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Der zerstörte Fluchtwagen in Berlin-Charlottenburg

© dpa/Paul Zinken

Update

Berlin-Charlottenburg: Unfall auf Kantstraße: Die Todesfahrt der Raser

Nach einem Einbruch verunglückten sie auf der Flucht vor der Polizei, zwei Menschen starben. Nun stellt sich die Frage nach den Folgen der Tat.

Das Trio war beim Diebstahl erwischt worden und auf der Flucht vor der Polizei. Die drei Serben rasten durch die City-West; auf der Kantstraße verursachte der 27 Jahre alte Fahrer bei der Verfolgungsjagd einen tödlichen Unfall. Er rammte eine 22-Jährige, die ihr Fahrrad auf dem Gehweg schob. Die junge Frau starb.

Am Freitag ist nun auch der 18-jährige Beifahrer des 27-Jährigen aus dem Fluchtwagen gestorben. Er erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Dem Fahrer selbst wurde im Krankenhaus der Haftbefehl verkündet. Sobald die Ärzte ihn entlassen, kommt er in Untersuchungshaft.

Auch der 14-Jährige, der auf der Rückbank saß, liegt verletzt im Krankenhaus; er ist der kleine Bruder des nun verstorbenen 18-Jährigen. Bei allen drei Personen handelt es sich um serbische Staatsbürger. Zivilfahnder der Polizei hatten sie beim Diebstahl beobachtet und verfolgt.

Für ein "Autorennen" braucht man keinen Gegner

Jetzt stellt sich die Frage nach den Folgen der Tat, besonders für den 27-jährigen Fahrer des Wagens. Seit vergangenem Herbst sind Autorennen nämlich nach einem eigenen Paragraphen strafbar: Paragraph 315d Strafgesetzbuch verbietet Kraftfahrzeugrennen und stellt im ersten Absatz unter Ziffer drei klar, dass es ausreicht, wenn der Raser allein viel zu schnell unterwegs ist.

Für ein „Autorennen“ braucht man also keinen Gegner. Stirbt durch die Tat ein Mensch, so verwandelt sich die Tat vom Vergehen zum Verbrechen, denn die Mindeststrafe beträgt dann ein Jahr. Genau hiervon geht auch der Haftbefehl aus, der dem 27-Jährigen verkündet wurde, dazu nennt er noch gefährliche Körperverletzung, tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und fahrlässige Tötung als Vorwürfe.

Da die Regelung des 315d im Strafrecht noch ziemlich neu ist und es dazu keine Rechtsprechung gibt, kann man hier durchaus von Neuland sprechen. Vom Ablauf der Tat her erschiene sogar Mord als denkbar, schließlich diente die Raserfahrt der Flucht und könnte damit das Mordmerkmal des Verdeckens einer Straftat erfüllen.

Als Schwellentäter eingestuft

Ginge die Staatsanwaltschaft aber auf Mord, so würde sich die Vorsatzfrage stellen. An dieser ist das Berliner Landgericht erst kürzlich gescheitert. Es hatte nämlich zwei junge Männer, die auf dem Kurfürstendamm bei einem Autorennen einen Rentner totfuhren, wegen Mordes verurteilt, doch der Bundesgerichtshof hatte das Urteil im März aufgehoben. Begründet wurde die Aufhebung mit argumentativen und denklogischen Fehlern des Landgerichts und Unsauberkeiten in der Urteilsbegründung, insbesondere bei den Ausführungen zum Vorsatz.

Eine andere Kammer muss den Fall nun neu entscheiden. Dem Vernehmen nach soll die Verhandlung bald beginnen. Grundsätzlich bleibt es denkbar, bei einem Raser einen Tötungsvorsatz zu erkennen. Über den neuen Paragraphen ist eine Verurteilung aber leichter, denn hier wird kein Tötungsvorsatz verlangt.

Noch liegt der 27-jährige Fahrer verletzt im Krankenhaus, danach kommt er in Untersuchungshaft. Er soll der Polizei bislang noch nicht aufgefallen sein, hieß es. Offiziell lebte er nicht in Berlin, über ein verwandtschaftliches Verhältnis zu den beiden Brüdern ist nichts bekannt. Die wiederum sind in Berlin mit Wohnanschrift gemeldet und waren bereits mehrfach der Polizei aufgefallen, weil sie Gegenstände aus Autos gestohlen haben.

Als Intensivstraftäter waren sie jedoch nicht eingestuft, weil sie dieselben Straftaten noch nicht ausreichend oft begangen haben. Sie galten allenfalls als sogenannte Schwellentäter. Intensivtäter sind meist nicht nur Diebe, sondern fallen auch durch Gewalt- und Raubstraftaten auf.

Spuren nach der schlimmen Nacht.

© dpa

Der Autofahrer soll alkoholisiert gewesen sein.

© dpa

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