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Das Ticket sollte eigentlich zum kommenden Sommersemester teurer werden.

© imago images/Michael Weber

Preiserhöhung von mehr als 100 Euro befürchtet: Studenten streiten mit Berliner Verkehrsverbund über das Semesterticket

Der Streit ums Semesterticket wird schärfer: Studierende werfen dem VBB "überzogene Forderungen" vor - und fordern ein billigeres "365-Euro-Ticket".

Weiter auseinander können die Positionen nicht liegen: Der Verkehrsverbund VBB will die Preise für das Semesterticket anheben, die Studierenden wollen es viel billiger - nämlich für 365 Euro im Jahr. Die Interessengemeinschaft Semesterticket Berlin-Brandenburg ("IG SemTix BBB") hat nun in einer Mitteilung den VBB heftig als Preistreiber kritisiert.

Die Forderungen seien unverschämt und gefährden das Modell Semesterticket.  SemTix warf dem Verkehrsverbund VBB vor, sich weiteren Gesprächen zu "verweigern".  Das vor knapp 20 Jahren eingeführte Ticket sei "akut gefährdet".

Dem widersprach der VBB energisch. "Die Darstellung der IG SemTix BBB ist falsch", sagte Sprecher Joachim Radünz. Bis einschließlich Wintersemester 2023/24 seien die Semesterticketpreise festgelegt. Da der Preis seit 2017 konstant ist, haben die Studenten sechs Jahre lang keine Erhöhung. Die meisten anderen Fahrkarten sind in dieser Zeit deutlich gestiegen.

"Es geht nur um die Zeit danach," sagte Radünz. Der VBB verhandelt im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg mit den Studierenden. "Entgegen der Darstellung ist die VBB GmbH weiterhin verhandlungsbereit".

"Den Studierenden der IG SemTix BBB wurde ein Folgetermin für eine transparente Erläuterung der Berechnungen angeboten." Allerdings hätten die Studierenden sich auf das 365-Euro-Ticket festgelegt und wollten keinerlei Kompromiss eingehen, hieß es beim VBB. Schon im Jahr 2020 hatten Studierende ein Jahresticket für 365 Euro gefordert.

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Nach Angaben der IG Semtix nannte der VBB einen Preis von 307,50 Euro pro Semester. Dies wäre eine Preiserhöhung von mehr als 100 Euro pro Semester. Derzeit zahlen zum Beispiel FU-Studierende 198,80 Euro pro Semester, also knapp 400 im Jahr.

Der VBB kontert: Die 307,50 Euro seien lediglich eine Berechnung, um zu zeigen, wieviel ein solidarfinanziertes Semesterticket VBB-Gesamtnetz ab Sommersemester 2022 kosten müsste, "damit es für die Verkehrsunternehmen kostenneutral ist", sagte Radünz. "Wir haben zu keiner Zeit gegenüber den Studierenden kommuniziert, dass dieser Preis ab 2022 zu zahlen ist", widersprach Radünz.

Offenbar ist das bei den Studierenden nicht so angekommen: „Die geplante Tarifsteigerung von 200 Euro im Jahr ist unverschämt", teilte Semtix-Verhandlungsführer Matthias Weingärtner mit. "Ich bin entsetzt über das Vorgehen des VBB. Eine derartige Steigerung ist für die Studierenden unbezahlbar.

Ob sich hier die Mehrheit der Studierendenschaften für eine Fortführung des Semestertickets entscheiden würde, bezweifle ich." Und weiter: "Das wäre dann das Ende des Solidarmodells an den Hochschulen."

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Klar ist aber auch, dass der VBB 2024 die Preise anheben will. Denn die Kassen seien leer in beiden Ländern. Bis zum Wintersemester 2023/24 sind die Preise bereits festgelegt, für den Berliner ABC-Bereich bleibt es bei 199,80 Euro, wovon 6 Euro das Land Berlin übernimmt als Corona-Hilfe. Dieser Preis wurde seit 2017 nicht erhöht.

Teurer ist das Ticket für Brandenburger Studierende zum Beispiel in Cottbus, weil die das Gesamtnetz VBB nehmen müssen - für etwa 260 Euro pro Semester.

Letztlich bestimme ohnehin nicht der VBB über die Preise, sondern die Politik, heißt es vom Verbund. Berlin hat im neuen Haushalt Mittel für das Semesterticket für Studierende eingeplant, um Preiserhöhungen ab April 2021 zu verhindern. 

"Studieren darf nicht zum Luxus werden"

Die Berliner Oppositionspartei CDU schlug sich auf die Seite der Studierenden. "Wir appellieren daher an Senat und den VBB, eine bezahlbare Lösung zu finden", sagte der Abgeordnete Adrian Grasse. "Studierende dürfen nicht ein zweites Mal zu Verlierern der Coronakrise abgestempelt werden." Und Studieren dürfe nicht zum Luxus werden, betonte er. 

Seit 2002/2003 gibt es das Semesterticket in Berlin. Nach und nach wurde es an den Universitäten eingeführt. Mittlerweile beteiligen sich knapp 50 Hochschulen, darunter alle großen und bekannten. 

Streit um das Studi-Ticket gab es schon immer. Jahrelang scheiterte der Start an immer neuen Forderungen der Studierenden, wie der Tagesspiegel vor über 20 Jahren berichtete.

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