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Das zerstörte Fahrrad der 44-Jährigen nach dem Unfall in Berlin-Wilmersdorf.

© Foto: Jörn Hasselmann

Schwester der verstorbenen Berliner Radlerin: „Würde ihnen gerne die Chance geben, sich in diese Hölle hineinzuversetzen“

Die Zwillingsschwester der durch einen Betonmischer-Unfall verstorbenen Radlerin kritisiert Klimademonstranten als „ignorant“. Der Radverkehr in Berlin müsse sicherer werden.

Nach der Debatte um den Tod einer verunfallten Radfahrerin und einen durch Klimademonstranten blockierten Feuerwehrwagen hat sich die Zwillingsschwester der Verstorbenen nun zu dem Fall geäußert und mit einem Appell an die Klimablockierer gewandt.

Es verletze sie sehr, wie ignorant mit dem Schicksal ihrer Schwester umgegangen werde, sagte Anja Umann in einem „Spiegel“-Interview. „In einem Interview wurde ein Aktivist gefragt, ob der Unfall und der eingetretene Hirntod etwas an ihrer Einstellung zur Wahl der Mittel, die sie einsetzen, ändert. Ob sie dies zum Überdenken ihrer Aktionen anrege. Er antwortete etwas schön umschrieben, dass es schlussendlich nichts, rein gar nichts verändert.“

Dabei hätten die eineiigen Zwillinge die Ziele der Bewegung „zu 100 Prozent“ geteilt, so die 44-Jährige. „Wir haben vor Jahren gemeinsam ein veganes, nachhaltiges Modelabel gegründet, uns liegt der Schutz der Natur sehr am Herzen.“

Es hätte ebenso gut sein können, dass dieses Fahrzeug das Leben meiner Schwester hätte retten können.

Anja Umann über Blockaden von Klimademonstranten

Doch dann wurde Umanns Schwester am vergangenen Montag aus dem Leben gerissen. Ein Betonmischer erfasste die die 44-Jährige auf der Bundesallee. Sie kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus – wurde am Donnerstag zunächst für hirntot erklärt und erlag am Abend dann ihren schweren Verletzungen.

Ein Einsatzwagen der Berliner Feuerwehr, der zum Unfallort gerufen worden war, steckte wegen einer Blockade von Klimademonstranten auf der A100 im Stau. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft deshalb auch „Aspekte fahrlässiger Tötung“ gegen zwei Klimaaktivisten. Laut der Notärztin, die die Bergung der Verunglückten zu verantworten hatte, habe der Stau jedoch keinen Einfluss auf die medizinische Versorgung der Frau gehabt.

Das ändere aber nichts daran, dass das Fahrzeug durch die Blockade nicht die Möglichkeit gehabt habe, früher vor Ort zu sein, sagte Umann dazu. „Und es hätte ja ebenso gut sein können, dass dieses Fahrzeug das Leben meiner Schwester hätte retten können, wie zunächst anzunehmen war.“

Den Klimademonstranten würde sie einmal erzählen wollen, was sie erlebt habe, „und ihnen dann gerne die Chance geben, sich einmal in diese Hölle hineinzuversetzen“, so die 44-Jährige. „Um zu überdenken, ob es nicht vielleicht doch einen anderen Weg gibt, für das Überleben unseres Planeten zu kämpfen, ohne dass andere Menschen möglicherweise zu Schaden kommen. Ich würde sie bitten, ihre Methoden zu überdenken.“

Auch die Berliner Verkehrspolitik kritisierte Umann in dem „Spiegel“-Interview. Warum ihre Schwester an der Unfallstelle nicht den benutzungspflichten Radweg nutzte, sondern auf der Straße fuhr, wisse sie nicht. „Auf der Bundesallee ist der Radweg nach der Kreuzung, auf der der Unfall passierte, sehr schlecht, das weiß ich. Und ich weiß, dass auch meine Schwester dazu neigt: Bevor sie die Holperpiste mit dem Rennrad fährt, wechselt sie lieber auf die Straße.“

Zwar habe sich die Sicherheit von Berliner Radwegen in der Vergangenheit tatsächlich etwas verbessert, so Umann, „aber eben noch nicht in dem Maße, wie man sich das wünscht, wenn man einmal von einem Ende der Stadt zum anderen muss, um zur Arbeit zu kommen.“ Sie forderte von der Politik, schwierige Verkehrsstellen, wie die an der Bundesallee „generell im Sinne der Radfahrer zu überdenken, um Unfälle zu reduzieren.“

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