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Todesfälle: Asbest im „Mäusebunker“ der Charité

Drei Todesfälle in der Charité hängen möglicherweise direkt mit der Asbestbelastung im sogenannten Mäusebunker des Klinikums zusammen. Die Verstorbenen arbeiteten im Steglitzer Forschungshaus für Experimentelle Medizin (FEM), das für Tierversuche zuständig ist.

Von Sabine Beikler

Die Unfallkasse prüft nach Angaben einer Sprecherin zurzeit auch, ob bei einem an Lungen- und Kehlkopfkrebs erkrankten FEM-Mitarbeiter eine Berufskrankheit vorliegt. „Das ist ein drohender Skandal, der andere Vorfälle an der Charité als Bagatelle erscheinen lässt“, sagte Christoph Berndt, Fakultätspersonalratsvorsitzender der Charité, dem Tagesspiegel. Nicht nur Berndt spricht von einer „alarmierenden Problematik“. Einen „akuten Handlungsbedarf“ bei der Charité sieht auch Robert Rath vom Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (Lagetsi).

Die Asbestbelastung im Mäusebunker und in der Mikrobiologie ist der Charité seit Jahren bekannt. Im Mäusebunker sind Lüftungskanäle mit Kalziumsilikat, dem Asbestfasern beigemischt worden sind, ummantelt worden. Wird die Oberfläche porös, bleiben Asbestfasern hängen oder treten nach außen. Bei der Arbeit im Technikbereich sind nach Tagesspiegel-Informationen das Tragen von Atemschutzmasken und Einweg-Overalls vorgeschrieben. Bei einer Mess- und Regeltechnikerin, die mit der Wartung der Gebäudetechnik im Mäusebunker beschäftigt war, wurde Anfang des Jahres Lungenkrebs diagnostiziert. Ob die Erkrankung von der Asbestbelastung am Arbeitsplatz herrührt, ist nicht bekannt.

Regelmäßig werde das in den 70er Jahren erbaute Gebäude durch beauftragte vereidigte Sachverständige kontrolliert, um eine Gefährdung der Beschäftigten auszuschließen, so die Stellungnahme der Charité. Vor 14 Tagen seien Spuren von Asbest in den Abluftkanälen der Technikräume gefunden worden. Daraufhin habe man „sofort die Behörden informiert und neue Luftmessungen durchgeführt“. Diese hätten keine Belastungen ergeben. Die Technikräume des Gebäudes könnten seitdem nur noch durch Schleusen betreten und verlassen werden. „Für die Tierpfleger des FEM bestand und besteht nach Aussage des vorliegenden Gutachtens keinerlei Gesundheitsrisiko“, schreibt die Charité. Der Vorstand prüfe unterdessen „weitere Konsequenzen“.

Dass eine Gefährdung nicht nur für Techniker, sondern auch für die Tierpfleger besteht, schließen indes Experten und ehemalige Mitarbeiter nicht kategorisch aus. So sollen in den Techniketagen Klappen geöffnet worden sein, durch die ungereinigte Luft in die Forschungsbereiche eingeleitet wurde, erzählt ein Techniker, der von „komplett veralteten Lüftungsanlagen“ spricht.

Der Fakultäts-Personalrat hat die Charité schriftlich aufgefordert, unverzüglich alle relevanten Unterlagen und Gutachten zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren will der Personalrat wissen, ob außer Asbest noch andere künstliche Mikrofasern gefunden wurden, und wie hoch die Belastung in der Mikrobiologie ist. Der Personalrat fordert eine Sondersitzung des Arbeitsschutzausschusses im Januar im Beisein des Charité-Vorstands. Lagetsi-Sprecher Rath sagt zwar, dass „jedes Bestandsgebäude mit Gefahrstoffen belastet ist, wenn es vor den 80er Jahren gebaut wurde“. Als die Charité im März dieses Jahres Umbauarbeiten im Mäusebunker beim Lagetsi angekündigt hatte, habe das Lagetsi bei einer Begehung nichts Gefährdendes festgestellt. Aufgrund eines anderen Wissenstandes sei man aber „vor Kurzem“ zu einer anderen Bewertung gekommen und habe die Charité aufgefordert, „unverzüglich einschneidende Maßnahmen“ zum Schutz der Mitarbeiter zu ergreifen. Bis spätestens Ende des Jahres sollen diese umgesetzt werden. Was das konkret bedeuten könnte, ließ die Charité noch offen.

Die Unfallkasse Berlin wiederum hat die Charité am gestrigen Donnerstag über ihre Untersuchung zu Krankheits- oder Todesfällen in Zusammenhang mit der Asbestbelastung des FEM „telefonisch informiert“, wie eine Sprecherin sagte. Die Charité werde „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Klärung beitragen“. Sabine Beikler

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