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Magnetbahn Berlin Graft Das Architektenbüro GRAFT hat Visionen für die Baufirma Max Bögl entwickelt. Für die Ständer sollen Beton-Fertigteile den Preis drücken

© Simulation: Graft Architekten

Schwebend durch Berlin: Revolutioniert die Magnetschwebebahn den Nahverkehr?

Die CDU will eine Magnetschwebebahn durch Berlin bauen. Wie sinnvoll ist dieses Projekt und wird es je umgesetzt? Drei Experten antworten.

Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner will hoch hinaus. Mit Straßenbahnen kann sich Stettner nicht recht anfreunden, U-Bahnen sind teuer – also will der CDU-Politiker eine Magnetschwebebahn durch Berlin fahren lassen. Konkret hat er eine fünf Kilometer lange Pilotstrecke durch die Berliner Innenstadt vorgeschlagen. Stettner rechnet mit Kosten von 80 Millionen Euro und einer Bauzeit von drei Jahren.

Wie realistisch ist das und bieten Magnetschwebebahn einen Vorteil gegenüber einer Straßenbahn oder einer Metro? Drei Experten geben Prognosen ab. Alle Folgen unserer Kolumne „3 auf 1“ finden Sie hier.


Schwebebahnen sind so anachronistisch wie Autobahnen

Man weiß gar nicht, ob man Lachen oder Weinen soll. Ist das endlich der Mut zu Großem oder zeigt es erneut die Berliner Rückständigkeit? Keine Weltstadt von Format leistet sich den Bau von Autobahnen auf Basis von Generalverkehrsplänen von 1958. Eine Magnetschwebahn würde da natürlich passen, stammt ihre Blütezeit doch auch aus der Zeit der großen Autobahnprojekte.

Schon in den 1940er Jahren beflügelte die Idee von einer leisen und sehr effizienten Transporttechnologie die Ingenieurherzen. Für eine moderne Stadtlandschaft mit weit ausgedehnten Siedlungsstrukturen suchte man in den 1950er und 1960er Jahren nach hoch performanten Transportmitteln: viele Menschen zur gleichen Zeit zu befördern, war das Ziel.

Mittlerweile leben wir in einer anderen Welt. Städte erfinden sich neu als kompakte Einheiten. Der Raum wird wieder dichter, das Ringen um den Platz größer. Aber eine Magnetschwebahn lenkt von dieser Gestaltungsaufgabe wunderbar ab und lässt uns von einer längst vergangen Zukunft träumen.


M-Bahnen lösen Berlins Verkehrsprobleme nicht

Fahrermangel beim Bus, Fahrzeugmangel bei der U-Bahn, viel zu lange Planverfahren für den Ausbau von Tram, S- und Regionalbahn – keines dieser Probleme löst eine Magnetschwebebahn. Im Gegenteil: Mit der gegenüber einer U-Bahn zwar preiswerteren oberirdischen Führung entstehen in einer dicht bebauten Stadt wie Berlin neue Umsetzungsprobleme. Wer will schon eine M-Bahn vor dem Schlafzimmerfenster oder im Park?

Natürlich muss Berlin Konzepte für die Zukunft entwickeln. Die Wohnungsnot führt dazu, dass immer mehr Menschen weite Wege zwischen Wohnung, Arbeit und Freizeit zurücklegen. Dazu muss konsequent der Schienenverkehr ausgebaut und effizienter gestaltet werden – Stichwort Automatisierung. Die Basis dafür sind Tram, U- und S-Bahn und der Regionalverkehr. Verkehrssenatorin Schreiner sollte ein Gremium schaffen, das partei- und verbändeübergreifend einen realistischen Entwicklungsplan Schiene aufstellt, der nicht nach jedem Regierungswechsel über den Haufen geworfen, sondern fortgeschrieben wird.


Wo soll die Magnetschwebebahn fahren?

Magnetschwebebahnen sind faszinierend. In Japan und China sollen Maglev-Bahnen bald mit 500 bis 600 Kilometern pro Stunde fahren. Auch im Nahverkehr können Sie eine Alternative sein – für eine Planstadt auf der grünen Wiese. Nur warum soll Berlin ein unerprobtes und nicht vollständig zugelassenes System anschaffen – zusätzlich zu S- und U-Bahn, Straßenbahnen und Bussen?

Infrage käme vor allem das Transport System Bögl. Sein Bau kostet laut Hersteller in etwa so viel wie klassische Rad-Schiene-Systeme, der Energieverbrauch soll auch vergleichbar sein. Der einzige Vorteil: Bei der Kapazität ist man sehr flexibel. Eine einzelne Bahn transportiert weniger Menschen als eine U-Bahn. Je nach Bedarf können sie in sehr kurzen oder in längeren Abständen fahren. Damit könnte man vielleicht irgendwann das neue Technologiezentrum in Tegel anbinden.

Aber eine mögliche Strecke hat CDU-Fraktionschef Dirk Stettner bei seinem Vorschlag gar nicht genannt. Offenbar will er vor allem eins nicht: Mehr Straßenbahnen.

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