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Ein Polizeibeamter trägt ein übergroßes Schutzschild aus dem Haus Rigaer Straße 94.

© picture alliance/dpa

Umkämpftes Berliner Haus: Gutachter moniert Brandschutz in Rigaer Straße 94 – Bezirk bremst

Ein Gutachten zur Rigaer Straße 94 sieht Nachbesserungsbedarf. Für neun Wohnungen ist der Rettungsweg abgeschnitten. Die Bauaufsicht hatte das nicht beanstandet.

Der Gegend um das zum Teil von Linksextremen besetzte Haus Rigaer Straße 94 in Friedrichshain droht der nächste große Polizeieinsatz. Anlass dafür ist ein Brandschutzgutachten, das die Eigentümergesellschaft in Auftrag geben hat und das dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatten der „rbb“ und die „Berliner Morgenpost“ darüber berichtet.

Im Ergebnis stellt der Gutachter fest, dass die vorhandenen Mängel zwar keinen sofortigen Leerzug oder gar eine Räumung des Hauses bedingen, allerdings durchaus Arbeiten vorzunehmen sind.

Konkret geht es dabei um das Eingangstor des teilbesetzten Hauses sowie den Durchgang vom ersten auf den zweiten Hinterhof. Beide seien zu schmal, als dass die Feuerwehr im Brandfall mit Drehleitern und einem Sprungpolster in die Hinterhöfe gelangen könnte. Neun Wohnungen in den oberen Geschossen des Hinterhauses und des Seitenflügels seien so vom vorgeschriebenen zweiten Rettungsweg abgeschnitten, heißt es in dem Gutachten.

Um die benötigte Breite von 1,60 Meter herzustellen, müsste eine offenbar durch die Bewohner:innen des Hauses eingezogene Wand abgerissen werden. Wenn der Eigentümer dafür Bauarbeiter beauftragt, dürften diese Polizeischutz benötigen.

Gutachter: Kneipe „Kadterschmiede“ ist Sonderbaunutzung

Kurios: Bei einer vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg in Eigenregie organisierten und durch die eigene Bauaufsicht durchgeführten Begutachtung war der durch die Wand verengte Durchgang zwar aufgefallen, aber nicht beanstandet worden.

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Der Brandschutzgutachter des Eigentümers wiederum erklärt, dass die Bauordnung – anders als vom Bezirksamt angenommen – nicht für Bestandsbauten gelte und für eine Rettung mindestens die dreiteilige Schiebeleiter der Feuerwehr eingesetzt werden müsse.

Außerdem weist er darauf hin, dass es sich bei der als Kneipe betriebenen Wohnung „Kadterschmiede“ um eine Sonderbaunutzung handele. Die Eigentümer wollen, dass der Bezirk die Nutzung untersagt. Derzeit läuft eine Räumungsklage gegen die Kneipe.

Bezirksamt: Allein die Bauaufsicht ist zuständig

Florian Schmidt (Grüne), Baustadtrat des Bezirks und zuletzt im Verdacht, die schützende Hand über die Besetzer:innen zu halten, reagierte gelassen auf das Gutachten. Seine Sprecherin erklärte, dass allein die Bauaufsicht des Bezirks für die weitere Bearbeitung des Brandschutzes auf dem Grundstück zuständig sei.

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Diese habe „eigenständig unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände die notwendigen Entscheidungen zu treffen und die erforderlichen Anordnungen zu erlassen“. Zuvor seien „verschiedene Verfahrensschritte wie Anhörung von (möglicherweise) Betroffenen sowie fachliche Beteiligungen“ vorgesehen, erklärte die Sprecherin. Ad-hoc-Maßnahmen sind demnach eher nicht zu erwarten.

Zuletzt waren allein für den Besuchs des Gutachters am 17. Juni Hunderte Polizeibeamte im Einsatz, Dutzende wurden laut Polizei verletzt. Am Tag vor der Begehung des Hauses hatten Autonome erst Barrikaden errichtet und angezündet, später flogen Steine und Flaschen auf die Beamten.

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