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Berlin: Tanz um den Kranz

Die Mind Miliz von Bahnchef Mehdorn hat die Gedanken des Privatdetektivs gelesen Nur soll er dafür bestraft werden. Aber ist das auch die Lösung für das Adventskranzdebakel?

Was bisher geschah: Im Roten Rathaus verschwindet jeden Tag der große Adventskranz aus der Eingangshalle. Ein Privatdetektiv wird von seinem alten Kumpel Rainer, einem Beamten der Senatskanzlei, mit der unauffälligen Aufklärung der peinlichen Angelegenheit beauftragt. Als er im Rathaus die Ermittlungen aufnimmt, geschieht das Unglaubliche: Der 14. Kranz wird gestohlen – und kurz darauf findet sich der Privatdetektiv eingesperrt in der Abstellkammer wieder. Dort fallen ihm drei mögliche Übeltäter ein: Berlinhasser und Bahnchef Hartmut Mehdorn, Berlinhasser und Bayern-Regent Edmund Stoiber oder Ost-Berlinhasser und Diskokönig Rolf Eden. Einer von ihnen muss es sein. Da öffnet sich die Tür der Abstellkammer.

Ich glaub’s nicht, in Berlin gibt es schon Mehdorn-Masken zu kaufen. Mit dem unerträglichen Gute-Laune- Grinsen sieht das Ding verdammt lebensecht aus. Sehr weihnachtlich find ich’s allerdings n… ich hab verstanden, nur keine Hektik, Jungs, ich respektiere euch, natürlich, jaa, Pfoten hoch, Pfoten hoch … mach ich ja schon! … nein, nur Kleingeld, meine Güte.

Ihr seid gar nicht an Geld interessiert, was wollt ihr denn? Ihr könnt Gedanken lesen? Aha. Oh Gott. Ihr wisst jetzt alles, was ich in den letzten 24 Stunden … Mannometer, da war ich im Puff und sonst wo … ach so, ihr hört nur Sätze, in denen das Wort Mehdorn vorkommt … und dann kommt ihr gleich mit diesen Rächermasken angerast? Unglaublich. Aber könnt ihr mir jetzt mal verraten, wieso Herr Mehdorn Interesse an diesen hässlichen, bröseligen Amtsstubenkränzen hat? Davon wisst ihr gar nichts? Wie, was geht hier vor? – Es sind zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn, die sich in ihrer Funktion als Gedankenleser – bei der Bahn Mehdorn Mind Miliz genannt – (die wahre Gefahr geht heute nicht von afghanischen Trainingscamps, sondern von US-amerikanischen Zauberkünstlern mit ihren versteckten Mental Training- Camps aus) hier eingeschlichen haben und mir jetzt ein großes DB auf die Stirn tätowieren. Als Strafe.

Als der eine Kerl dafür ein Messer zückte, dachte ich schon: Jetzt hat dein letztes Stündlein geschlagen. Fieberhaft versuchte ich mich an meine Ausbildung und die Polizeigriffe, die ich dort gelernt hatte, zu erinnern. Aber der größere von den beiden (beide tragen die furchterregende Mehdorn-Maske) erklärt mir nun ruhig: „Keine Sorge, Mehdorn bringt potenzielle Bahnkunden doch nicht um, der wär’ ja schön blöd. Grad jetzt, wo die Bahnpreise wieder steigen!“

Als Nächstes werde ich verpflichtet, jede Woche mit der Bahn an irgendein unsinniges Ziel zu fahren. Und dann gleich – nur ein paar Pommes und eine Cola am Bahnsteig seien mir vergönnt – wieder retour. Während der Fahrt soll ich mich ins Bistro setzen, eine Stange Geld ausgeben und wildfremden Fahrgästen erzählen, was für ein Bahnfan ich doch bin. In diesen Sätzen muss das Wort Mehdorn vorkommen, meine beiden Mind Controller hören das ab – wenn sie kein bewundernd gerauntes Meeehdooorn hören, muss ich am nächsten Tag wieder von Berlin ans andere Ende der Republik.

Schöne Bescherung das Ganze. Wo bleibt eigentlich Rainer? Wie kann es sein, dass hier im Senat kein Mensch mal vorbeikommt? Haben die jetzt etwa schon Feierabend? Blut tropft von meiner Stirn, ich bin noch völlig verwirrt … Die beiden Maskenträger verschwinden, nicht ohne mir noch als Andenken eine Spielzeuglok zu schenken.

Im nächsten Moment steht endlich Rainer in der Tür. „Was hocken Sie hier seit Stunden in einer Abstellkammer herum, ich glaub’s nicht, Sie haben doch zu tun!“, herrscht er mich an. Aufgelöst erzähle ich ihm alles; er seufzt und tupft mir die Stirn ab – aber insgesamt finde ich ihn reichlich unemphatisch.

Nun holt er tief Luft und sagt: „Ich hab den Fall allein gelöst. Ihr Honorar können Sie sich abschminken, Sie Fantast. Die Kränze sind über Ebay verhökert worden – und wissen Sie, wer die da reingestellt hat? Unsere Schlauberger von Kultursenatsfritzen. Die haben die Dinger als Original-Senatskränze angeboten und auch noch als Absender Rotes Rathaus angegeben, zu dumm, um den Diebstahl von’n bisschen Weihnachtsgrün auf die Reihe zu kriegen. Empörend. Ich weiß nicht, was mich mehr aufregt, dass sie sich die Kränze gemopst haben oder dass sie so kolossal beschrän … egal, ich hab sie mir schon vorgeknöpft. Jetzt kommt’s: Ihnen ist das Geld für die Betriebsweihnachtsfeier gestrichen worden, da kam ihnen die Idee, die Kränze zu verkaufen, um ein paar Euro für ihren Punsch und so in die Kassen zu kriegen. So sieht’s aus.“

Den Ebay-Einfall hatte ich doch auch schon gehabt, hätte die Mehdorn Mind Miliz mich hier nicht gefangen gehalten…

Rainer und ich verlassen endlich die Abstellkammer. Auf dem Gang sehe ich, wie gerade ein neuer Adventskranz herbeigewuchtet wird. Rainer verabschiedet sich mit einem knappen Tippen an die Stirn.

Kein Honorar … wo gibt’s denn so was? Ich überlege nicht lange, nutze den Moment, wo der Kranzträger schiffen geht, dann schnappe ich mir den neuen Kranz und mache, dass ich wegkomme.

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