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Buntes Berlin - aber teurer wird es, gerade hier, in Friedrichshain.

© Wolfgang Kumm/dpa

Studie zum Wohnungsmarkt: Die Mieten in Berlin sinken – und kaum einer merkt's

Das zweite Quartal in Folge sinken die Mieten für freie Wohnungen in Berlin. Teuer bleibt Wohnen trotzdem: 9,20 Euro je Quadratmeter, 10 Cent weniger.

Die Mieten sinken, aber keiner bekommt das so wirklich mit. Das gibt auch Manfred Neuhöfer zu vom "F+B Forschung und Beratung"-Institut: "Für viele Menschen in Berlin mag dies noch nicht spürbar sein, da es sich derzeit noch nicht positiv bei der Wohnungssuche bemerkbar macht." Einen Fehler bei der Auswertung der Daten oder eine zu kleine Basis bei denselben schließt er aus: 120 Internetportale sowie Angebote gedruckter Medien lägen der Auswertung zu Grunde.

Platzt also nun die Blase und bricht der Wohnungsmarkt in der Hauptstadt zusammen?

Schon gar nicht, meint der Forscher. Vielmehr sei wohl eine Grenze erreicht. Nach Jahren stetig und überdurchschnittlich steigender Mieten seien viele Berliner eben nicht mehr bereit, Miete in jeder Höhe für eine neue Wohnung zu bezahlen. Stattdessen ziehen sie weniger um. Zumal die Mieten nur minimal sinken und auch das nur gegenüber den vorangegangenen Quartalen – im Vergleich zum Vorjahresquartal müssen Umzugswillige trotzdem mehr bezahlen (plus 13 Cent). Das war auch in den vergangenen fünf Jahren so, in dieser Zeit stiegen die Angebotsmieten um insgesamt 15 Prozent.

Nicht nur in Berlin sinken die Angebotsmieten der Studie zufolge, sondern auch in anderen Städten: "In vielen der 50 teuersten deutschen Städte gibt es deutlich sinkende Angebotsmieten." Noch kräftiger als in der Hauptstadt gingen die "Neuvermietungsmieten" in München zurück: um 30 Cent je Quadratmeter oder 2,2 Prozent. Und auch in der Bayerischen Landeshauptstadt betraf der Rückgang nur die letzten beiden Quartale – im Vergleich zum Vorjahresquartal liegen sie immer noch deutlich im Plus (2,6 Prozent).

Deutschlandweit melden Forscher eine Stagnation

Sinkende Mieten gibt es auch in Stuttgart bei freien Wohnungen: im vergangenen Quartal um ein Prozent. Nicht von der Baisse am Markt betroffen sind dagegen Frankfurt am Main (plus 0,5 Prozent; 11,60 Euro), Köln (plus 5,1 Prozent; 10,20 Euro) und Düsseldorf (plus 1,7 Prozent; 10 Euro). Deutschlandweit melden die Forscher eine Stagnation.

Während die Mieten freier Wohnungen offenbar die Grenzen der Bezahlbarkeit erreicht haben, sehen Verwalter bei den vermieteten Wohnungen noch Spielraum nach oben: Die "Bestandsmieten" stiegen doppelt so stark wie die Angebotsmieten, sagen die Forscher. Bundesweit betrage der Anstieg 0,3 Prozent. In Berlin stiegen die Bestandsmieten im Vergleich zum Vorjahr von 7,39 Euro auf 7,54 Euro je Quadratmeter. Forscher Neuhöfer erklärt das unter anderem mit den seit Jahren angekündigten schärfere Regulierung der Mieten: "Da haben einige mitgenommen, was noch geht."

Unverändert steigende Kaufpreise

Keine Bremsspuren gibt es dagegen bei den Kaufpreisen von Wohnungen – und deshalb warnen die Verfasser der Studie davor, dass so manche "Rentabilitäts- und Wirtschaftlichkeitsrechnung zu Makulatur zu werden droht". Denn Privatanleger und vermögende Selbstnutzer treibe es regelrecht in den Wohnungsmarkt. Mangels Alternativen wegen der niedrigen Zinsen würden diese "um jeden Preis auf die Eigentumswohnung als Investition setzen". Darin sehen die Forscher "irrationale Motive" und sie warnen, dass dieses "spekulative Element die Entstehung von Preisblasen fördert".

Damit schließen sie sich den Warnungen der Bundesbanker an, die wiederholt in ihren Berichten vor den Risiken einer Blasenbildung hingewiesen hatte, weil die Kaufpreise von Wohnungen und Häuser viel schneller und stärker als die Angebotsmieten steigen, sich also "abgekoppelt" haben von den Mieten, die als Einnahmen zu deren Refinanzierung dienen.

Noch nie so viel Geld mit Immobilien umgesetzt

Einen "neuen Rekord im Geldumsatz" meldet auch der Gutachterausschuss für Grundstückswerte des Landes Berlin in seinem am Montag veröffentlichten "Immobilienmarktbericht Berlin". Dem kommunalen Gremium liegen alle Verträge über die in Berlin verkauften Grundstücke und Immobilien aus dem vergangenen Jahr vor, weshalb deren Zahlen als objektiv angesehen werden.

27.534 Immobilien wurden im vergangenen Jahr verkauft und dabei 19,2 Milliarden Euro umgesetzt. Da weniger Grundeigentum (minus elf Prozent) den Eigentümer wechselte, für die Objekte aber mehr investiert werden musste (plus sechs Prozent), steigen die Preise. Für Ein- und Zweifamilienhäuser zahlten Käufer 13 Prozent mehr als im Vorjahr, für Eigentumswohnungen elf Prozent mehr. Anleger auf der Suche nach Mietwohnhäuser zahlten sieben Prozent mehr als ein Jahr zuvor, bei Wohn- und Geschäftshäusern lag der Preisanstieg noch höher (plus 13 Prozent).

21.500 Euro - pro Quadratmeter

Die teuerste Wohnung in der Stadt lag im Jahr 2018 nahe Werderscher Markt in Mitte: 21.500 Euro je Quadratmeter bezahlte der Käufer, sieben Millionen Euro insgesamt. Auch die Nachfrage nach unbebauten Grundstücken für den Wohnungsbau nach wie vor hoch. Der höchste Kaufpreis wurde für ein Villengrundstück im Südwesten der Stadt in Dahlem bezahlt: zehn Millionen Euro. Nach Angaben von F+B kostete eine Wohnung in Berlin durchschnittlich 3630 Euro je Quadratmeter - und damit erstmals mehr als eine Wohnung in Köln.

Wegen der seit Jahren steigenden Immobilienpreise sind Insolvenzen so gut wie ausgeschlossen: Noch mal ein Drittel weniger Fälle verhandelten die Amtsgerichte im vergangenen Jahr, einen "neuer Tiefststand" meldet der Gutachterausschuss: 163 Fällen.

Weniger Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt

Gegen den Trend entwickelt sich nur das Geschäft mit der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumsobjekt: Fast ein Viertel weniger Wohnungen wurden auf diese Weise verkauft, knapp 13.000 Objekte. Auch bei neu errichteten Mehrfamilienhäusern ging die Zahl der Eigentumswohnungen um 15 Prozent zurück auf rund 6000.

Der Staatssekretär für Wohnen Sebastian Scheel verbuchte das als politischen Erfolg: "Die Vorgaben des Senats und die Initiativen der Bezirke greifen". In den vergangenen Jahren war die Zahl der Milieuschutzgebiete, in denen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen erst nach mehrjährigen Schutzfristen möglich sind, kräftig erhöht worden. Der Senat hatte wiederum bei Neubauvorhaben Quoten bezahlbarer Miet- und Sozialwohnungen festgelegt, was die Errichtung von Eigentumsobjekten begrenzt.

Besorgt über die steigenden Kaufpreise zeigte sich der Berliner Mieterverein: "Der durch die Preisentwicklung auf dem Immobilien- und Grundstücksmarkt erzeugte Druck auf die Mieter ist weiterhin sehr hoch", sagte Geschäftsführer Reiner Wild. Zumal der Bericht auch keine Entspannung bei den Grundstückspreisen sehe, im Gegenteil: Der "helle Wahnsinn" seien Baulandpreise von 11.000 Euro je Quadratmeter in den innerstädtischen Quartieren.

"Wohnungsbau für breite Schichten ist dort nicht mehr möglich". Anders als der Senat sieht Wild auch keine Entwarnung bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Die Zahl sei zwar zurückgegangen, aber "die meisten umgewandelte Wohnungen werden nie mehr zu günstigen Mieten angeboten".

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