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Immer wieder gibt es in Berlin tödliche Abbiegeunfälle.

© picture alliance / dpa

Update

Getötete Radfahrerin in Mitte: Verkehrssenatorin Günther: "Wir werden prüfen, was getan werden kann"

Regine Günther besuchte die Unfallstelle, an der eine Radfahrerin getötet wurde. Dort soll ab 2020 "eine Modellkreuzung" entstehen.

Es musste erstmal wieder ein tragischer Unfall passieren, um die Behörden endgültig aufzurütteln. Die gefährliche Kreuzung Otto-Braun-Straße/Karl-Marx-Allee in Mitte, auf der eine Radlerin am vergangenen Mittwoch von einem rechtsabbiegenden Laster tödlich erfasst wurde, soll nun so rasch wie möglich sicherer gestaltet werden.

"Wir werden prüfen, was getan werden kann", sagte Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) am Freitag bei einem Termin am Unfallort. Zugleich kündigte sie an, Berlin werde den angestrebten verpflichtenden Einbau von Abbiegeassistenten in Lkw's noch mehr als bisher forcieren.

Bisher haben Rechtsabbieger und geradeausfahrende Radler an der Unglückskreuzung in Mitte gleichzeitig Grün. Es gibt keine Signalisierung nur für Radfahrer, die ihnen einen zeitlichen Vorsprung vor dem abbiegenden Verkehr sichert. Allerdings wird die stark frequentierte Kreuzung am Alexanderplatz seit längerem mit großen Ambitionen ausgebaut: Sie soll ab 2020 "Radlern als Modellkreuzung vorbildlich Sicherheit bieten", so Günther. Das war bisher der Zeithorizont. Nun soll aber sofort etwas passieren, zumindest provisorisch bis die neue Kreuzung fertig ist.

Doch auch bei dieser will die Senatorin "nachjustieren". Die gesamte Planung komme nochmal auf den Prüfstand, kündigte sie an. "Wir wollen schauen", so Günther, "erfüllt die künftige Kreuzung wirklich alle Sicherheitskriterien nach dem neuesten Erkenntnisstand."

Verwaltung hörte nicht auf Radler-Beschwerden

Wie berichtet, hatten Radler schon seit August 2016 immer wieder auf die haarsträubende Gefährdung durch die gemeinsame Grünphase hingewiesen und Abhilfe gefordert. Doch Behörden und Polizei verschanzten sich hinter dem Argument, die Verkehrsregelung sei dort hochkomplex, das lasse sich nicht so rasch ändern. Darauf beharrten Experten der Verkehrsverwaltung auch beim Ortstermin am Mittwoch.

Allerdings habe sich die Unfallkommission bereits mit den Klagen befasst, hieß es. Vermutlich ging nichts voran, weil sich die Verantwortlichen bei Polizei und Verwaltung auf die absehbare Fertigstellung der neuen Modellkreuzung verließen und deshalb keinen dringenden Handlungsbedarf sahen. Umso bitterer ist der jetzige tödliche Unfall. Das sieht auch die Senatorin so, dennoch lenkte sie am Freitag den Blick nach vorne: Es geschehe ja nun „eine ganze Menge“. Möglicherweise gehört dazu, dass Radler bis zur Fertigstellung der Kreuzung eigene Ampelsignale erhalten.

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Und wie soll die Kreuzung künftig mehr Sicherheit garantieren? Als wichtigste Verbesserung erhalten geradeaus in Richtung Prenzlauer Berg fahrende Radler nahezu in der Mitte der Otto-Braun-Straße nach dem Vorbild der sogenannten "Fahrradweiche" eine eigene, auffallend gekennzeichnete Spur, auf der sie nicht mehr in Konflikt mit Rechtsabbiegern geraten. Diese verbleiben am rechten Straßenrand. Auch für die rechtsabbiegenden Radler ändert sich nichts: Sie folgen weiter dem am Bürgersteig entlang führenden bisherigen Radweg.

Die neue Geradeausspur für Radfahrer befindet sich hingegen auf der bisherigen dritten Linksabbiegespur für den motorisierten Verkehr. Dieser muss dann mit zwei Linksabbiegespuren auskommen.

Modell der "Fahrradweiche" ist umstritten

Das Modell der "Fahrradweiche" ist allerdings umstritten. Es wurde bereits an der Holzmarktstraße/Nähe Jannowitzbrücke erstmals realisiert und brachte den Planern wie berichtet Kritik ein. Der Grund: Um auf die neue, geradeausführende Radspur zu kommen, müssen Radfahrer zuvor die Spur des rechtsabbiegenden Kfz-Verkehrs kreuzen. Dabei fühlen sich etliche gefährdet. Auch auf diesem Hintergrund will Regine Günther die Planung zum Bau der zweiten Berliner Fahrradweiche an der Kreuzung Otto-Braun-Straße/Karl-Marx-Allee nochmal überprüfen lassen.

Der Unfallort nahe dem Alexanderplatz.
Der Unfallort nahe dem Alexanderplatz.

© Tsp/Pieper-Meyer

Ab 2020 die "breitesten und sichersten Radwege" entlang der Karl-Marx-Allee

Nach der Fertigstellung der Kreuzung gibt es ab 2020 in diesem Bereich aber noch eine zweite maßgebliche Verbesserung. Bis dahin sollen entlang der Karl-Marx-Allee beidseitig "die breitesten und sichersten Radwege Berlins" fertig sein, sagt die Senatorin. Diese Wege werden derzeit parallel zur Kreuzung gebaut.

Sichtlich aufgebracht wechselt Günther dann die Blickrichtung und kommt auf die Abbiegeassistenten zu sprechen. "Diese schrecklichen Unfälle sind ja schon standardisiert", sagt sie. "Wenn man von einem tödlichen Radunfall hört, denkt man automatisch: Es war ein rechtsabbiegender Lkw." Sie werde nun "alles dransetzen", um die verpflichtende Einführung der Assistenten zu beschleunigen. Angesichts der vielen tödlichen Unfälle könne man nicht mehr bis 2022 oder gar 2024 warten. Auch bei der Sitzung des Senats am kommenden Dienstag in Brüssel will Günther dies thematisieren und im Gespräch mit EU-Vertretern betonen. Bereits Mitte 2018 hatte der Bundesrat eine Initiative des Berliner Senats übernommen zur europaweiten verpflichtenden Einführen von Abbiegeassistenten. Mit deren Hilfe haben Lkw-Fahrer die Gefahr im Blick. Ein Dreieck an der Türsäule leuchtet, wenn das Radar beim Abbiegen einen Radler registriert. Dies lässt sich sogar mit einer automatischen Notbremsung kombinieren.

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