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Richter:innen und Staatsanwält:innen mit Kopftuch? Die Frage spaltet die rot-rot-grüne Koalition.

© picture alliance / Uwe Anspach/d

SPD-Abgeordnete gehen „politisch pinkeln“: Berliner Kopftuchstreit stellt Rot-Rot-Grün auf neue Probe

Die CDU bringt einen Antrag ein, Kopftücher bei Richterinnen und Staatsanwältinnen zu verbieten. SPD-Abgeordnete signalisieren Zustimmung – durch Abwesenheit.

Der Kopftuchstreit belastet die rot-rot-grüne Koalition weiter. Um nicht gegen einen CDU-Antrag stimmen zu müssen, aber auch den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden, sind in einem einmaligen Vorgang alle drei üblichen Vertreter der SPD am Mittwoch dem Rechtsausschuss im Abgeordnetenhaus ferngeblieben.

Der rechtspolitische SPD-Sprecher Sven Kohlmeier sagte dem Tagesspiegel: „Ich stimme dem Antrag inhaltlich zu und gehe deshalb politisch pinkeln, wie man das so sagt.“

Auch die Abgeordneten Tom Schreiber und Florian Dörstelmann blieben fern. Der Antrag wurde dennoch mit allen Stimmen der Koalition abgelehnt: Kohlmeier wurde durch den Parlamentarischen Geschäftsführer Torsten Schneider vertreten, außerdem waren für die SPD die Ausschussmitglieder Susanne Kitschun und Parlamentspräsident Ralf Wieland anwesend.

In dem CDU-Antrag „Staatliche Neutralität wahren – grüne Ideologie verhindern“ wird der Senat aufgefordert, Rechtsreferendarinnen das Tragen eines muslimischen Kopftuchs zu verbieten. Er war bereits fünfmal auf der Tagesordnung des Rechtsausschusses, wurde von der Koalition aber jedes Mal so weit nach hinten verschoben, dass die Zeit nicht ausreichte, um ihn zu behandeln.

SPD verteidigt das seit 2005 geltende Neutralitätsgesetz

Mitte des vergangenen Jahres hatte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) Richter:innen und Staatsanwält:innen freigestellt, im Gerichtssaal religiöse Symbole zu tragen – solange sie sich in Ausbildung befinden und von ihren Ausbilder:innen begleitet werden. Das hatte auch den Koalitionspartner erbost. Die SPD sieht darin einen Verstoß gegen das seit 2005 geltende Neutralitätsgesetz.

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Kohlmeier hatte Behrendt daraufhin im Abgeordnetenhaus Alleingänge und Respektlosigkeit gegenüber seinen Senatskollegen vorgeworfen. Das seit 2005 geltende Neutralitätsgesetz verbietet das Tragen religiöser Symbole wie Kippa, Kreuz oder Kopftuch für Berliner Beamt:innen und allen Angestellten in allgemeinbildenden Schulen, Kitas und sonstigen pädagogischen Einrichtungen außer Berufsschulen. Vor Gericht kassiert es aber immer wieder Niederlagen.

Berendt will das Gesetz deshalb reformieren und etwa Berliner Lehrer:innen das Tragen von Kopftüchern erlauben. Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) hingegen will das Neutralitätsgebot in seiner jetzigen Fassung unbedingt aufrecht erhalten und hatte im Februar angekündigt, notfalls bis vors Verfassungsgericht zu ziehen – was Behrendt als „sinnfreie Prozesshanselei“ bezeichnete.

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