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Lukrativ: Die Münchener Firma 21DX bekam den Auftrag für die landeseigenen Testzentren in Berlin.

© picture alliance/dpa

Update

Nach Beschwerden von Konkurrenten: Vergabekammer erklärt Auftrag für Berliner Testzentren an 21Dx für unwirksam

Die Omikron-Welle hat Berlin voll erfasst, die Nachfrage nach PCR-Tests ist groß. Und nun gibt es juristischen Ärger wegen der landeseigenen Testzentren.

Im Streit um die zwölf landeseigenen Testzentren in Berlin hat die Vergabekammer den Auftrag an das Münchener Unternehmen 21Dx für unwirksam erklärt. Die Senatsgesundheitsverwaltung bestätigte am Donnerstag die Entscheidung der Vergabekammer. Zuerst hatte der RBB darüber berichtet.

Demnach wurde die Fortführung des Auftrags bereits ab dem 1. Januar 2022 untersagt. Allerdings betreibe 21Dx die Testzentren weiter, weil die juristische Auseinandersetzung noch nicht abgeschlossen sei, hieß es.

"Die Vergabe für den Betrieb der durch den vorherigen Senat beauftragten Corona-Testzentren wird derzeit in der Gesundheitsverwaltung geprüft. Transparenz ist uns wichtig", teilte eine Sprecherin dem Tagesspiegel mit.

Unabhängig davon müsse wegen der Omikron-Welle das Testen bis auf weiteres gewährleistet werden. "Deshalb haben wir gegen die Entscheidung der Vergabekammer Rechtsmittel eingelegt. Wir warten die Entscheidung des Gerichts ab", erklärte sie.

Nach Tagesspiegel-Informationen geht es bei der Entscheidung des Gerichts um eine Vergabe aus dem November. Damals hatte der Senat nach einer Ausschreibung erneut 21Dx den Auftrag zum Betrieb der landeseigenen Testzentren erteilt. Die Vergabekammer habe daraufhin die Auftragserteilung für unwirksam erklärt.

[Lesen Sie hier eine Stellungnahme der Mitgründerin und Geschäftsführerin des Unternehmens 21DX zu den Vorwürfen]

Die Entscheidung der Kammer geht zurück auf Beschwerden unterlegener Konkurrenten, die die Vergabe des millionenschweren Auftrags beanstandet hatten. Im Mittelpunkt des Streits steht der Vorwurf, dass 21Dx an der Erstellung der Auftragsunterlagen beteiligt gewesen und somit im Bieterverfahren einen Wettbewerbsvorteil besessen haben soll.

21Dx wurde erst im Jahr 2020 gegründet

Die Einwände sind nicht neu. Der Senat vergab den Betrieb der Testzentren einst ohne Ausschreibung an 21Dx. Nicht lange nach ihrer Gründung im Jahr 2020 bekam die Firma damit bereits einen zweistelligen Millionenauftrag des Landes erteilt.

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Nach Checkpoint-Recherchen pflegte die Gesundheitsverwaltung enge Kontakte zu dem Münchener Unternehmen. Am Montag hatte der Tagesspiegel-Newsletter aus internen Unterlagen berichtet, die einen vertrauten Umgangston der Beteiligten miteinander offenbarten. Zugleich drängte 21Dx bereits im November 2020 auf einen schnellen Abschluss, da es auch eine steigende Nachfrage aus dem privaten Sektor gebe.

Testbetrieb durch wiederholte Interimsverträge sichergestellt

Später gab es zwar ein Vergabeverfahren zugunsten der Firma, das wurde jedoch im Mai 2021 von der Vergabekammer gestoppt. Danach schloss die Gesundheitsverwaltung noch unter der alten Senatorin Dilek Kalayci (SPD) wiederholt Interimsverträge mit 21Dx ab, um den Betrieb der Testzentren sicherzustellen.

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Auch nach der negativen Entscheidung der Vergabekammer im November wurde der Weiterbetrieb der Testzentren durch eine Interimsvergabe an 21Dx aufrechterhalten. Doch auch diese sei wegen Verfahrensfehlern von der Vergabekammer für unwirksam erklärt worden, heißt es von mit der Vergabe Beteiligten.

Kurz vor dem Jahreswechsel sei die gerade erst ins Amt gekommene Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) gefordert gewesen, erneut eine Interimsvergabe vorzunehmen – wieder zugunsten von 21Dx. Sie sei am 30. Dezember erfolgt und laufe bis Ende Januar.

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Fliegender Wechsel: Ulrike Gote (Grüne) übernahm das Gesundheitsressort in Berlin mitten in der Krise.
Fliegender Wechsel: Ulrike Gote (Grüne) übernahm das Gesundheitsressort in Berlin mitten in der Krise.

© Annette Riedl/dpa

Zum 2021 eingeleiteten Vergabeverfahren seien „vier Nachprüfungsverfahren anhängig“, teilte ein Sprecher der für die Vergabekammer zuständigen Senatswirtschaftsverwaltung mit. Auch zu einer Interimsvergabe in der gleichen Sache gebe es ein Nachprüfungsverfahren. Weitere Angaben seien wegen der laufenden Verfahren nicht möglich.

Etwas mehr Klarheit könnte in der Sache am kommenden Montag herrschen. Dann gibt es eine Anhörung vor der Vergabekammer zu der für unwirksam erklärten Vergabe vom November.

Misslich: Bedarf an PCR-Tests wegen Omikron besonders hoch

Für Gote kommt die Entscheidung der Vergabekammer ungünstig: Wegen der Omikron-Welle sind die Infektionszahlen in Berlin so hoch wie nie.

Entsprechend groß ist die Nachfrage nach PCR-Tests infolge positiver Schnelltestergebnisse oder roter Warnungen in der Corona-App - die aber nur in den landeseigenen Testzentren kostenlos sind. Daher kommt es derzeit zu langen Warteschlangen. Gote will die Möglichkeiten auch auf private Anbieter ausweiten, doch das wurde bisher nicht umgesetzt.

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