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Justitia mit Waage und Schwert im Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Römerberg in Frankfurt am Main.

© IMAGO/Jan Huebner

Vietnamesischer Geschäftsmann gekidnappt: Berliner Gericht verurteilt Entführungshelfer zu fünf Jahren Haft

Der 32-jährige Angeklagte habe sich laut Gericht bewusst an der Verschleppung beteiligt. Er sei vor allem als Fahrer eingesetzt worden.

Im Fall des Geschäftsmannes Trinh Xuan Thanh ist ein weiterer Helfer verurteilt worden. Der Angeklagte habe sich bewusst an einer Aktion des vietnamesischen Geheimdienstes beteiligt.

Der Ex-Manager Trinh Xuan Thanh floh um die halbe Welt und glaubte sich dann in Berlin sicher. Doch in einer spektakulären Operation des vietnamesischen Geheimdienstes sei er ergriffen und nach Hanoi verschleppt worden, urteilte das Berliner Kammergericht am Montag nach dreimonatigem Prozess. Der 32-jährige Angeklagte habe sich bewusst an der Aktion beteiligt. Gegen Anh Tu L. ergingen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung fünf Jahre Haft.

Nachdem es vietnamesischen Behörden nicht gelungen sei, offiziell die Auslieferung von Trinh Xuan Thanh zu erreichen, sei seine Entführung beschlossen worden. „Zur Durchführung der nachrichtendienstlichen Aktion wurde eine Tätergruppe zusammengestellt“, hieß es im Urteil. Diese habe aus Mitarbeitern des vietnamesischen Geheimdienstes, Angehörigen der Botschaft des südostasiatischen Landes sowie in Prag lebenden Vietnamesen bestanden. Einer der „Externen“ sei Anh Tu L. gewesen, der vor allem als Fahrer eingesetzt worden sei.

Die Entführung gleicht einer regelrechten Kommandoaktion

Was am 23. Juli 2017 gegen elf Uhr am Tiergarten geschah, war eine regelrechte Kommandoaktion. Trinh Xuan Thanh, genannt TXT, und seine wenige Tage zuvor aus Paris angereiste Geliebte befanden sich gerade auf einem Spaziergang, als an der Hofjägerallee ein Auto mit tschechischem Kennzeichen neben ihnen hielt. Mehrere Männer sprangen aus dem Wagen. Das Paar wurde in einen Multivan gezogen. Die Fahrt ging laut Ermittlungen in die vietnamesische Botschaft, dann über Bratislava und Moskau nach Hanoi.

Trinh Xuan Thanh, einst Vorstandschef eines staatlichen Baukonzerns und geachteter Parteifunktionär, war im August 2016 aus seiner Heimat nach Deutschland geflohen. Wegen Machtkämpfen innerhalb der kommunistischen Staatsführung sah sich der westlich orientierte TXT in Gefahr.

Entführungsopfer in Vietnam zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt

Nach seiner Verschleppung wurde er in Vietnam wegen angeblicher Korruption und Misswirtschaft in zwei Verfahren zu jeweils lebenslanger Haft verurteilt. „Das Martyrium des Tatopfers dauert an“, so der Vorsitzende Richter Ralf Fischer. Die Beziehungen Deutschlands zu Vietnam seien durch die Tat bis heute nachhaltig erschüttert.

Das Martyrium des Tatopfers dauert an.

Ralf Fischer, Vorsitzender Richter

Zeugen der Entführung hatten sich geistesgegenwärtig das Autokennzeichen notiert. Die Spur führte unter anderem zu einem Mann in Prag. Gegen ihn verhandelte das Kammergericht bereits 2018. Der Vietnamese wurde wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung und geheimdienstliche Agententätigkeit zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

Auch Anh Tu L. lebte damals in Prag, soll nach der Tat allerdings nach Vietnam geflohen sein. Als er im April letzten Jahres nach Tschechien zurückkehrte, wurde er bei der Einreise festgenommen und nach Deutschland überführt. Der Angeklagte habe unter anderem ein für die Observierung der späteren Entführungsopfer genutztes Fahrzeug von Prag nach Berlin gebracht, so das Gericht.

Mit der Strafe folgten die Richter dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Die Verteidiger von Anh Tu L., der geschwiegen hatte, hatten auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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