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Syrische Flüchtlinge trauern am Sonntag vor der Französischen Botschaft in Berlin.

© AFP

Der Terror und die Flüchtlinge: Union Berlin stellt Gebäude für Flüchtlinge bereit

Auch in Berliner Flüchtlingsheimen wird der Opfer von Paris gedacht, und in Köpenick hilft ein Fußballverein den Menschen beim Überwintern.

Von Sandra Dassler

„Wir trauern mit den Menschen in Frankreich, aber auch hier in Deutschland und in ganz Europa um die Opfer der Anschläge“, sagt Husam M. Vor knapp einem Jahr ist der Lehrer aus seiner Heimat Syrien nach Berlin geflohen: „Ich wollte genau jenen barbarischen Terroristen entgehen, die jetzt Unschuldige in Paris getötet haben“, sagt er: „Die sind voller Hass und deshalb muss die gesamte menschliche Zivilisation ihnen entgegen treten.“

Eigentlich sollte es ein Gebäude für die Fans werden

Wie Husam M. haben am Sonntag noch weitere Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern Blumen vor der französischen Botschaft abgelegt. Auch an der Schweigeminute für die Opfer von Paris am heutigen Montag werden sich viele Bewohner der Berliner Flüchtlingsunterkünfte beteiligen – möglicherweise auch in der Köpenicker Lindenstraße..

Hier sollen nämlich im Laufe des Tages 120 Flüchtlinge in ein ehemaliges Supermarkt-Gebäude einziehen. Eigentlich war das für die Fans des Fußball-Zweitligisten 1.FC Union gedacht. „Der Markt hatte schon länger geschlossen, und weil er in der Nähe unseres Stadions an der Alten Försterei liegt, hatten wir ihn gekauft“, sagt Union-Sprecher Christian Arbeit: „ Es sollte ein Fanhaus mit Büros und Gaststätte werden – damit wollten wir uns selbst ein Geschenk zum 50. Jubiläum des Vereins im Jahr 2016 machen.“

Die Arbeiten in dem 1200 Quadratmeter großen Gebäude hatten bereits begonnen, als immer deutlicher wurde, dass Berlin dringend mehr Unterkünfte für Flüchtlinge brauchen würde. „Im September haben wir uns entschlossen, unsere Pläne erst einmal zurück und das Gebäude zumindest für die Wintermonate als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen“, sagt Arbeit: „Erstens kann dadurch vielleicht eine Turnhalle mehr für den Freizeitsport geöffnet bleiben und zweitens engagieren wir uns schon länger für Flüchtlinge, besonders für jene im Allende-Viertel in unserer Nachbarschaft.“

Gute Erfahrungen im Köpenicker Container-Dorf

Die allermeisten Union-Fans würden das gut finden, sagt der Sprecher. Es sei auch schon reichlich gespendet worden – unter anderem Kleidung, Spielzeug für die Kinder und natürlich jede Menge Stofffußbälle in den Farben von Union: Rot und Weiß. Außerdem haben sich zahlreiche Fans als Helfer bei der Betreuung der Flüchtlinge gemeldet – ein Angebot, dass Peter Hermanns vom Internationalen Bund (IB) gern annimmt.

Eigentlich sollte der einstige Supermarkt in der Nähe der Alten Försterei für die Fans des 1.FC Union sein. Jetzt ziehen erstmal Flüchtlinge ein.

© dpa

Die Notunterkunft ist nicht weit entfernt vom Stadion An der alten Försterei.

© picture alliance / dpa

Der IB wird das von Union an das Land Berlin vermietete Gebäude als Notunterkunft betreiben, sagt Hermanns. Man habe das gern übernommen, weil es bereits eine gute Zusammenarbeit mit dem Fußballverein bei der Unterstützung von Flüchtlingen gebe. Die habe begonnen, als vor etwa einem Jahr das erste Containerdorf für Flüchtlinge in Berlin im Köpenicker Allende-Viertel 2 eingerichtet werden sollte.

Damals gab es viele Demonstrationen von Rechten gegen die Flüchtlinge und von Linken gegen die Rechten, was zu einer starken Polarisierung der Bevölkerung geführt hatte. Eine Einwohnerinitiative hatte sich gegründet, heute herrsche im Kiez wieder Ruhe, sagt Peter Hermanns. „Wir haben vor allem Begegnungen zwischen den Anwohnern und den knapp 400 Bewohnern des Containerdorfs organisiert, das hat sich bewährt.“

Auch zwei ehemalige Flüchtlinge sind Betreuer

Allerdings lege der Internationale Bund auch Wert auf gewisse Mindeststandards bei der Ausstattung der Heime. So habe man den ehemaligen Supermarkt in kleine Areale mit je acht Betten aufgeteilt. „Die Menschen, die auf so engem Raum miteinander leben müssen, brauchen viel Toleranz“, sagt Hermanns. Deshalb sei er froh, dass zu den Betreuern in der Notunterkunft auch zwei syrische Flüchtlinge gehören, die eine Arbeitserlaubnis beziehungsweise Zustimmung haben: „Sie werden vor allem als Dolmetscher für die Verständigung sorgen.“

Keine Hinweise auf Übergriffe

Angst vor Übergriffen auf Flüchtlingsheime von außen hat Hermanns nicht. Das Klima im Kiez sei friedlich, und der Sicherheitsdienst achte darauf, dass keine Fremden in die Gebäude kämen, sagt er. Außerdem arbeite man sehr gut mit der zuständigen Polizeiwache zusammen, die regelmäßig Streifen fahre und im Bedarfsfall schnell eingreifen könne.

Bei der Berliner Polizei gibt es derzeit keinerlei Hinweise auf Aktionen gegen Flüchtlingsheime in der Stadt, sagt ein Sprecher. Man habe aber ein Auge auf die Gesamtsituation und sei bereit, falls zusätzlicher Schutz notwendig sei.

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