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In der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee ruft Susanne D. zum Gebet.

© Mike Wolff

Update

Von IS-Terror bedroht: Liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin kündigt Schließung an

Die liberale Moschee sieht sich mit einer erhöhten Gefahrenlage konfrontiert. Berliner Politiker zeigen Besorgnis und betonen die Bedeutung von Dialog.

| Update:

Die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit soll im kommenden Jahr geschlossen werden. Das teilte die Moschee am Mittwoch in ihrem Newsletter mit. „Die Gefahrenlage hat nun eine neue Dimension erreicht und es ist zunehmend schwierig, unsere Arbeit wie bisher fortzuführen“, heißt es in dem Schreiben. Die Moschee war vor einigen Tagen wegen Anschlagsplänen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zunächst vorübergehend geschlossen worden. Diese hatten sich neben der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee auch gegen jüdische Einrichtungen gerichtet, wie Seyran Ateş, die Gründerin der Moschee, in einem früheren Newsletter berichtet hatte.

In einem Onlinemagazin des IS sei die Moschee demnach als „Ort der Teufelsanbetung“ bezeichnet worden. „An dieser Stelle möchten wir unseren aufrichtigen Dank den deutschen Sicherheitsbehörden aussprechen, die trotz hoher Belastung die Dschihadisten ausfindig machten und verhafteten“, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Newsletter. Um erste Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, hatte die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee nach eigenen Angaben bereits mehrere Angebote auf Online-Veranstaltungen umgestellt und nicht mehr vor Ort angeboten.

Angesichts der aktuellen Gefahrenlage können wir nicht mehr als offene Moschee fortfahren.

Aus dem Newsletter der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee

„Angesichts der aktuellen Gefahrenlage können wir nicht mehr als offene Moschee fortfahren. Daher haben wir beschlossen, die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee im nächsten Jahr zu schließen“, teilte die Moschee nun mit. Die Einrichtung sei bereits jetzt „für den offenen Betrieb vorübergehend geschlossen“ worden. „Wie es weitergehen kann, müssen wir in den nächsten Wochen überlegen.“ Bis Ende kommenden Jahres wolle die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee über neue Konzepte nachdenken, „wie wir zum Beispiel das Freitagsgebet anbieten können und die Beratungsarbeit ohne Gefährdung der Mitarbeiter*innen, der Gemeinde und den Gäst*innen durchführen können“, kündigte sie an.

Besorgte Stimmen aus Berliner Politik

Dass sich eine religiöse Einrichtung in einer Bedrohungslage entscheidet zu schließen, sei ein fatales Signal, sagte die Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch dem Tagesspiegel. „Ich erwarte vom Senat, dass er mit Frau Ateş Kontakt aufnimmt, um die Sicherheit der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee zu gewährleisten.“

Auch Senatorin und SPD-Chefin Franziska Giffey zeigte sich besorgt über Schließung der Moschee, die alle „aufrütteln“ müsse: „In Zeiten wie diesen brauchen wir umso mehr Orte der Vermittlung und des freien Dialogs wie die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, eine moderne Moschee, die Menschen zusammenbringt und mit offenen Armen empfängt.“ Gemeinsam mit allen Berliner Sicherheitskräften müsse dafür gesorgt werden, dass die Arbeit der Moschee auch in Zukunft sicher stattfinden könne. „Das macht auch das freie Berlin aus.“

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Bis zum 31. Dezember 2024 fortführen will die Moschee ihr Projekt „Anlaufstelle Islam & Diversity“. „Wir konnten vielen jungen Menschen, die sich sowohl als muslimisch als auch zur LGBTIAQ+-Community zugehörig fühlen, ein gestärktes Selbstwertgefühl vermitteln, indem wir deutlich machten, dass Gott auch ihre sexuelle und/oder romantische Identität wie beispielsweise ihre Homosexualität akzeptiert“, heißt es in dem Newsletter über das Projekt.

Zudem wolle die Moschee auch ihre Bildungsprojekte weiterführen. „Unter einem anderen Dach entstehen demokratiepädagogische Angebote, um auch weiterhin menschenrechtsfeindlichen Tendenzen in der Gesellschaft entgegenzutreten“, heißt es dazu.

Die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee war im Sommer 2017 von der Rechtsanwältin und Menschenrechtlerin Seyran Ateş gegründet worden. Ziel ist es, „ein fortschrittliches Verständnis des Islams zu leben, das vollständig mit Demokratie und Menschenrechten vereinbar ist“. In der Moschee beten Frauen, Männer und nichtbinäre Personen gemeinsam. Frauen sind beispielsweise als Vorbeterinnen, Predigerin und Muezzinnin tätig.

Seyran Ateş lebt seit vielen Jahren unter Polizeischutz. Die liberale Ausrichtung ihrer Moschee, bei der auch queere Menschen willkommen sind, ist radikalen Islamisten seit Jahren ein Dorn im Auge. 

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