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Sicheres Radfahren auch für Kinder auf den Pop-Up-Radwegen, wie am Prellerweg. 

© Jörn Hasselmann

Update

Fahrradklima-Test des ADFC: Sonderpreis für Berliner Pop-up-Radwege

Berlin bekommt beim ADFC einen Sonderpreis für die neuen Pop-up-Radwege. Doch die Gesamtbewertung der Hauptstadt bei Radfahrern ist noch immer schlecht.

Beim ADFC-Fahrradklima-Test hat Berlin für die in der Corona-Pandemie entstandenen Pop-up-Radwege einen Sonderpreis erhalten. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und ADFC-Vorstand Ulrich Syberg stellten am Dienstagvormittag die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2020 vor. 

Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese nahm den Sonderpreis für die Großstadt entgegen, die "seit Corona am meisten für den Radverkehr getan hat". "Der Preis bestätigt uns in dem, was wir gestartet haben", sagte Streese. Berlin ist im deutschlandweiten Ranking unter den 14 Großstädten von Platz zwölf auf Platz neun geklettert.

Doch die Gesamtbewertung für Berlin ist nach Angaben des Fahrradclubs immer noch schlecht: Berliner Radfahrer gaben die Note 4,14 - schlechter als "ausreichend" in der Schule also. 5630 Berliner haben im Herbst 2020 an der ADFC-Umfrage teilgenommen.

Streese sagte, dass im vergangenen Jahr 27 Kilometer geschützter Radwege in Berlin entstanden sind. Letztlich verdankt Berlin den Preis aber einem einzigen Bezirk: Etwa 20 der 27 Kilometer entstanden in Friedrichshain-Kreuzberg, sonst gab es nur noch in Charlottenburg-Wilmersdorf mit der Kantstraße einen nennenswerten Beitrag. 

Dennoch haben die neuen Radwege und die Diskussion über das Fahrrad in der Umfrage Niederschlag gefunden. Bei der Frage, ob es "in jüngster Zeit Verbesserungen für den Radverkehr" gab, stieg die Zufriedenheit deutlich an, nämlich von Schulnote 4,2 auf 3,4. Das ist aber der einzige Punkt, bei dem es eine deutliche Verbesserung gab.

Ansonsten dümpelt Berlin in fast allen Punkten zwischen ausreichend und mangelhaft: Mehr als die Hälfte der Befragten empfindet Radfahren noch immer als Stress (Note 3,9). Etwa 60 Prozent der Befragten fühlen sich in Berlin weiterhin im Verkehr nicht akzeptiert (Note 4,2). Mehr als 80 Prozent der Befragten fühlen sich im Berliner Verkehr nach wie vor nicht sicher (Note 4,7). 86 Prozent kritisieren die Radwege als ungeeignet für Kinder oder Ältere.

Eine Klatsche für Polizei und Ordnungsämter

Sogar 90 Prozent gaben an, dass "Falschparker auf Radwegen großzügig geduldet" werden. Mehr als die Hälfte der Befragten gab die schlechteste Note "ungenügend" - eine Klatsche für Polizei und Ordnungsämter.

Immer wieder kritisieren Aktivisten und Verbände, dass selbst grob behindernd oder gefährdend geparkte Fahrzeuge nicht abgeschleppt werden, sondern mit einem Knöllchen für zehn Euro davon kommen. 91 Prozent halten den Zustand der Radwege für zu schmal, zu holperig oder kritisieren, dass im Winter nicht geräumt werde.

Eine "Aufstellfläche" für Radfahrer am Innsbrucker Platz. 

© Jörn Hasselmann

ADFC-Vorstand Frank Masurat bemängelte das Tempo der Berliner Verwaltung: "Es kommt zu wenig auf der Straße an." Dies führe bei vielen Menschen zu Frust und bei einigen zu Wut. Das Mobilitätsgesetz müsse "dramatisch schneller auf den Straßen ankommen", sagte er. Ähnlich hatte die ADFC-Vizebundesvorsitzende Rebecca Peters bei der Präsentation der bundesweiten Zahlen formuliert: "Radverkehr ist keine Raketenwissenschaft." 

Doch Vieles, was die Verkehrsverwaltung angekündigt habe, sei immer noch nicht fertig, kritisiert der Berliner ADFC. Der Leitfaden für Baustellen zum Beispiel oder der Plan für das Radnetz sollten 2019 beziehungsweise 2020 fertig sein. 

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Masurat forderte erneut eine Task Force „Verkehrssicherheit“. Kreuzungen sollten sicher umgestaltet werden, wozu auch das Ende von zweistreifigen Abbiege-Spuren für Kfz gehört. Hauptverkehrsstraßen der zweiten und dritten Ordnung sollten nur noch einspurig sein, Tempo 30 ausgeweitet werden. Und Kreuzungen, an denen es schwere Unfälle gab, die von der Infrastruktur "maßgeblich" mitverursacht wurden, "dürfen nicht wieder in Betrieb gehen", hieß es beim ADFC. 

Einen Hoffnungsschimmer hat der ADFC. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg habe gezeigt, dass "agile Verfahren" in der Verwaltung möglich seien. "Dieses Tempo brauchen wir in der ganzen Stadt." 

Auch wenn in Kreuzberg in den letzten Monaten keine neuen Poller-Radwege entstanden sind, bleibt der Bezirk aktiv: In der vergangenen Woche wurden in der Körtestraße die ersten versenkbaren Poller in einer Berliner Fahrradstraße eingebaut. Zuvor hatten zahlreiche Autofahrer die Verkehrszeichen missachtet. 

Kreuzberg hat zudem angekündigt, die Corona-Provisorien in dauerhafte Radwege zu verwandeln. Die AfD hatte im September gegen die Pop-up-Wege geklagt und zunächst Recht bekommen. Nach einer Niederlage in der nächsten Instanz hatten die AfD-Abgeordneten ihre Klage zurückgezogen.

Viele Radfahrer, wenig eigene Wege - auch am Potsdamer Platz.

© Jörn Hasselmann

Der 1. Platz bei den Großstädten ging nach Bremen

Bei dem "Klimatest" haben bundesweit 230.000 Radfahrerinnen und Radfahrer im Herbst letzten Jahres über die Fahrradfreundlichkeit ihrer Städte abgestimmt. 

Den 1. Platz bei den Großstädten (mehr als 500.000 Einwohner) ging, wie auch 2018, nach Bremen. Die Hansestadt ist mittlerweile dabei, in ganzen Quartieren Radfahrern Vorrang zu geben, nicht nur in einzelnen Fahrradstraßen. Dazu entstand sogar ein eigenes Verkehrszeichen "Fahrrad-Zone". 

Außer Dresden und Bremen haben sich alle Großstädte über 500.000 Einwohner beim ADFC-Fahrradklima-Test 2020 gegenüber 2018 ganz leicht verbessert (4,08 auf 4,02).

In Berlin, München, Stuttgart und Düsseldorf bemerkten die Radfahrenden „handfeste Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit“ in der Corona-Pandemie. Dazu zählen Pop-up-Radwege, Fahrradstraßen, verkehrsberuhigte Zonen oder Poller zum Schutz gegen Durchgangsverkehr, teilte der Bundes-ADFC mit. 

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