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© dpa

Denkmalschutz: Berliner Wohnsiedlungen werden Weltkulturerbe

Sechs Berliner Wohnsiedlungen der Moderne sollen Weltkulturerbe werden. Auch ohne diesen Status sind sie ein Gewinn für die Stadt - und Verpflichtung zum Denkmalschutz.

Mehr als 10 000 Berliner schwankten gestern zwischen der Vorfreude, in einem Weltkulturerbe zu wohnen und lässigem „mal sehen“: Erst gegen Mitternacht wurde die Entscheidung in Kanada erwartet. Bernhard Elias von der „Deutsche Wohnen“ , früher Gehag, war schon Montagmittag ziemlich sicher, dass sechs Berliner Siedlungen von der Unesco-Vollversammlung zum Weltkulturerbe erklärt werden. „Sehr viele Anzeichen sprechen dafür“. Die Gesellschaft hatte mit der Hufeisensiedlung, der Weißen Stadt und Siemensstadt, an der auch die GSW beteiligt ist, gleich drei Trümpfe aufzubieten.

Der Sekt stand – symbolisch – schon kalt, auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wartete gespannt und optimistisch auf den Live-Bericht von Landeskonservator Jörg Haspel aus Québec. Aber die mögliche Ablehnung des Antrags und Worte des Bedauerns waren durchaus einkalkuliert, obwohl die Findungskommission der Unesco den Antrag schon befürwortet hatte. War es nur noch reine Formsache? Wie auch immer: Senatsverwaltung und Wohnungsgesellschaften hielten es allein schon gut fürs Image der Siedlungen und für den Ruf Berlins, dass sich die Unesco dieser beispielhaften „Siedlungen der Moderne“ aus der Anfangszeit des letzten Jahrhunderts angenommen hatte. Der Antrag galt als fundiert. Unesco-Inspektoren waren mehrmals am Ort, auch unangemeldet. Dort tagte auch die Denkmalschutzkommission Icomos, die für die Unesco die Weltkulturerbe-Kandidaten untersucht. Die Hoffnungen Berlins, nach der Museumsinsel und der mit Potsdam gemeinsamen Park- und Schlösserlandschaft ein weiteres Weltkulturerbe zu beherbergen, schienen gut begründet. Auch die Wohnungsgesellschaften, denen die Siedlungen gehören, standen hinter dem Antrag, gründeten dafür die Initiative Weltkulturerbe.

Für die Wohnanlagen hätte die Anerkennung nicht zur Folge, zu bewohnten Museen zu werden, versicherte Elias. Schon jetzt gebe es ein strenges Denkmalschutzgesetz mit Vorbildcharakter für andere Länder, auch die Richtlinien der Unesco seien nicht schärfer. Aber die Siedlungen erhielten mit dem Status des Weltkulturerbes „endlich die Anerkennung, die sie verdienen.“ Und wer hier wohne, bekomme vielleicht mehr Respekt vor seinem Umfeld. In der Britzer Hufeisensiedlung habe man erfahren, dass gerade jüngere Leute den Wert des Denkmalschutzes schätzten. Gebrauchsimmobilien, so Elias, ließen sich nicht museal konservieren, sofern es nicht um die äußere Hülle, um Fenster, Türen, Dächer und Außenanlagen gehe. Sie müssten sich entwickeln, dem heutigen Wohnstandard entsprechen. Weil es schon vor den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes so viele Veränderungen gegeben habe, sei etwa die Zehlendorfer Onkel-Tom-Siedlung nicht im Kulturerbe-Antrag berücksichtigt worden.

In der Weißen Stadt in Reinickendorf werden Kunstofffenster wieder durch historische ersetzt, wenn Mietparteien ausziehen. Bei Verkauf von Reihenhäusern der Hufeisensiedlung verlangt die Deutsche Wohnen, dass bei Veränderungen der Denkmalschutz berücksichtigt wird. Verstöße seien „Einzelfälle“, hieß es.

Neben diesen Siedlungen waren die Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg (Eigentümer: Pirelli RE), die Gartenstadt Falkenberg in Treptow-Köpenick und die Siedlung Schillerpark in Wedding (beide gehören der Berliner Baugenossenschaft von 1892) zu Höherem berufen. Christian van Lessen

Christian van Lessen

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