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Weg ist das Steuergeld: Wer Häuser als Firmen verkauft, spart sich die Grunderwerbsteuer.

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Update

Share-Deal-Steuerlücke kostet Millionen: Bei vielen Immobiliengeschäften geht Berlin immer noch leer aus

100 Millionen Euro jährlich entgehen Berlin durch Share Deals. Nun zeigen Linken-Anfragen, dass in Berlin besonders oft Immobilien so gekauft werden.

74 "Transaktionen" mit jeweils mehr als 800 Wohnungen in Deutschland haben Käufer und Verkäufer seit 2018 abgeschlossen. Dabei wechselten rund 271.000 Wohnungen den Eigentümer.

Die Grunderwerbsteuer, die bei jedem Immobiliengeschäft üblicherweise bezahlt werden muss, sparten sich die Geschäftspartner in den vergangenen Jahren bei sieben bis 31 Prozent der Geschäfte in Berlin. Ganz legal.

Denn das ist möglich, wenn die Wohnungen in Firmen verpackt werden und die Firmenanteile gehandelt werden. Share Deals ist der Fachbegriff dafür. Und trotz einer geringfügigen Korrektur an der entsprechenden Bestimmung im Mai 2021 ist diese immer noch der Königsweg von Immobilienprofis, um weitgehend steuerfrei auszugehen.

"Seit Jahren gehen der öffentlichen Hand durch Share Deals Steuereinnahmen in Milliardenhöhe durch die Lappen, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden. Es darf nicht sein, dass beim Kauf eines kleinen Eigenheimes die Grunderwerbssteuer voll zuschlägt, während sich große Unternehmen mit Hilfe von Steuertricks vor der Zahlung dieser Steuer drücken", sagt der Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser.

25 große Deals seit 2018 in Berlin

Der Linke-Politiker hatte mit anderen Abgeordneten seiner Fraktion die Zahlen bei der Bundesregierung erfragt. Den Antworten zufolge, die dem Tagesspiegel vorliegen, entfiel im Jahr 2015 knapp ein Drittel aller großen Deals in Berlin auf Share Deals, in Deutschland waren es seinerzeit nur 15 Prozent. Im vergangenen Jahr waren „nur“ sieben Prozent der großen Transaktionen Share Deals, ein Prozentpunkt weniger als bundesweit. Seit 2018 wurden in der Hauptstadt 25 Immobiliengeschäfte mit mehr als 800 Wohnungen abgeschlossen. Zuerst berichtete die "Berliner Zeitung" über diese Zahlen.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Hoch hinaus, nicht nur in Mitte - Wo Berlin gläserne Türme baut]

Unter den Berliner Wohnungen, die als Share Deals gehandelt wurden, führt der Bund beispielsweise gleich zwei Verkaufsgeschäfte des Konzerns Ado. In einem Fall verkauft dieser Wohnungen an die Adler Real Estate und in einem anderen an die landeseigene Gesellschaft Gewobag. Dass auch eine kommunale Firma dem Land Steuerausfälle beschert, überrascht. Die Senatsfinanzverwaltung bestätigte die Ausübung des Share Deals, stellte aber klar, dass die Gewobag die gesetzlich vorgeschriebenen Grunderwerbsteuern selbstverständlich in voller Höhe gezahlt habe. Der Erwerb des ADO-Portfolios umfasste 100 Prozent der Geschäftsanteile.

Außerdem sind Berliner Wohnungen in Paketen enthalten, die von nicht näher genannten Börsen-Anlegern gehandelt wurden. Steuern vermeiden beim Handel mit Berliner Wohnungen lässt auch ein chinesischer Staatsfonds, der sich dabei der Beratungsfirma Morgan Stanley bedient.

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In Berlin gingen die Einnahmen durch Grunderwerbsteuern im vergangenen Jahr mit 1,069 Milliarden Euro zurück im Vergleich zum Jahr 2016 (1,099 Milliarden Euro), obwohl Rekordumsätze bei Immobiliengeschäften erzielt worden waren. Ob dies auf den Verlust von Einnahmen infolge von Share Deals zurückzuführen ist, bleibt ungewiss.

Im vergangenen Jahr waren in Berlin sechs Geschäfte allein als Share Deals mit mehr als 800 Wohnungen vereinbart worden. Wie viele weitere Bestände unterhalb dieser Grenze mit der Steuervermeidungsgestaltung gehandelt wurden, ist nicht bekannt. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hatte gegenüber dem Tagesspiegel bereits vor zwei Jahren von einen Verlust von Steuereinnahmen durch Share Deals in Höhe von etwa 100 Millionen Euro gesprochen.

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