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Prost. Das neue Stück des Ringtheaters heißt „Sunshine Champagner“. Hier zu sehen: Schauspielerin Judith Gailer.

© Doris Spiekermann-Klaas

"Sunshine Champagne" am Ringtheater: Großstädter planen am Ostkreuz die Revolution

Die „Zukunft“ liegt am Ostkreuz. Zumindest der Kulturraum. Hier finden Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen satt.

Etwas karg ist der Weg vom Ostkreuz Richtung Zukunft – eine breite Straße, rechts und links Industriebauten und scheinbar vergessene Flächen, zumindest wenn man Richtung Kulturbiotop „Zukunft am Ostkreuz“ in Friedrichshain geht. Es ist Kino, Konzertraum, Ausstellungsraum, Bar und Theater in einem. Sogar eine Mikrobrauerei gibt es hier.

Nicht unweit des Clubs „About Blank“ versperren Holzverschläge die Sicht: „Zukunft“ steht in großen, halb von Ästen bedeckten Lettern über dem Zaun, wenige Meter davon entfernt eine Tür. Dahinter: ein kleiner Platz, auf dem links ein paar Stühle und Tische stehen, das flache, lang gezogene Gebäude mit den Fahrrädern vor der Hauswand erinnert mehr an ein Jugendzentrum als an ein Kulturhaus. Im Eingangsbereich, der gleichzeitig als Bar fungiert, stehen ein paar gemütlich aussehende Sessel, Tische und Stühle. Es riecht nach Malz und Zigarettenrauch.

„Willkommen“, sagt Lars Werner, einer der Betreiber des Berliner Ringtheaters, und geht durch die verschachtelten Räume voran, die von dem Barbereich abgehen. Er hält einen Vorhang auf, läuft weiter, bis er vor einer Tür stehen bleibt. „Hier wird gerade geprobt“, sagt er und geht leise in den Theaterraum hinein.

Ein paar Schauspieler sitzen auf dem Boden, hinter ihnen ist ein Bühnenbild angedeutet, das an die griechische Antike erinnert. Am Donnerstag ist Premiere des neuen Stücks „Sunshine Champagner“, das von einem Filmteam handelt, das wiederum ein Theaterstück inszeniert, in dem Großstädter verführt von der Pandora eine Revolution anfangen möchten.

Zu DDR-Zeit war auf dem Gelände das Lager eines Filmverleihs

Seit 2017 bringt das Kollektiv Stücke im hinteren Teil des Gebäudes auf die Bühne. „Bei uns steht erzähltes, neues Theater von jüngeren Theatermachern im Vordergrund“, erzählt Lars Werner kurz darauf im Bürocontainer der Gruppe. Der 30-Jährige hat an der Universität der Künste in Berlin Szenisches Schreiben studiert, dass er eines Tages mal ein eigenes Theater leiten würde, hätte er nicht gedacht. „Ich habe hier früher an der Bar gearbeitet und war auch noch regelmäßig als Gast da, nachdem ich aufgehört hatte. Eines Tages kam einer der Betreiber auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich nicht Theater hier machen möchte.“

Nur eine Bedingung hatte er zu erfüllen: Keine bereits verstorbenen Autoren sollten gespielt werden. Nach zwei Monaten Bedenkzeit sagte er zu, allerdings nicht alleine: Freunde unterstützen ihn und so kam es zur Gründung des neunköpfigen Ringtheater-Kollektivs. „Bei uns steht die Auseinandersetzung auch im Team an erster Stelle, deshalb dauern manche Entscheidungsprozesse länger“, erzählt Saskia Ottis – kuratiert und entschieden wird alles gemeinsam. Die 27-Jährige ist auch Teil des Kollektivs.

Lars Werner und Saskia Ottis sind Teil des Kollektivs.
Lars Werner und Saskia Ottis sind Teil des Kollektivs.

© Doris Spiekermann-Klaas

Ausgangsbasis ihres Programms ist die kritische Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Diskursen wie Gender oder marginalisierten Gruppen. Ein eigenes Ensemble haben die neun nicht, dafür eine Hausdramaturgie, die beratend zur Seite steht oder auch selbst inszeniert. „Hier findet professionelles Theater statt, gemacht von Menschen, die meist unter dreißig, vorwiegend weiblich sind, teils noch im Studium oder in der Ausbildung stecken und neue Positionen mitbringen“, erzählt Dramaturgiestudentin Ottis.

Für jede Produktion gibt es ein kleines Budget, aus dem Aufwandsentschädigungen für die Mitglieder des Kollektivs oder Gastspiele bezahlt werden. Um bessere Bedingungen zu schaffen, bewirbt sich das Theaterkollektiv auch um städtische Förderungen.

Zu DDR-Zeiten befand sich auf dem Gelände das Lager des Progress Filmverleihs. Anfang der 2000er zog der legendäre Techno-Club „Ministerium für Entspannung“ (kurz MfE) auf das Areal. Nach einem Großbrand 2009 wurde das MfE geschlossen, das Gelände stand leer, bis die Betreiber der Tilsiter-Lichtspiele und der Mitte-Kneipe Prassnik es 2012 übernahmen und das Kulturhaus eröffneten.

Der Name des Ringtheaters geht auch auf die Ringbahn zurück, sie verbindet ja Berlin und das „Zukunft am Ostkreuz“ mit dem Rest der Stadt. Bisher leistete die S-Bahn auch gute Arbeit für das Theater. „Wir haben hier kein Laufpublikum, aber unsere Vorstellungen sind immer gut besucht“, sagt Lars Werner. Insgesamt passen 99 Zuschauer in den Theaterraum – hier finden außerdem Lesungen, Talks oder Diskussionen statt.

Hört man den Theatermachern zu und schaut sich auf dem Gelände um, erscheinen die aufgeräumten und in Szene gesetzten Berliner Locations ganz weit weg.

Weitere Vorstellungen von "Sunshine Champagner" am 15. und 16. März um 20 Uhr. Berliner Ringtheater, Teil der „Zukunft am Ostkreuz“, Laskerstraße 5, berlinerringtheater.de.

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