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Nicht so einfach in Berlin und Deutschland.

© Kitty Kleist-Heinrich/Tagesspiegel

Tempo 30? Geht nicht: Ernüchternde Senats-Antwort an Berliner Initiative

Musterbeispiel aus Reinickendorf: Warum es in Berlin und Deutschland so schwierig ist, ein Tempolimit für Sicherheit, Klima- und Lärmschutz durchzusetzen.

Zuletzt ging es in unserem Reinickendorf-Newsletter Mitte November um die Bemühungen der Bürgerinitiative Zabel-Krüger-Damm: Ihr Ziel ist es seit 2019, die 2,4 km lange Straße zwischen Waidmannslust und Lübars unter anderem für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen sicherer zu machen sowie den Lärm zu senken. Die Forderung an den Senat: Tempo 30 auf dem Zabel-Krüger-Damm (ZKD), nicht nur nachts, sondern ganztags.

Im Sinne dieser Tempo-30-Forderung hatte die Bürgerinitiative (BI) der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) einen Fragenkatalog zukommen lassen. Und nun sind die Antworten da.

Und eines ist gleich klar: Tempo 30 zur Tageszeit wird es hier erst einmal nicht geben. Die geltende Rechtslage in Deutschland zum Lärmschutz erlaube nur Tempo 30 zur Nachtzeit, so die Antwort des Senats. Man bemühe sich jedoch in Berlin, auch im Sinne des Lärmaktionsplans Berlin 2019-2023, sich für eine Aufweichung der strengen Kriterien einzusetzen. Eine Überschreitung der Lärmrichtwerte sei tagsüber im Gegensatz zur Nachtzeit nicht festgestellt worden, sagt der Senat.

Die Bürgerinitiative ZKD hat die Deutsche Umwelthilfe um eine Stellungnahme zu dem Thema gebeten: „Die Verbindlichkeit von Lärmaktionsplänen greift erst dann, wenn in diesem ganz konkret festgelegt ist, auf welchen Straßen Tempo 30 zum Lärmschutz gelten soll. Ein überschrittener Auslösewert reicht da leider nicht“, heißt es von der Umwelthilfe und: „Um die strikte Bindungswirkung des Lärmaktionsplans auszulösen, muss die planaufstellende Gemeinde eine umfassende eigene Ermessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung anstellen.“

Die verantwortlichen Stellen haben offenbar den Ernst der Lage beim Klimaschutz nicht verstanden.

Die Bürgerinitiative über die Politik

Auch bei der Fahrbahnbreite sieht der Senat keine Probleme. Der Gegenverkehr komme gut durch oder passe gar seine Fahrgeschwindigkeit an. „Dass die Realität anders aussieht, erfahren wir immer wieder im Alltag“, kommentiert die BI und sagt, dass Fahrbahnbreite und Sicherheitsabständen zwar rechtlich geregelt seien, am ZKD aber nicht erfüllt seien.

Bei den weiteren Fragen zur Zählung der Verkehrsstärke, dem Berechnungsverfahren dabei, dem LKW-Anteil, dem Ausweichen in Nebenstraßen, den Unfällen, die die Polizei am ZKD registriert winkt die Senatsverwaltung ebenfalls ab und schließt damit, dass man nunmehr letztmalig zum Anliegen der BI Stellung nehme. Hier finden Sie das Antwortschreiben in voller Länge.

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Die Bürgerinitiative hat den Brief umfänglich kommentiert und ist ob des Antwortschreibens geknickt. Wie es nun weiter geht? „Ehrlich gesagt: wir wissen es nicht“, schreibt die BI auf ihrer Webseite. „Angesichts der politischen Verhältnisse auf Landes- und Bezirksebene und dem Zustand der Berliner Verwaltung sehen wir in naher Zukunft keine positiven Veränderungen in Sachen Lärmschutz und Verkehrssicherheit am ZKD. Die verantwortlichen Stellen haben offenbar auch den Ernst der Lage in Sachen Klimaschutz immer noch nicht verstanden“, finden die Vertreter:innen der BI.

„Unsere Erfahrung: Es gibt Politiker, die nichts oder nur wenig verändern wollen (CDU, AfD), aber auch viele, die den Handlungsbedarf sehen (Grüne, Linke, SPD, FDP). Wir haben jedoch den Eindruck, dass oft die Rechtslage kompliziert ist, Zuständigkeits-Pingpong gespielt wird oder die Verwaltung schlichtweg überfordert bzw. personell unterbesetzt ist – eben das bekannte Berliner Phänomen mit seinem zweigliedrigen Verwaltungssystem. So ist zum Beispiel am ZKD der Senat für den fließenden Verkehr zuständig, für den ruhenden jedoch der Bezirk“, heißt es weiter.

Zwar habe man auch etwas erreicht: Tempo 30, das aber nur nachts bekommen. Auch eine Gehwegvorstreckung in Höhe des Öschelbronner Wegs habe durchgesetzt werden können – „die wurde aber leider vom Bezirksamt an falscher Stelle und mangelhaft gebaut, so dass dadurch der Gehweg bei Regen überflutet wird.“ Hier ein Foto der BI.

Auch ein durchgesetztes Dialogdisplay sei nicht dort aufgestellt worden, wo die Bürgerinitiative es beantragt habe, weshalb es oft von LKW zugeparkt werden würde. „Eine Gehwegvorstreckung Höhe Titiseestraße wird der Schule seit über drei Jahren versprochen. Auch hier passiert nichts.“ Die Radwege-Bilanz sei ebenfalls ernüchternd: „Kein einziger Kilometer Radweg wurde im letzten Jahr in Reinickendorf gebaut.“

Auf die null Kilometer errichtete Radwege in 2022 hatte die zuständige Bezirksstadträtin Korinna Stephan (Grüne) in der letzten BVV am 8. Februar Bezug genommen. Der Tenor: Da in der vorigen Legislatur kaum Radwegs-Planungen auf den Weg gebracht wurden, konnten im letzten Jahr auch wenig neue Radwege entstehen.

Immerhin seien 220 Meter Radweg an der Schulzendorfer Straße sowie 107,50 Meter an der Jörsstraße errichtet worden. Für 2023 seien mehr als 12 Kilometer Radweg in der letzten Planungs- bzw. Umsetzungsphase, so Stephan in der BVV. David Jahn (FDP) hatte hinzugefügt, dass die ehemalige Bezirksstadträtin für Bauen, Katrin Schultze-Berndt (CDU), zwischen 2015 und 2020 insgesamt nur 2,24 Kilometer Radweg auf den Weg gebracht hätte.

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