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STADTMENSCHEN: Kämpferin der Frauen: Lore Maria Peschel-Gutzeit wird 80

Eine Berliner Gestalt ist sie längst, obwohl sie stolze Hamburgerin ist und ihre Zeit als Justizsenatorin schon ein paar Jahre zurückliegt. Aber ihr Anwaltsbüro, in dem sie noch täglich einen vollen Arbeitstag hinter sich bringt, befindet sich am Kurfürstendamm.

Eine Berliner Gestalt ist sie längst, obwohl sie stolze Hamburgerin ist und ihre Zeit als Justizsenatorin schon ein paar Jahre zurückliegt. Aber ihr Anwaltsbüro, in dem sie noch täglich einen vollen Arbeitstag hinter sich bringt, befindet sich am Kurfürstendamm. Und wo immer die Stadt sich als Gesellschaft zeigt, auf Empfängen, Vorträgen und Kulturereignissen, ist Lore Maria Peschel-Gutzeit zu finden: Hochgewachsen, die Haare phantasievoll aufgesteckt, Dame und Respektsperson. Den Grund für diese Rolle hat sie eben in einem Buch offenbart („Selbstverständlich gleichberechtigt“, Hoffmann und Campe Verlag). Es beschreibt ein couragiertes Leben: alleinerziehend, drei Kinder, voll berufstätig. Sie verband den beruflichen Aufstieg mit dem Einsatz für Frauen. Das ergibt ein beeindruckendes Zeitbild, das drastisch die Vorbehalte und Vorurteile in Erinnerung bringt, mit denen Frauen in Beruf und Gesellschaft konfrontiert waren. Peschel-Gutzeit, selbstbewusste Juristin, wollte sich damit nicht abfinden.

Sie hat vieles bewirkt. Peschel-Gutzeit wurde die erste Vorsitzende eines Senats beim Oberlandesgericht Hamburg, war viele Jahre Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes und Senatorin in Hamburg und Berlin. Auf sie geht die sogenannte „Lex Peschel“ zurück, die Teilzeitbeschäftigung und Familienurlaub für Beamtinnen einführte – ein Markstein der Emanzipation. In vielen familienrechtlichen Reformen der vergangenen Jahrzehnte finden sich ihre Spuren. Sie hat aber auch die juristische Auseinandersetzung mit der DDR-Regierungskriminalität betrieben und zugleich das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile initiiert.

Dabei zog Lore Maria Peschel-Gutzeit nie auf die Barrikaden von Provokation und ideologischer Radikalität. Ihr Weg, so bekennt sie „war eher die stille, aber unbeirrbare Revolution“, weshalb sie sich – obwohl sie mit Alice Schwarzer freundschaftlich verbunden ist – auch nicht als Feministin im Sinne der Frauenbewegung der siebziger Jahre versteht. Ist sie eine Art Wolf im Schafspelz, wie sie meint? Oder die Emanzipation in der mit großen Kragen-Schleifen geschmückten Bluse? Und dass die vielleicht die wirksamere Form gesellschaftlicher Veränderung ist? An diesem Freitag wird Lore Maria Peschel-Gutzeit 80 Jahre alt. Hermann Rudolph

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