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Stadtleben: Rendezvous von Kunst und Mode

Go Art organisiert Führungen zu Labeln und Galerien. Nicht selten sind die Künstler selbst vor Ort und begrüßen die Gäste.

Biolek redet immer dazwischen, und zwar gleich in vierfacher Ausführung: Die Stimme kommt aus vier Fernsehern, die in der Küche des Künstlers Christian Jankowski verteilt sind. Miriam Halwani stört das nicht besonders. Die Kunsthistorikerin erzählt gerade einer Besuchergruppe, dass Jankowski vor einiger Zeit in Alfred Bioleks Fernsehkochshow Bohnensuppe zubereitet hat – und so auf die Idee kam, aus seiner Küche ein Kunstwerk zu machen. Deshalb steht sie jetzt in der Galerie Klosterfelde: Herd, Tisch, Stühle, sogar der Kaktus und der Karton mit altem Plunder unter der Spüle.

Miriam Halwani, Stadtführerin bei der Firma Go Art, und ihre Gruppe sind gerade in der Galerie Klosterfelde angekommen, ganz hinten in einem Hinterhof an der Kreuzberger Zimmerstraße 90. Zufällig hätte man sie bestimmt nicht gefunden. Go Art hat sich darauf spezialisiert, Touristen und Berliner zu den Orten der Kunst und der Mode in der Stadt zu führen. Rund 400 Galerien und 6000 Künstler gebe es in der Stadt, sagt Halwani. Oft treffen ihre Gruppen auf Designer und Künstler. Christian Jankowski ist tatsächlich da, er ist gerade mit dem Aufbau seines Kunstwerks fertig und packt in der Küche seine Tasche. Die Besucher beäugen ihn neugierig, sie haben gerade von Halwani gehört, dass er für eine Kunstaktion Obst im Supermarkt mit einem Bogen „abgeschossen“ hat. Als er zur Kasse ging, steckten noch die Pfeile in den Äpfeln.

Dann geht es auch schon weiter, viel Zeit bleibt in keiner der Galerien, die auf dem Programm stehen. An der Zimmerstraße findet sich auch Arndt und Partner, im ersten und zweiten Stock. Dort zeigt Halwani die Skulpturen und Bilder von Anton Henning, der sich mit seinen Arbeiten die letzten 200 Jahre der Kunstgeschichte auf ironische Weise vornimmt. Zum Beispiel mit seinem Ölgemälde, dessen barocke Machart eine Landschaft zeigt – allerdings mit einem abstrakten Kringel in der Mitte, seinem Markenzeichen. Bis zu 90.000 Euro würden die „Hennings“ kosten, sagt Halwani. Doch wer mit ihr unterwegs ist, muss sich nicht seltsam fühlen, weil er nichts kaufen will. „Die Galeristen haben nichts dagegen, dass man nur zum Gucken kommt“, versichert sie.

Weiter geht es dann zur Kochstraße und zur Lindenstraße. Halwani erzählt, wie die Gegend in den letzten Jahren zur wichtigsten Galerieszene der Stadt wurde, nämlich als die Galeristen in Mitte so erfolgreich wurden, dass sie mehr Platz brauchten. Den fanden sie in der Nachbarschaft um den Checkpoint Charlie. In Mitte ist heute eher der „Mode-Kiez“ um die Alte Schönhauser Straße zu finden. Dorthin geht es jetzt zur nächsten Station der Führung. An der Almstadtstraße übernimmt die Modejournalistin Stella Hampel die Gruppe, bringt sie zum Laden und Atelier des Labels „von Wedel und Tiedeken“. Dort wartet schon Designerin Regina Tiedeken, ehemalige Assistentin von Vivienne Westwood, die auch Filmproduktionen wie den Tatort ausstattet. Ihr sei das „kreative Chaos“ in ihrem Atelier ein bisschen peinlich, sagt sie.

Bei Kyung Shin Lee vom Label Lee Fleur in der Mulackstraße ist es im Gegensatz dazu sehr aufgeräumt, das Atelier erahnt man nur durch eine halbtransparente Schiebetür. Zarte Abendkleider in Pastelltönen hängen im Laden. Sie ziehe bald nach Charlottenburg, sagt Kyung Shin Lee. Die Gruppe sieht sie wissend an. Stella Hampel hatte sie mit dem neuesten Klatsch vorbereitet: Die Designerin hat sich anscheinend mit ihrer Partnerin zerstritten.Daniela Martens

Go Art bietet für Tagesspiegelleser am Sonnabend 29.3. um 14 Uhr eine Gratisführung durch die Galerien und Modelabel in Mitte. Teilnehmen können die ersten zehn Leser, die am heutigen Dienstag ab 10 Uhr unter Tel. 251 67 07 anrufen. Sonst kostet eine zweistündige Tour ab 158 Euro für sechs Personen.

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