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So könnte die Wahlkreisverteilung aussehen. Hier ein Bild basierend auf einer Umfrage von der Forschungsgruppe Wahlen vom 25. August.

© Lisa Rost

Bundestagswahl 2017: So eng ist das Rennen in den Berliner Wahlkreisen

Viele Wahlkreise in Berlin sind noch umkämpft. Besonders spannend ist es in Neukölln, Spandau und Mitte. Eng wird es für eine prominente Grüne.

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Berlin ist immer spannender als der Rest der Republik, weil parteipolitisch so bunt wie kein anderes Bundesland. Keine Partei dominiert das Geschehen, alle haben ihre Kieze, in denen sie glänzen. Daher können in Berlin vier Parteien Direktmandate holen. Die Grünen erstmals bei der Bundestagswahl 2002, damals eroberte Hans-Christian Ströbele in Friedrichshain-Kreuzberg für seine Partei den ersten Wahlkreis bundesweit. Auch die Linken sind seit der Vereinigung 1990 im Osten der Stadt regelmäßig erfolgreich, wenn es um Direktmandate geht. CDU und SPD haben in Berlin ihre Vormachtstellung bei Bundestagswahlen in den Wahlkreisen längst verloren. 

Nach einer aktuellen Hochrechnung von mandatsrechner.de in Kooperation mit dem Tagesspiegel auf Grundlage der Sonntagsfrage im aktuellen Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen könnten es bei der Wahl am 24. September fünf Direktmandate für die CDU werden, vier für die Linke, zwei für die SPD und eines für die Grünen. Natürlich kann sich diese Prognose, die auf aktuellen Umfragen beruht, entsprechend der Wählerstimmung noch ändern. In mehreren der zwölf Berliner Wahlkreise gilt der Sieg für jene Kandidaten, die aktuell die Nase vorn haben, noch als „sehr unsicher“ oder „unsicher“.

Für Renate Künast wird es eng  

Ein spezielles Problem hat die bundesweit bekannteste Berliner Grünen-Kandidatin Renate Künast. Sie hat vor dieser Wahl, in kluger Einschätzung der innerparteilichen Stimmungslage, auf den Spitzenplatz auf der Landesliste verzichtet und sich mit dem dritten Platz begnügt. Doch momentan sieht es so aus, als wenn bei den Grünen nur die ersten beiden Listenplätze ziehen und das dritte Mandat an die voraussichtliche Wahlkreis-Siegerin in Friedrichshain-Kreuzberg geht. Dort kandidiert die ehemalige Sozialdemokratin und Rechtsanwältin Canan Bayram, in der Nachfolge des Grünen-Urgesteins Ströbele, der nicht mehr antritt. 

In Spandau-Charlottenburg-Nord muss - nach der Prognose für den Tagesspiegel - der CDU-Mann Kai Wegner um den Sieg bangen. Dort wird es, wie schon bei der Bundestagswahl 2013, ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Swen Schulz von der SPD geben. Beide Kontrahenten stehen aber auf Platz zwei ihrer Landeslisten, werden also mit Sicherheit wieder in den Bundestag einziehen. Schulz ist dort schon seit 2002, Wegner seit 2005 vertreten.

Enges Rennen in Neukölln 

Auch in Neukölln liefern sich Christ- und Sozialdemokraten ein knappes Rennen. Fritz Felgentreu, der den Wahlkreis 2013 für die SPD gewann, hat dieses Mal den Sieg gegen die CDU-Politikerin Christina Schwarzer noch nicht im Sack. Doch während Schwarzer auf Platz 6 der CDU-Landesliste gute Chancen hat, auch ohne Direktmandat wieder in den Bundestag einzuziehen, ist Felgentreu auf den Wahlkreis angewiesen. Der SPD-Rechte wurde von den mehrheitlich linken Genossen im Landesverband bei der Aufstellung der SPD-Landesliste ignoriert.

Selbst die Spitzenkandidatin der Berliner SPD, Eva Högl, hat den attraktiven Wahlkreis Mitte noch nicht gewonnen. Ihr Sieg wird in der Prognose für die bevorstehende Wahl als „sehr unsicher“ eingestuft, auch wenn sie den Wahlkreis 2009 und 2013 für die SPD gewinnen konnte. Angewiesen ist Högl auf das Direktmandat nicht, weil die Vize-Fraktionschefin der SPD im Bundestag die Landesliste der Hauptstadt-SPD anführt. Aber es wäre schon ein herber Prestigeverlust, den Wahlkreis ausgerechnet gegen den ehemaligen CDU-Landeschef und Innensenator Frank Henkel zu verlieren, der in der eigenen Partei kaum noch Rückhalt hat.

Und wie sicher ist Charlottenburg-Wilmersdorf? Den Wahlkreis hatte der ehemalige Bezirks-Stadtrat Klaus-Dieter Gröhler 2013 klar für die CDU gewonnen. Dieses Mal hat er aber mit dem früheren Kulturstaatssekretär Tim Renner einen relativ prominenten Konkurrenten, der den Rückhalt der Berliner SPD-Spitze und seines starken Kreisverbandes genießt und einen kreativen Wahlkampf macht. Es könnte ein spannendes Kräftemessen werden. Renner muss gewinnen, will er in den Bundestag – sein sechster Platz auf der SPD-Listenplatz ist nach dem aktuellen Stand der Prognose ziemlich wackelig.

Fünf von zehn Wahlkreisen in Brandenburg umstritten 

Auch in Brandenburg sind viele Direktmandate noch schwer vorhersehbar. Von zehn Wahlkreisen sind fünf so umstritten, dass der Gewinner sich aktuell nicht sicher benennen lässt. Ganz knapp sieht es laut Prognose in Potsdam samt Umland aus. Dort entscheidet sich das Rennen zwischen Saskia Ludwig (CDU), die einen sehr angriffslustigen Wahlkampf macht, und Manja Schüle von der SPD. Weiter westlich, im Wahlkreis rund um Brandenburg an der Havel, geht es ähnlich eng zu: Dort tritt die CDU-Kandidatin und Brandenburger Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann gegen den prominenten Generalstaatsanwalt des Landes, den SPD-Mann Erardo Rautenberg an. In Märkisch Oderland/Barnim II läuft ein knappes Rennen zwischen der Linken Kerstin Kühn und dem CDU-Politiker Hans-Georg von der Marwitz. In Frankfurt (Oder) und Umland kämpfen Martin Patzelt (CDU) und Thomas Nord (Linke) mit ungewissem Ausgang um das Direktmandat.

Hier gelangen Sie zum Kooperationsprojekt "In-or-Out" zwischen dem Tagesspiegel und „mandatsrechner.de“. Finden Sie heraus, welcher Kandidat in Ihrem Wahlkreis derzeit vorne liegt.

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