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Usbekistan, Taschkent: Evakuierte Geflüchtete aus Afghanistan sitzen in einem Airbus A400M der Bundeswehr.

© Bundeswehr/dpa

„Völlig falsche Entscheidung“: Berliner CDU-Abgeordneter will gegen Unterkunft für afghanische Ortskräfte klagen

In Marzahn-Hellersdorf sollen Geflüchtete in einer Containerunterkunft wohnen. Christian Gräff will helfen, das zu verhindern.

Von Pauline Faust

Für eine „völlig falsche Entscheidung“ hält der CDU-Abgeordnete Christian Gräff die Unterbringung von afghanischen Ortskräften und ihren Familien an einem Marzahner Standort.

Die Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) kritisierte Gräff dem Tagesspiegel gegenüber: Ihm sei im Kampf um Stimmen jeder menschliche Maßstab abhandengekommen. Der Bezirk hat aufgrund der aktuellen Notlage die ehemalige Unterkunft für Geflüchtete in der Dingolfinger Straße reaktiviert.

Die Bundesregierung hatte das Land Berlin um Amtshilfe gebeten, derzeit wird die Containerunterkunft auf die Ankunft der Evakuierten vorbereitet. Von hier sollen die Menschen, nachdem sie angekommen sind, in längerfristige Wohnorte im gesamten Bundesgebiet verteilt werden. Der Standort bietet Platz für 150 Personen.

Als bekannt wurde, dass an der Dingolfinger Straße wieder Menschen unterkommen sollen, schrieb Christian Gräff den Nachbar:innen der Unterkunft in der Paradiessiedlung einen Brief: Bereits in der Vergangenheit hätten Anwohnende angekündigt gegen eine Weiternutzung klagen zu wollen, Gräff würde sie dabei gern unterstützen.

Ursprünglich war die Unterkunft auf zwei Jahre baurechtlich gesichert, was dann verlängert wurde, zuletzt wurde sie für die Quarantäne von mit Covid-19 angesteckten Geflüchteten genutzt.

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Immer wieder sei ein Ende der Nutzung versprochen worden, erklärt Gräff und sieht nun einen erneuten Wortbruch der Bezirksbürgermeisterin. „Es geht ausschließlich um diesen Standort, ich bin selbstverständlich für eine Aufnahme von Schutzbedürftigen“, erklärte Gräff auf Nachfrage.

In dem Brief steht dazu kein Wort. In der Umgebung gäbe es viele andere Unterkünfte mit Kapazitäten. „Die Entscheidung wurde schlecht kommuniziert: Es ist nicht verständlich, warum es diese Unterkunft sein muss“, sagt Gräff. Wer so vorgehe, treibe die Wähler zu rechtspopulistischen Parteien.

Christian Gräff (CDU ) Bezirksstadtrat von Marzahn-Hellersdorf spricht in der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses.
Christian Gräff (CDU ) Bezirksstadtrat von Marzahn-Hellersdorf spricht in der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses.

© Annette Riedl/dpa

Zunächst hatte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ein Foto von Gräffs Brief auf Twitter gepostet. „Wahlkampf gegen Hilfe für evakuierte Menschen aus Afghanistan zu machen, die ja irgendwo leben müssen, finde ich widerwärtig“, schrieb der Senator dazu. Andere Politker:innen reagierten ähnlich. Pascal Grothe, Sprecher der Grünen Marzahn-Hellersdorf appellierte für Zusammenhalt statt Spaltung.

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Die CDU-Wuhletal, Gräffs Kreisverband, teilte auf Anfrage nicht mit, ob der Brief in Absprache mit ihr geschrieben wurde. Einen Hinweis auf die Partei lässt sich auf dem Schreiben nicht finden. Die Position teile man aber. Ein Sprecher betonte zudem: Die Unterbringung und Absicherung von Flüchtlingen ist selbstverständlich und wird von uns nicht in Frage gestellt.

CDU-Mann Gräff muss um sein Mandat im Abgeordnetenhaus nicht fürchten: Er ist Spitzenkandidat für die Berlinwahl im Bezirk Marzahn-Hellersdorf und tritt als Direktkandidat im Wahlkreis 4 an. Bei der letzten Wahl entschied er diesen mit 26 Prozent der Stimmen knapp für sich. Er bekam nur 0,1 Prozent mehr Stimmen als die Linken-Kandidatin Regina Kittler. AfD-Mann Jens Pochandke war Drittstärkster mit 19, 8 Prozent.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Textes stand, Gräff habe keine Aussicht auf ein neues Mandat im Abgeordnetenhaus. Das ist nicht korrekt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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