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Bestimmt keine Erleuchtung: Die "Perlenkette aus Licht" an der S-Bahn-Brücke Bleibtreustraße hat über 200.000 Euro gekostet.

© DAVIDS

Steuerzahler-Bund prangert Verschwendung an: Eine dunkle Lichterkette für 200.000 Euro

Absurde Objekte, zweckfreie Bauten, verpeilte Schätzungen: Der Steuerzahler-Bund hält Berlin in seinem Schwarzbuch wieder massive Verschwendung vor. Wir blättern nach.

Berlin als großer Stadtstaat mit weit verstreuten Zuständigkeiten ist für den Bund der Steuerzahler alljährlich eine Fundgrube der Steuergeldvernichtung. Im aktuellen Schwarzbuch werden sieben Fälle hervorgehoben, bei denen der Schaden nur zum Teil akkurat beziffert werden kann.

Teures Pflaster

Radfahrerfreundlich - aber bremsen den Verkehr nicht: Sogenannte "Moabiter Kissen" wie hier in der Lehrter Straße kosten pro Stück 3.445 Euro.
Radfahrerfreundlich - aber bremsen den Verkehr nicht: Sogenannte "Moabiter Kissen" wie hier in der Lehrter Straße kosten pro Stück 3.445 Euro.

© dpa

Im Falle der „Moabiter Kissen“ sind die Kosten ganz genau klar: Jede dieser angeblich verkehrsberuhigenden Aufpflasterungen in der Quitzowstraße kostete 3445 Euro, 20 Stück mithin 68 900 Euro. Jeder Autofahrer weiß, was auch der Steuerzahlerbund ausprobiert hat: die Dinger sind vollkommen wirkungslos, allenfalls von mild psychologischer Bedeutung. Das gilt noch mehr für die BVG-freundlichen Mini-Kissen in der Lehrter Straße, die dem Bezirk weitere 12 600 Euro wert waren.

E-Mail für dich

Nur unwesentlich teurer als ein Moabiter Kissen ist jede Ausgabe des Newsletters, der die 3000 Mitarbeiter des Justizvollzugs und der Sozialen Dienste online auf dem Laufenden halten soll: Drei gab es im vergangenen Jahr, pro Stück für 3830 Euro. Obwohl die Senatskanzlei ein Newsletter-Tool gratis bereitstellt, wurde eine Agentur beauftragt, deren Hauptaufgabe darin liegt, die von der Verwaltung bereitgestellten Texte sprachlich und redaktionell aufzuarbeiten. Hohn des Steuerzahlerbunds: „Versteht die Verwaltung jetzt vielleicht ihr eigenes Amtsdeutsch nicht mehr?“

Hecken aus Beton

Ganz und gar unverständlich für ausnahmslos jeden Beobachter sind zweifellos die grauen „Sitzkiesel“ im Moabiter Ottopark, die dort irgendeinen Zweck erfüllen sollen: ovale Betonfladen, nach Angaben ihrer Schöpfer „wiederkehrende, identitätsstiftende Elemente, die sich in Dimension und Form den Heckenkörpern annähern“, auch „praktische, bespielbare und nutzbare Sitzmöbel“. Nachdem sich die seltsamen Objekte vor allem als beschmierbar erwiesen hatten, schaute der Steuerzahlerbund in den Bauakten nach und addierte 279 905 Euro für insgesamt elf Stück. Da weitere noch in Arbeit sind, werde sich die Gesamtsumme auf etwa 360 000 Euro hinaufkieseln, hieß es.

Teure Kette

In ähnlichen Dimensionen bewegen sich die Kosten für die „Perlenkette aus Licht“, mit der die West-City anmutig geschmückt werden soll. Eine der acht geplanten Einzelketten ist in Betrieb, und zwar an der S-Bahn-Brücke Bleibtreustraße. Sie hat 202 906 Euro gekostet, 56 Prozent mehr als veranschlagt. Der Steuerzahlerbund hat überdies die Lichtelemente gezählt und ist auf ein Minus von 35 Prozent gegenüber dem Entwurf gekommen. So verwundere es auch nicht, heißt es im Schwarzbuch, „dass die alte Straßenlaterne unter der Brücke heller leuchtet als die Lichtinstallation selbst“. Senat und Bezirk schweigen zum weiteren Vorgehen, denn der Bezirk zahlt nur die Projektsteuerung, während die Installation selbst schmerzfrei aus einem Bund-Länder-Topf finanziert wurde: „Aktive Stadtzentren“.

Gerodeter Schilderwald

Einen Erfolg hat der Steuerzahlerbund im vergangenen Jahr errungen: Die Halteverbotsschilder an der Heiligenseestraße im Tegeler Forst wurden 2013 überwiegend abgeschraubt, 50 Stück auf 1,6 Kilometer Straße, und auch der nie vollendete Radler-Schutzstreifen verschwand, den die Schilder im Auftrag der Verkehrslenkung freihalten sollten. Wozu das alles gut war, bleibt rätselhaft, denn es gibt weiterhin parallel einen schön gelegenen Radweg im Wald. Dessen Sanierung war den Verantwortlichen aber seinerzeit wohl zu aufwendig. Nun existiert immerhin die Hoffnung, dass die Schilder anderswo verwendet werden können.

Hallen des Staates

Das SEZ ist längst kein Schwimm- und Sportzentrum mehr.
Das SEZ ist längst kein Schwimm- und Sportzentrum mehr.

© Kitty Kleist-Heinrich

Zwei weitere wohlbekannte schwarze Löcher der Berliner Haushaltsführung werden im Schwarzbuch erneut aufgeführt und seziert: die Staatsoper, die finanziell immer mehr zum Staatsopfer wird, sowie die Schwimmhalle SEZ, die 2003 für einen symbolischen Euro verschenkt wurde mit der Auflage, dort innerhalb von fünf Jahren ein Spaßbad einzurichten. Neues gibt es von der Bauruine nicht zu berichten, außer, dass die Finanzverwaltung kommentarlos 900 Euro hinlegte: Prozesskosten für eine Auskunftsklage, mit der ihr beharrliches Schweigen durchbrochen werden sollte.

Abflug unbekannt

Und der Flughafen BER? Den führt der Steuerzahlerbund mit dem ähnlich irren BND-Neubau unter „Bund“. Doch auch den scharfzüngigen Rechnern fällt zu beiden Projekten nichts mehr ein: „Minusgeschäft für den Steuerzahler“ heißt es zum Flughafen. Was wohl die Untertreibung des Jahrzehnts sein dürfte.

Lesen Sie hier, was der Bund der Steuerzahler bundesweit noch angeprangert hat.

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