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Menschen im Straßencafé am Weinbergsweg in Berlin-Mitte.

© Annette Riedl/dpa

Trotz guter Besucherzahlen am Wochenende: Berliner Gastro-Verband fordert weitere Lockerungen

Am Pfingstwochenende besuchten viele die Außengastronomie. Doch nicht für alle Betriebe lohnt sich eine Öffnung unter aktuellen Bedingungen.

Etwas ungewohnt fühlte es sich an, plötzlich wieder legal vor dem Lokal zu sitzen. Auch mancher Kellner hatte die Getränkekarte nach mehr als sechs Monaten Zwangspause nicht mehr auswendig parat. Doch bei einigen Sonnenstrahlen wurde der Neustart der Außengastronomie am Pfingstwochenende von vielen Berlinern gebührend begrüßt. Gaststätten- und Hotelbetreiber setzen darauf, dass dies nur der erste von weiteren, zügigen Öffnungsschritten war.

Wer sich am Pfingstmontag bei Gastronomen umhörte, konnte deren Begeisterung durchs Telefon spüren. „Die Gäste sind total euphorisch über die neu gewonnene Freiheit“, berichtete Maik Krage, Restaurantleiter des Zollpackhofs gegenüber dem Kanzleramt. Das Gefühl sei „fast wie Wiedervereinigung oder Euro- Einführung“.

Man habe zwar Wachschützer an den Türen und weniger Tische und Stühle als einst, aber die Gäste seien glücklich und akzeptierten die Regeln. Wer aus einer Besuchergruppe keinen aktuellen Test habe, hole ihn klaglos im Testzentrum nach. Da das internationale Publikum noch fehle, kämen die Gäste auf den mehr als 600 Plätzen aus Berlin und anderen deutschen Städten. Gerade Münchner „möchten unter der alten Kastanie ein gepflegtes Augustiner trinken.“

Im Wirtshaus Moorlake an der Havel berichtete eine Mitarbeiterin fröhlich: „Wir werden regelrecht überfallen.“ Die Stimmung nach der langen Zwangspause sei wunderbar – trotz des „Schleusenprinzips“ mit nur einem Eingang, an dem Tests und Impfbescheinigungen kontrolliert würden. Hin und wieder gebe es allerdings Gemecker, wenn jemand ohne Impfpass oder Test nicht rein dürfe.

Am anderen Ende der Stadt, im gerade renovierten Jugendstillokal Café Liebig in Grünau, hat Fred Jacob die kleine Terrasse gerade so im Rahmen des Erlaubten belegen können: „Wir hatten mit doppelt so vielen Reservierungen gerechnet.“ Aber am Montag sei viel los gewesen, was wohl am Wetter lag.

Wenn der Regen das Schnitzel versaut

„Sonntagabend hatte ich Gäste, die saßen gerade beim ja nicht ganz billigen Schnitzel mit Spargel, als der Regenschauer kam“ – und wären gern kurz reingegangen, statt ihr Schicksal in die Hand des über ihnen im Wind schwankenden Schirmes zu legen. Gemoser wegen der Vorgaben habe es nicht gegeben, nur gelegentlichen „Test-Unwillen“, obwohl man eine Teststelle auf dem Parkplatz nebenan organisiert habe.

Offenbar wurden die Vorgaben zum Infektionsschutz nicht überall eingehalten: Aus Innenstadtkiezen gab es Berichte von Gedränge und mit vielen Leuten besetzten Tischen. Bei Twitter war von einem – nicht namentlich genannten – Pankower Biergarten zu lesen, dessen „Hygienekonzept“ aus einem Schild bestand mit der Aufschrift: „Wenn Sie das Restaurant betreten, bestätigen Sie damit, dass Sie im Besitz eines negativen Testes sind.“

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Der Berliner Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) zog ein gemischtes Fazit des Pfingstwochenendes. „Ich weiß von sehr vielen Betrieben, die gut gebucht waren“, sagte Uwe Schild, Vizepräsident von Dehoga Berlin und Vorsitzender der Fachgruppe Gastronomie des Verbands. Jedoch sei der Zuspruch stark abhängig von der Lage der Gaststätten.

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„Man muss unterscheiden zwischen touristischen Lagen und den Wohngebieten. Tourismus findet noch nicht statt, wie wir wissen.“ Entsprechend wenig los sei in Citylagen wie dem Kurfürstendamm oder am Gendarmenmarkt. Auch das wechselhafte Wetter habe sich negativ bemerkbar gemacht. „Mit den Wetterbedingungen, die wir in den vergangenen Jahren hatten, kann man das nicht vergleichen“, sagte der Verbandsvertreter. Am Montag war es immerhin trocken bei gut 20 Grad.

Schild verwies darauf, dass trotz der seit vergangenem Freitag erlaubten Öffnung der Außengastronomie viele Restaurants und Cafés weiterhin geschlossen seien. „Das sind die Betriebe, wo die Terrassen klein sind.“ Sie warteten darauf, dass auch die Innengastronomie wieder öffnen darf, da sich ihr Geschäft sonst nicht lohne. Auch deshalb seien weitere konkrete Lockerungen für Gastronomie und Hotellerie notwendig.

Am 4. Juni sollen weitere Lockerungen in Kraft treten

Der Berliner Senat hatte nach seiner Sitzung am vergangenen Dienstag einen Stufenplan veröffentlicht, mit welchen Öffnungsschritten bei weiter sinkenden Inzidenzen zu rechnen sei. Nach den Plänen sollen vom 4. Juni an Kontaktbeschränkungen gelockert werden und Konzerthäuser, Kinos und Theater, aber auch Fitness- sowie Tanzstudios öffnen dürfen. Die Innenbereiche von Zoo, Tierpark und Botanischem Garten sollen mit Reservierungs- und Testpflicht wieder zugänglich sein, der Betrieb in Hochschulen wieder schrittweise anlaufen.

Die Innenbereiche von Restaurants und Cafés sollen wieder ab dem 18. Juni öffnen. Voraussetzung seien ein negativer Corona-Test der Gäste sowie eine Reservierung und Begrenzung der Besucherzahl. Zum gleichen Datum sollen nach dem derzeitigen Stufenplan auch Hotels und andere Unterkünfte wieder für Touristen öffnen können. Die Herbergen dürften dann bis zu 50 Prozent ihrer Betten belegen. Auch dort soll eine Testpflicht gelten.

Beschlossen werden sollen diese Maßnahmen laut Mitteilung des Senats aber erst bei der Sitzung am 14. Juni. Auch der Beschluss für mögliche Lockerungen ab Freitag, dem 4. Juni, soll erst in der Senatssitzung nächsten Dienstag ergehen. In dieser Woche kommen die Spitzen der Berliner Regierung gar nicht zusammen.

Gaststättenverband findet Stufenplan nicht zufriedenstellend

Dem Hotel- und Gaststättenverband reicht dieses Vorgehen nicht aus. „Der Stufenplan ist für uns nicht zufriedenstellend gewesen. Wir haben uns da konkretere Punkte vorgestellt“, sagte Uwe Schild. Der Verband habe dem Senat schon vor Monaten eine Strategie für den Neustart der Branche nach Ende des Lockdowns zukommen lassen.

Die Punkte fänden sich bislang nicht im Stufenplan der Landesregierung. „Die Grundsatzfrage wird sein, was passiert, wenn wir unter eine Inzidenz von 50 fallen“, sagte Schild. Er forderte für dieses Szenario die Aufhebung der Testpflicht für die Außengastronomie. Zudem sollten sowohl die Innenbereiche von Gaststätten als auch Hotels dann bereits früher öffnen dürfen, so der Dehoga-Vize.

Bereits am Freitag hatten sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) mit Vertretern des Dehoga und der Tourismusagentur VisitBerlin getroffen, um über den bisherigen Stufenplan zu sprechen. „Gemeinsam hoffen wir darauf, dass es bald hier eine weitere Entspannung gibt und für die Berlinerinnen und Berliner weitere Möglichkeiten, das Angebot unserer Cafés, Restaurants und Kneipen noch besser zu nutzen“, hatte Müller im Anschluss erklärt.

Schon am Dienstag soll es dazu weitere Gespräche zwischen Senat und Branchenvertretern geben. Schild hofft, „dass wir da noch zu Nachjustierungen kommen.“

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