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Eine junge Frau geht in Berlin mit einem Rollkoffer die Treppe eines Mietshauses herauf.

© Britta Pedersen/dpa

Tourismus in Berlin: Linke will Stadtmarketing stoppen

Der Senat gibt jedes Jahr Millionen Euro für Berlin Stadtmarketing aus. Zu viel, sagt die Linke. SPD und Grüne widersprechen.

Der Tourismus in Berlin boomt, jedes Jahr neue Besucherrekorde. Einigen wird das zu viel. Die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg will deshalb, dass die Stadt weniger Geld für Tourismus-Werbung ausgibt. Das Stadt-Marketing soll, so die Vorstellung der tourismuspolitischen Sprecherin der Partei, mittelfristig abgeschafft werden. Gennburg: „Es ist kein Kommunismus, das Stadtmarketing abzuschaffen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Seit 2012 habe der Senat 100 Millionen Euro für Berlin-Werbung ausgegeben. 70 Millionen seien davon direkt in den Bereich Tourismus geflossen. Gennburg will sich in den laufenden Haushaltsberatungen dafür einsetzten, das Geld zumindest zu kürzen. Sie fordert eine „ehrliche Debatte über die sozialen und ökologischen Folgen“ der Millionen von Berlin-Besuchern.

„Für die Berliner ist das keine Lappalie, wenn sie plötzlich den Ballermann vor der Tür haben“, sagte Gennburg. Vor allem innerstädtische Kieze seien stark vom Tourismus belastet, das fördere Verdrängung. Die Abgeordnete kritisiert, dass angeblich kein Platz für sozialen Wohnungsbau vorhanden sei, aber allerorten neue Hotels entstünden.

Gennburg: „Es ist kein Kommunismus, das Stadtmarketing abzuschaffen“

Sie betonte gegenüber dem Tagesspiegel, dass es ihr nicht darum gehe, Stimmung gegen Touristen zu machen. Allerdings würden die sowieso nach Berlin strömen. Dazu bräuchte es kein Marketing mehr. Als Vorbilder sieht sie Amsterdam und Barcelona, die ihr Tourismus-Marketing bereits eingestellt hätten.

Das Hauptziel ihrer Kritik: die Tourismusagentur „Visit Berlin“. Statt die Besucherströme zu managen und besser in der Stadt zu verteilen, sei deren Arbeit momentan vor allem auf weiteres Wachstum ausgerichtet. Ob sie die Agentur abschaffen wolle, dazu positionierte sich Gennburg nur ausweichend: „Wir müssen gucken, ob wir die dann noch brauchen.“

Kritik am Vorschlag kam von beiden Koalitionspartnern. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) zeigte sich überrascht von dem Vorstoß. Sie sagte dem Tagesspiegel: „Es kann niemand was dagegen haben, die Werte unserer Stadt wie Freiheit, Weltoffenheit und Toleranz in die Welt zu tragen.“ Gemeinsam mit „Visit Berlin“ wollte man Berlin nicht nur nach außen vermarkten, sondern die Besucherströme auch managen, um den Tourismus stadtverträglicher zu gestalten.

Die Wirtschaftssenatorin hatte erst am Vortag gemeinsam mit „Visit Berlin“ eine Studie veröffentlicht, die den Eindruck widerlegen sollte, dass Berlin von Besuchern überrannt werde.

In besonders touristischen Regionen wie der Admiralsbrücke, dem Alexanderplatz, oder dem Mauerpark wurden 1300 Menschen befragt. Laut der Umfrage waren auch dort vor allem Berliner (73 Prozent) unterwegs. Nur 26 Prozent der Befragten waren Touristen. Außerdem gebe es ein starkes Bewusstsein der Touristen für die Belange der Anwohner, heißt es weiter.

Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle für die Stadt

Pop bezeichnete Gennburgs Vorstoß als Einzelmeinung. Auch in der SPD hält man nichts vom Vorstoß der Linken. Daniel Buchholz, Sprecher für Stadtentwicklung, sagte: „Für uns ist Berlin eine lebendige, aber auch offene Stadt, und das heißt, wir freuen uns, wenn Menschen nach Berlin kommen.“

Der Tourismus sei ein wichtiger Einnahmefaktor für die Stadt. „Ich bin verwundert über den Vorschlag von Frau Gennburg. Wir haben ja gerade erst beschlossen, den Tourismus in Berlin stärker zu entzerren.“ Teil dieses Planes sei, die Innenstadt zu entlasten und mehr Besucher in die Außenbezirke zu locken. Thomas Lengfelder, Geschäftsführer des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes, sagte: „Die Berliner neigen dazu zu sagen, wenn mal jemand an die Hauswand pinkelt: Das waren die Touristen.“

Gennburg steht mit ihrem Vorschlag allerdings nicht allein in ihrer Partei. Der Landesausschuss der Linken, eine Art kleiner Parteitag, hatte am Freitag beschlossen, das Stadtmarketing ganz grundsätzlich überprüfen zu wollen.

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