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Polizisten stehen hinter einer Absperrung auf der Baustelle in Berlin-Moabit, wo eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurde. Symbolbild

© Foto: dpa/Annette Riedl

Twitter bei Gefahrenlagen: Wie zuverlässig ist der Kurznachrichtendienst noch für Berlins Behörden?

Unwetter, Weltkriegsbomben, Terror: Über Gefahren in der Stadt wollen wir sofort informiert werden, auch von den Behörden selbst. Doch Twitter weckt Zweifel an seiner Zuverlässigkeit.

Beinahe zeitgleich stoßen am Vormittag des 5. Juli Bagger in Berlin und Hamburg auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Nicht ungewöhnlich für die belasteten Böden beider Städte. Auch die Vorbereitungen zur Entschärfung hören sich nach Routinearbeit an. Doch zwischen Details zu Evakuierungen aus dem Sperrkreis setzt die Hamburger Feuerwehr einen verärgerten Tweet ab, der einige Fragen aufwirft – auch für Berlin.

„Ist das jetzt Euer Ernst, Twitter?“, schreibt die Feuerwehr. Während der Entschärfung der Fliegerbombe sei das Konto durch ein „Zugriffslimit“ vom Lesen sämtlicher Tweets ausgeschlossen worden. Twitter sei „das Fenster in unsere Einsatzumgebung“, hebt der stellvertretende Leiter der Feuerwehr-Öffentlichkeitsarbeit Jan Ole Unger die Bedeutung des Nachrichtendienstes hervor. Was dort beim Monitoring mit einer Reihe von Suchwörtern gelesen wird, kann Einfluss auf Dienstentscheidungen haben – so auch an jenem Tag.

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Wie zuverlässig ist Twitter noch, und wie verhalten sich Berliner Behörden? Die genannte Bombenentschärfung wurde in der Hauptstadt annähernd live vom Einsatzkonto der Polizei begleitet. Mehr als 437.000 Follower konnten theoretisch lesen, dass 7.000 Menschen einen Sperrkreis verlassen mussten – ein Möbelhaus, Schulen und Kitas geräumt wurden. Auch die Feuerwehr (189.000 Follower) twittert Einsätze, verwies in diesem Fall aber auf die Polizei.

Berliner Polizei sieht Vorteile in der Twitter-Kommunikation

Die Berliner Polizei schätzt ihren Einsatzkanal, wie die Presseabteilung schreibt. Trotz neuer Lesebeschränkungen biete er nach wie vor die Möglichkeit, „im Krisen- oder Einsatzfall schnell und verifiziert die Öffentlichkeit zu informieren“. Der entscheidende Punkt: Selbst wer hier nicht mitliest, findet die Informationen anderswo wieder, weil relevante Polizei-Tweets regelmäßig den Sprung in andere Medien schaffen. Tweets können einen Impuls geben für Rundfunk- und Fernsehbeiträge oder Live-Blogs auf Zeitungsportalen wie dem Tagesspiegel.

Insbesondere die Reaktionen auf eigene Tweets werden polizeiintern ausgewertet, schreibt die Presseabteilung über das Medien-Monitoring der Behörde. Hier können sich wichtige Hinweise aus der Leserschaft verbergen. Aus den genannten Gründen wird gerade geprüft, die beiden Konten durch ein kostenpflichtiges Abonnement aufzuwerten. Bisher haben die Konten das für Amtsträger und Behörden vorgesehene graue Häkchen.

Neben Twitter kommuniziert die Polizei wichtige Meldungen über Instagram, Facebook und die eigene Homepage. Auch in die bundesweiten Warn-Apps Nina und Katwarn fließen die Berliner Gefahrenmeldungen ein. So meldete Nina die Berliner Bombenentschärfung am 5. Juli, mit Sperrkreis und Kurztext zu Verhaltenshinweisen – einschließlich der späteren Entwarnung.

Die genannten Anwendungen im Modularen Warnsystem (MoWaS) des Bundes ersetzen für die Polizei allerdings keine „fortlaufende dialogbasierte Einsatzkommunikation“. Insofern ist Twitter nicht einfach zu ersetzen, sollte sich die Plattform zunehmend hinter Bezahlschranken verbergen. Von einem Umstieg auf den nicht kommerziellen Twitter-Klon Mastodon ist vorläufig nicht die Rede.

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