zum Hauptinhalt
Vergeht nicht. Das Kunstwerk vor dem Reichstag ist stabil.

© imago images/A. Friedrichs

Umstrittene Aktion vom Zentrum für Politische Schönheit: So reagiert das Künstlerkollektiv auf den versuchten Abbau des Mahnmals

Man habe auf die Vorwürfe reagiert, sagt der Leiter des Zentrums für Politische Schönheit. Der Bezirk will die Stele „zeitnah“ beseitigen.

Die Säule steht noch, sie ist wieder umzäunt. Außerdem hat der deutsch-israelische Autor Eliyah Havemann von der Polizei einen Platzverweis erhalten. Havemann ist der inoffizielle Sprecher des Aktions-Künstlerkomitees (AKK), er hat selber den Trennschleifer an der Stele angesetzt, die das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) vor dem Reichstag einbetoniert hat und in dem angeblich mal die Asche von Holocaust-Opfern lagerte. Eine fragwürdige Protestaktion, unter anderem um vor der Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU zu warnen. Das AKK wollte am Sonntag diese Säule demontieren, die Polizei verhinderte es.

Zentrum für Politische Schönheit lästert über Aktions-Künstler

Die Spuren der Flex sind zu sehen, wie ein Ring liegen sie um die Stele. Die fiel aber nicht, die Polizei unterband die Arbeiten, eine Anzeige wegen Sachbeschädigung liegt vor. Auf Twitter hat das ZPS für die Aktionskünstler in holprigem Deutsch viel Häme übrig: „20 ,Aktionskünstler’ versuchen, Kunstabzureißen. Erst versagt Vorschlaghammer, dann Flex, dann Versuch umzustoßen. Nach 38 min kommt Polizei. Wir bieten AKK kostenlos Nachhilfe an.“ Ein weiteres Mal schlugen die Emotionen über die umstrittenen Aktionskünstler hoch.

Jüdische Organisationen üben Kritik

Philipp Ruch, künstlerischer Leiter des ZPS, sagte am Montag: „Wir machen uns nicht lustig und wir verhöhnen auch niemanden. Aber wir sind kein Häkelverein. Wir machen radikale politische Kunst. Uns interessiert kein Konsens.“ Die Kritik am umstrittenen Denkmal wies er zurück. Man habe längst auf die Vorwürfe aus der jüdischen Community reagiert. Das Kunstwerk sei komplett neu konzipiert worden, die Asche aus dem Mahnmal wurde bereits im Dezember an die orthodoxe Rabbiner-Konferenz übergeben.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Heute sei das Denkmal eine „Schwurstätte“, die an den Kampf für Demokratie erinnere. „Das kann man anerkennen oder es lassen und mit einem Vorschlaghammer auf das Kunstwerk einhämmern“, sagte Ruch. Trotzdem steht weiterhin vor allem das Zentrum für Politische Schönheit in der Kritik: Die Aktion gilt für viele Beobachter, darunter jüdische Organisationen, als völlig verfehlt und geschmacklos.

Wer bekommt das Geld?

Wer nun eigentlich juristisch durch die Aktion am Wochenende geschädigt wurde, ist bislang unklar. Die Arbeit mit dem Trennschleifer ist unbestritten Sachbeschädigung. Im Zweifelsfall muss das AKK für den Schaden aufkommen. Aber an wen das Geld geht, ist unklar. Grund dafür ist das Fundament. Es ist strittig, ob das Kunstwerk durch die Einlassung in den Boden nun juristisch auch teils dem Bezirk Mitte gehört. Klar ist bislang nur: Wird es einmal entfernt werden, müssen die Verursacher dafür aufkommen – also das Zentrum für Politische Schönheit.

Das Einbetonieren war nicht erlaubt

Stellt sich die Frage: Kann jeder nun Säulen einbetonieren, zu Kunst erklären und wochenlang stehen lassen? Den Eindruck könnte man bekommen, es stimmt aber nicht. Das Ganze ist eher ein Beispiel für die Feinheiten des Rechtsstaats.

Das ZPS hatte ursprünglich eine Mahnwache beantragt. Dabei sollte temporär die Säule aufgestellt werden. Das wurde erlaubt. Das Einbetonieren aber nicht. Deshalb ging an die Aktionskünstler ein Bescheid mit dem Inhalt: ausbuddeln. Das Bezirksamt schreibt: „Das Zentrum für politische Schönheit hat am 20. Dezember 2019 Widerspruch gegen die Untersagungsverfügung des Bezirksamtes und das Zwangsmittel der Ersatzvornahme eingelegt. Dieser hat aufschiebende Wirkung und wird nun vom Rechtsamt bearbeitet. Eine zeitnahe Beseitigung der Stele wird seitens des Bezirkes angestrebt.“ Sollte der Widerspruch abgewiesen werden, kann das ZPS klagen.

Von Eliyah Havemann jedenfalls droht dem Zentrum erstmal keine Gefahr. Der sagte: „Ich fliege zurück nach Israel.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false