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Stadtleben: Stadt der Tore

Ein Buch erinnert an die alte Berliner Zollmauer

Zu den Präsenten, die Berlin anlässlich seiner 750-Jahr-Feier 1987 erhielt, gehörte auch eine neue Mauer. Sie war nur rund 13 Meter lang und vier Meter hoch und zudem ohne mauerübliche Funktion. Genaugenommen war sie nicht mal neu, sondern der Nachbau einer zu Recht verschwundenen Mauer, die einst ganz Berlin umgab: die Akzisemauer, errichtet im 18. Jahrhundert unter Friedrich Wilhelm I. und ab 1865 wieder abgetragen. Nicht sehr gründlich, wie sich bei dem vom Bezirksamt Kreuzberg betriebenen Neubau zeigte: Bei den Vorarbeiten in der Stresemannstraße, zwischen Möckern- und Hedemannstraße, tauchten die Fundamente auf, die der Landeskonservator, wenngleich er die Attrappe selbst fragwürdig fand, sogleich unter Schutz stellte.

Selbstverständlich findet sich auch dieses Detail aus der Mauergeschichte in dem Buch, das der Historiker Helmut Zschocke über die alte Zollmauer, „die vorletzte Mauer der Stadt“, vorgelegt hat. Allerdings gibt er die Baukosten für das Mäuerchen nur mit 20 000 DM an, obwohl es doch das Zehnfache war.

Der Name Akzisemauer täuscht, nennt nur eine Funktion des Bauwerks, während es doch ein ganzes Bündel gab. Die Mauer markierte die Berliner Zollgrenze, erlaubte im Warenverkehr die bequeme Erhebung von Steuern an den Stadttoren. Zugleich diente sie aber auch militärischen Zwecken, weniger für die Verteidigung, sondern um die desertierfreudigen Soldaten der Garnison unter der Knute zu halten. Auch erleichterte sie die Polizeiarbeit, niemand konnte unkontrolliert die Residenz betreten oder verlassen.

Ist der „Ringmauer im Berliner Leben“ der erste große Abschnitt des Buches gewidmet, so unternimmt Zschocke im zweiten einen Rundgang „Von Tor zu Tor“. Zuletzt waren es insgesamt 20, und dem Leser wird nicht nur deren Baugeschichte geschildert, er erfährt sogar auf den Meter genau, wie weit sie von einander entfernt waren. Solche Detailiertheit prägt das ganze Buch, dessen Autor denn auch vom Verlag als „begeisterter Berlin-Flaneur“ empfohlen wird. Dessen gemächliches Herumspazieren spiegelt sich aber allzu deutlich im Buch, das dem durchschnittlich geschichtsbegeisterten Leser doch ein erhebliches Interesse an den Verästelungen der Mauergeschichte abfordert. Andreas Conrad







— Helmut Zschocke:
Die Berliner Zollmauer. Die vorletzte Mauer der Stadt. Berlin Story Verlag. 191 Seiten, 200 Abbildungen, 19,80 Euro

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