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Festumzug: Kinderkarneval: Ein Hauch von Bollywood

Vor dem großen Festumzug am Sonntag feiern die Kids am Samstag schon mal ihren Kinderkarneval der Kulturen.

Die Farben der bunten Kleider leuchten mit den Augen der Mädchen um die Wette. Aus den Boxen kommt indische Musik, der Song heißt „Dil dooba“ und geht ins Ohr und in die Beine. Aufmerksam blicken Yeliz, Elif, Gizem und ihre acht Freundinnen zum Tanzlehrer Mayoo, der schnell noch mal eine kleine Schrittfolge erklärt.

Nur eine Woche hatten die Mädchen der sechsten Klasse der Fichtelgebirge-Grundschule Zeit, für ihren heutigen Auftritt auf dem 13. Kinderkarneval der Kulturen in Kreuzberg zu proben. Auch die Jungen der Klasse sind beim Straßenumzug dabei, der um 13.30 Uhr auf dem Mariannenplatz startet und zum Görlitzer Park führt, wo im Anschluss ein großes Kinderfest stattfindet. Geübt haben die Schüler türkischer, kurdischer, arabischer, irakischer, afrikanischer und polnischer Herkunft im Verein Kreuzberger Musikalische Aktion, kurz KMA, am Mehringplatz. Gleich zu Wochenbeginn haben sich Damian, Nelson, Kerim und die anderen Jungs fürs brasilianische Trommeln entschieden. Tanzen sei schließlich Mädchensache.

„Dabei gehört zu dem Liebeslied ’Dil dooba’ ein Paartanz. Als keiner der Jungen mittanzen wollte, haben wir die Choreografie geändert“, erzählt Mayoo, der eigentlich Mayooran Jothilingam heißt, indische Wurzeln hat und schon lange als Tanztrainer arbeitet. Die Attraktivität und nette, lockere Art des 26-Jährigen trugen vielleicht dazu bei, dass jedes der zwölf Jahre alten Mädchen unbedingt in die Bollywood-Gruppe wollte. Andersherum gab es aber einen Jungen, der sich den Tanz heimlich von den Mädchen beibringen ließ. „Schließlich macht Tanzen auch viel Spaß“, sagt Emre und lächelt etwas verschämt, als fühle er sich ertappt. In der Trommelgruppe ist er einer der Besten, lässig steht er mit der großen Trommel um den Hals da, wie ein Profi die Hüfte wegen des Gewichts leicht eingeknickt. Auch zu Hause trommelt er.

Bei der Generalprobe kam es erstmals darauf an, Tanzen und Trommeln im Vorwärtsgehen zu üben: gar nicht so einfach und ganz schön aufregend, da immer wieder Windböen die indischen Kostüme der Mädchen durcheinanderwehten und rund um den Mehringplatz die Passanten interessiert stehen blieben und klatschten. Doch nach einigen Anfangsschwierigkeiten klappte dann alles prima. Nur das Schritttempo könnte für Mayoo etwas schneller sein. Denn ein Problem, das sowohl beim Kinderkarneval als auch beim „erwachsenen“ Karneval der Kulturen auftritt, sind die großen Lücken zwischen einzelnen Umzugsgruppen. „Das ist gerade bei Kindern kaum zu vermeiden und nicht so schlimm“, sagt Vassiliki Gortsas, die den Kinderkarneval organisiert. Schließlich solle die Veranstaltung nicht in Stress ausarten. Über 1000 Kinder haben sich für den Kostümumzug unter dem Motto „Der Eisvogel ist los“ angemeldet, doch es dürften weit mehr werden. Kein Problem, so Gortsas: „Alle sind willkommen, ob angemeldet oder nicht.“ Nadja Mau von der Werkstatt der Kulturen, die den Karneval der Kulturen veranstaltet, ist gegen strenges Umzugsreglement. Zwar werden die 100 Gruppen beim morgigen großen Karnevalszug von 133 Zugordnern und Helfern auf Rollerskates begleitet, um Unterbrechungen zu vermeiden. Großen Druck, schneller zu laufen, solle es aber nicht geben: „Das würde die tolle Stimmung nicht weniger kaputt machen als die Lücken“, so Mau. Die können sogar sinnvoll sein. Denn wenn der fetzige indische Song der Mädchen und das kraftvolle Trommeln der Jungen einander übertönen, haben beide Gruppen Schwierigkeiten, ihren Rhythmus zu halten. Einige Meter Abstand sind da gar nicht schlecht. Und die Familien und Freunde am Straßenrand haben umso mehr Zeit zu staunen und zu applaudieren.

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