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Berlin: Und jetzt ist Ruhestand

Wegen vieler Frühpensionierungen zahlt das Land bald zwei Milliarden Euro pro Jahr für Beamte.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Pensionen für Beamte belasten den Berliner Haushalt erheblich. Im laufenden Jahr muss der Senat fast 1,4 Milliarden Euro für Versorgungsbezüge ausgeben. In 15 Jahren werden es mindestens 1,9 Milliarden Euro sein. Bei einer jährlichen Erhöhung der Pensionen um zwei Prozent sogar 2,4 Milliarden Euro. Der einfache Grund für diese Kostenexplosion: Immer mehr Beamte und Richter gehen in den Ruhestand.

Nach einem Bericht der Senatsinnenverwaltung „zur Entwicklung der Versorgungsausgaben“, der dem Tagesspiegel vorliegt, gibt es in diesem Jahr 54 560 Pensionäre, die früher im Landesdienst Berlins tätig waren. Bis 2031 wird die Zahl der Ruheständler auf 71 860 steigen. Erst danach wird die Zahl der Pensionäre voraussichtlich wieder sinken – auf 50 180 im Jahr 2050. Auch dafür gibt es plausible Gründe: Erstens verzichtet Berlin dauerhaft auf die Verbeamtung von Lehrern und zweitens schrumpft der Personalbestand im öffentlichen Dienst bis Ende 2016 auf 100 000 Vollzeitstellen. Auch die Zahl der Beamten und Richter geht seit 2003 deutlich zurück.

Vorerst gibt es aber keine Entlastung, im Gegenteil. Die Pensionskosten steigen in den nächsten Jahren um viele hundert Millionen Euro. Das größte Problem ist immer noch, dass ein Drittel der Pensionäre wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand gehen. Weit vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Dazu gehören jedes Jahr auch einige Bedienstete, die jünger als 35 Jahre sind. Zwischen den Berufsgruppen im Berliner Landesdienst gibt es dabei große Unterschiede. So werden Lehrer mehr als fünfmal so häufig wegen Dienstunfähigkeit pensioniert wie Richter. Auch im Vollzugsdienst von Polizei und Justiz sowie bei der Feuerwehr ist der Anteil derer, die weit vor der Altersgrenze dienstunfähig werden, überdurchschnittlich hoch.

Die Innenverwaltung des Senats räumt in ihrem Bericht ein, dass diese Quoten „weit über denen des Bundes“ liegen. Obwohl die Bundesregierung im April 2009 die „begrenzte Dienstfähigkeit“ wieder eingeführt hatte. Demnach soll in Bund und Ländern darauf verzichtet werden, einen Beamten wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er „unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann“.

Diese Regelung blieb in Berlin fast ohne Wirkung. Sie habe „nicht zu einer Verminderung der Frühpensionierungen geführt“, gibt die Innenverwaltung zu. Nur 34 Dienstkräfte wurden 2012 im Berliner Landesdienst im Rahmen der „begrenzten Dienstfähigkeit“ beschäftigt. Etwa die Hälfte davon im Schuldienst, aber niemand bei Polizei und Feuerwehr.

Das Durchschnittsalter der Ruheständler lag 2011 bei 61 Jahren. Im Schuldienst waren es 63 Jahre, bei den Richtern sogar 64 Jahre. Dagegen sind es im Vollzugsdienst und bei der Feuerwehr nur 57 Jahre. Meistens gehen die Frauen früher in den Ruhestand als ihre männlichen Kollegen. Die Gründe werden im Bericht der Innenverwaltung ans Landesparlament nicht näher erläutert. Offenbar spiegeln sich in den Zahlen die unterschiedlichen Arbeitsbelastungen und Mentalitäten der Berufsgruppen wider.

Es war auch schon viel schlimmer. So schieden im Jahr 1999 mehr als 70 Prozent der Berliner Beamten vorzeitig aus dem Dienst aus. Damals erreichten nur fünf Prozent der Staatsdiener die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren. Alle übrigen Pensionäre nutzten berufsspezifische Altersgrenzen (Vollzugsdienst und Feuerwehr: 60 Jahre) oder Sonderregelungen für Schwerbehinderte. So gesehen hat sich im letzten Jahrzehnt doch ein gewisser Mentalitätswechsel vollzogen. Die Beamten arbeiten im Durchschnitt etwas länger, das gilt vor allem für Frauen. Ulrich Zawatka-Gerlach

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