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Welche Vereinbarungen traf die Senatskulturverwaltung mit dem ehemaligen Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen?

© Paul Zinken/dpa

Exklusiv

Stasiopfer-Gedenkstätte: Die Akte Knabe wird wieder geöffnet

Nach Sexismusvorwürfen verweigerte Berlins Kultursenator Lederer Auskünfte zum Ex-Gedenkstättenleiter. Zu Unrecht – hat das Verwaltungsgericht nun entschieden.

Über die Höhe der Abfindung, die Hubertus Knabe nach 17 Jahren als Direktion der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen bekam, herrschte bislang striktes Stillschweigen. Das war Teil der Abmachung mit der Senatskulturverwaltung, damit Knabe die Klage gegen seine Kündigung zurückzieht. Bislang konnte über die Höhe der Abfindung nur spekuliert werden: Nach Knabes Gehaltsstufe und nach seiner Dienstzeit könnte es ein Betrag vom mittleren fünfstelligen Bereich bis zu 100 000 Euro sein.

Mit den Spekulationen dürfte es nun vorbei sein. Das Verwaltungsgericht Berlin hat auf einen Eilantrag des Tagesspiegels entschieden, dass Kultursenator Klaus Lederer (Linke) Auskunft über Höhe und begleitende Vereinbarungen zur Abfindung darlegen muss (Az.: VG 27 L 6.19). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Senatskulturverwaltung kann noch Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen. Lederer muss nach dem in erster Instanz ergangenen Beschluss auch bislang verweigerte Auskünfte zu Vorwürfen sexistischer Verhaltensweisen gegen Knabe erteilen.

"Hohes gesamtgesellschaftliches Interesse“

Der Rauswurf des langjährigen Gedenkstättenleiters war bislang offiziell damit begründet worden, Knabe sei nicht entschieden genug dagegen vorgegangen, dass sein Stellvertreter Helmuth Frauendorfer Frauen sexuell belästigt haben soll. Allerdings soll es dem Vernehmen nach auch Schilderungen von Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte gegeben haben, wonach Knabe selbst zumindest durch unangemessene Äußerungen und Verhaltensweisen auffällig geworden sein soll. Die Senatsverwaltung hat die Vorgänge von einer Rechtsanwältin umfangreich untersuchen lassen, hält die Ergebnisse jedoch unter Verschluss.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts dürfen entsprechende Informationen dennoch nicht zurückgehalten werden. Die vertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung stehe dem presserechtlichen Auskunftsanspruch ebenso wenig entgegen wie Vorschriften des Datenschutzes. Auch werde das laufende Verfahren um die Kündigung von Ex-Vize Frauendorfer vor dem Arbeitsgericht nicht beeinträchtigt. Der Schutz von Knabes Persönlichkeitsrechten müsse zurücktreten. Die Personaldebatte habe „eine politische Dimension erreicht“, da sich das Abgeordnetenhaus mit einem Untersuchungsausschuss befasse.

Hubertus Knabe sei zudem eine „Person des öffentlichen Lebens“, er habe sich wissenschaftlich engagiert und Einzelheiten zu seinem Fall via Twitter selbst öffentlich gemacht, heißt es weiter. Er müsse es „hinnehmen, dass das öffentliche Interesse an seiner Person höher ist als das öffentliche Interesse an anderen Berufstätigen im öffentlichen Dienst“. Bei den Vorwürfen gehe es außerdem um „Sachverhalte, die ausschließlich im Zusammenhang mit seiner beruflichen Betätigung stehen“. Hinsichtlich der Abfindung erklärten die Richter, es bestehe an der „transparenten Verwendung von Steuergeldern (…) ein hohes gesamtgesellschaftliches Interesse“.

CDU will eigenen Antrag für Untersuchungsausschuss einbringen

Im Abgeordnetenhaus läuft es auf einen Untersuchungsausschuss hinaus. Für den Antrag der FDP reichte es nicht, die CDU will einen eigenen Antrag einbringen. Es wird erwartet, dass FDP und AfD diesen mittragen. Zunächst war CDU-Fraktionschef Burkard Dregger gegen einen Knabe-Ausschuss, die Kritiker dieses Kurses setzten sich aber durch. Das könnte auch CDU-Landeschefin Monika Grütters in Bedrängnis bringen.

Sie hatte als Kulturstaatsministerin Lederers Kurs in der von Berlin und Bund finanzierten Gedenkstätte maßgeblich mitgetragen. Grütters bedauerte bereits, dass „wir nicht über die betroffenen Frauen, sondern immer nur über Knabe sprechen“. Der Plan der CDU-Fraktion für einen Untersuchungsausschuss sei „falsch und schädlich“ für die Gedenkstätte und Knabe, hatte Grütters gewarnt - sie konnte die Fraktion aber nicht umstimmen.

Hubertus Knabe war wegen seines Umgangs mit Belästigungsvorwürfen gegen seinen damaligen Vize Ende September entlassen worden. Er habe die Missstände über Jahre geduldet, gedeckt und durch seinen Führungsstil befördert. Grütters sagte im Herbst über Knabe: „Er hat aber trotz mehrmaliger Ansprache nicht den Willen gezeigt, an der Situation in der Gedenkstätte etwas zu verändern.“ Knabe hatte die Vorwürfe bestritten.

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