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Berlin: Vatikankrimi

Als man die Leiche seines Sohnes aus dem Tiber zog, soll der Papst „wie ein verwundetes Tier“ gewimmert und getobt haben. Die Kehle von Giovanni Borgia, Herzog von Gandía, war durchschnitten, sein Körper von acht Dolchstößen durchbohrt.

Als man die Leiche seines Sohnes aus dem Tiber zog, soll der Papst „wie ein verwundetes Tier“ gewimmert und getobt haben. Die Kehle von Giovanni Borgia, Herzog von Gandía, war durchschnitten, sein Körper von acht Dolchstößen durchbohrt. Das prunkvolle Gewand und die dreißig Dukaten, die er bei sich trug, hatte man dem Toten gelassen. Wer den Edelmann ermordet hat, ist bis heute ungeklärt. Die Familie hatte viele Feinde, und ihre Freunde waren meist die Feinde von gestern. Die Zeitgenossen unterstellten eine Kain-&-Abel- Affäre und hielten Cesare Borgia, Giovannis wüsten Bruder, für den Täter. Allerdings pflegte Cesare seine Gegner erdrosseln zu lassen.

Zum Thema Online Spezial: Die große Sonderseite zur Buchmesse Service buecher.de: Dieses Buch online bestellen Schon immer hat die Geschichte der Borgia die Fantasie befeuert. Der Dichter Klabund machte aus dem Stoff einen spätexpressionistischen FamilienSchauerroman. Orson Welles porträtierte Cesare in dem Hollywood-Melodram „Prince of Foxes“ als machtgeilen Triebtäter. Volker Reinhardt erzählt in seiner Biografie des „unheimlichen Papstes“ Alexander VI. (1431– 1503) noch einmal die Sex-and- Crime-Geschichten, aber er tut es mit der kühlen Distanz eines habilitierten Historikers. Alexander VI. Borgia, als Rodrigo de Borja in Spanien geboren, ist für ihn ein Aufsteiger, dessen Despotismus und Nepotismus die Gepflogenheiten seiner Zeit auf die Spitze trieb. Ziel seines Ehrgeizes: Er wollte seiner Sippe einen Staat verschaffen – notfalls per Krieg. Weltlichen Genüssen war dieser Papst durchaus zugetan, er ließ schon mal den Karneval vorverlegen, um angemessen feiern zu können. Orgien im Vatikan fanden aber – entgegen aller üblen Nachrede – nicht statt. Und dass Alexander mit seiner Tochter Lucrezia Inzest begangen haben soll? Bloß eine Opernerfindung. Christian Schröder

Volker Reinhardt: Der unheimliche Papst. Alexander VI. Borgia, 1431–1503. C. H. Beck, München. 277 Seiten, 22,90 €.

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