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