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Berlin: Vorbild Hamburg

SPD-Fraktionschef Raed Saleh wirbt für einen Staatsvertrag mit der islamischen Gemeinde.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh schlägt vor, mit der islamischen Gemeinde in Berlin einen Staatsvertrag abzuschließen. Auf der Jahresklausur der SPD-Abgeordnetenhausfraktion Ende Januar solle dies „ergebnisoffen“ diskutiert werden. Aus Sicht Salehs wäre ein solcher Vertrag „die richtige Antwort“ auf aktuelle Diskussionen und Probleme. „Wir wollen klar machen, dass der Islam zu Deutschland dazu gehört.“ Er hoffe auf eine entsprechende Entscheidung seiner Fraktion. Saleh erhielt Rückendeckung durch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Man müsse darüber reden, aber „ich kann mir das im Grundsatz gut vorstellen“, sagte er am Dienstag, als er zu Gast beim Tagesspiegel war.

Bisher hat der Berliner Senat dieses Ansinnen abgelehnt und das Landesverwaltungsgericht entschied schon 2006, dass der Abschluss eines Staatsvertrags mit Religionsgemeinschaften „im politischen Ermessen“ des Senats und des Landesparlaments liege – also nicht erzwungen werden kann.

In Hamburg und Bremen gibt es schon seit 2013 Staatsverträge mit den großen islamischen Dachverbänden. In Hamburg ging die Initiative schon 2007 vom damaligen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) aus. Im sozialdemokratisch geführten Niedersachsen sind die Verhandlungen weit gediehen und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht einem „von den Muslimen gewünschten Staatsvertrag grundsätzlich offen entgegen“.

In Berlin zählen die islamischen Gemeinden rund 250 000 Mitglieder, davon fast 100 000 mit deutschem Pass. Zum Vergleich: In der Hauptstadt leben 633 000 Protestanten und 330 000 Katholiken und die Jüdische Gemeinde hat 11 000 Mitglieder. Mit diesen drei Religionsgemeinschaften hat das Land Berlin längst Staatsverträge abgeschlossen, und als Körperschaften des öffentlichen Rechts bekommen sie Geld aus dem Landeshaushalt. Darauf dürfen die islamischen Verbände in Berlin nicht hoffen. Ebenso wenig auf die Befugnis zur Erhebung von Steuern. Es dürfte eher so sein wie in Hamburg und Bremen, wo in den Staatsverträgen geltende Rechte zusammengefasst und ergänzt werden.

Dabei geht es beispielsweise um die Freistellung von muslimischen Arbeitnehmern an islamischen Feiertagen, den Bau von Moscheen, das Bestattungswesen oder die seelsorgerische Arbeit in Krankenhäusern, Heimen und Haftanstalten. Auch die Einhaltung religiöser Speisevorschriften in öffentlichen Einrichtungen könnte Gegenstand des Staatsvertrags sein. Aber auch das Bekenntnis zum religiös neutralen Schulwesen, zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zur Werteordnung des Grundgesetzes.

Die SPD-Fraktion hat auf ihrer Klausur in Leipzig die Integrations- und Flüchtlingspolitik als Thema. Zur Integration gehöre, alle Religionen und Glaubensrichtungen gleichberechtigt zu behandeln, sagte Saleh.

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