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Tausende Kinder mussten während des Lockdown betreut werden, weil ihre Eltern bei der Arbeit unabkömmlich waren.

©  Monika Skolimowska / dpa

Eine Million Euro vom Berliner Senat: Schulleiter lassen "Heldenprämie" für Erzieher verfallen

Personalräte verlangen Aufklärung über den Umgang mit den Geldern, die besondere Leistungen während des Lockdown belohnen sollten.

Es war der Wunsch des Regierenden Bürgermeisters, dass es eine Art „Heldenprämie“ geben sollte – für Menschen im öffentlichen Dienst, die in der Phase des harten Lockdowns besonderen Einsatz gezeigt hatten. Allein für das öffentliche Personal an Schulen wurde über eine Million Euro angesetzt. Nun stellt sich heraus: Ein großer Teil des Geldes verfällt, weil Schulleiter keine Kollegen benannt haben, die die Prämie bekommen sollten.

Die Bildungsverwaltung bestätigte das Dilemma, das der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Friedrichshain-Kreuzberg, Gökhan Akgün, am Freitag publik gemacht hatte.

Konkret geht es um 250 bis 1000 Euro pro Mitarbeiter. Allein in Akgüns Bezirk reicht die Spanne der zu verteilenden Summe pro Schule von rund 700 bis fast 10.800 Euro – je nach Anzahl der im Lockdown zu betreuenden Kinder. Dies ergibt sich aus einer Übersicht, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Sie enthält auch die Angaben zu nicht abgerufenen Geldern. Demnach verzichtete eine Schule auf die gesamten 10.800 Euro, bei anderen blieben „nur“ 1000 oder 5000 Euro liegen. Für Friedrichshain-Kreuzberg beziffert Akgün die entgangenen Gelder auf über 30.000 von 77.000Euro.

Zur Begründung hätten Schulleiter auf den Zeitdruck vor den Herbstferien verwiesen oder darauf, dass die Erzieher doch nur ihre Arbeit gemacht hätten, weshalb eine Prämie unnötig sei. Akgün will das nicht hinnehmen: „Die GEW-Personalräte unserer Region haben deshalb beschlossen, dass sie der Dankesprämie erstmal eine Absage erteilen“. Rechtliche Schritte würden nicht ausgeschlossen.

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Der Arbeitgeber müsse nun erstmal erklären, wie es dazu kommen konnte, „dass auf die Corona-Prämie ohne Information und Beteiligung der Pädagoginnen und Pädagogen an zehn Schulen verzichtet wurde“. Akgün wirft der Verwaltung von Bildungs- und Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) vor, das Problem mitverursacht zu haben: Die Schulen hätten nur eine Woche für die Beantragung Zeit gehabt.

Allein in Kreuzberg sollen zehn Schulen betroffen sein

Die Bildungsverwaltung weist den Vorwurf des Zeitmangels zurück. Sie konnte am Freitag auch „nicht verifizieren“, ob tatsächlich 40 Prozent der Gelder in Friedrichshain-Kreuzberg liegen blieben. Im Übrigen bestätigte sie, es habe auch in anderen Bezirken „einzelne“ Schulen gegeben, „die die Prämie nicht annehmen wollten, weil sie die Betreuung der Schülerinnen und Schüler als ihre selbstverständliche Pflicht angesehen haben“. Im Laufe des Prozesses hätten aber einige Schulen ihre Haltung noch geändert. Ob nicht abgerufene Gelder jetzt verfallen, konnte die Verwaltung nicht abschätzen, „weil Auswertungen noch nicht abgeschlossen sind“. Auf jeden Fall sei eine Zahlung noch im Dezember erforderlich, damit die Prämie steuerfrei bleibe.

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Die Vorsitzende der Interessenvertretung Berliner Schulleiter, Astrid-Sabine Busse, sagte dem Tagesspiegel, es sei ein „Zeichen von Führungsschwäche“, dass Schulleiter die Prämie nicht abgerufen hätten. Ihre Schule hatte 1000 Euro bekommen, die sie sofort verteilt habe. Die Fragestellung sei denkbar einfach gewesen: „Wer hat es verdient?“ Da habe sie nicht lange nachdenken müssen: die drei Erzieherinnen in der Notbetreuung.

Um die "Heldenprämie" gab es von Anfang an Streit: Erst war die Finanzierung nicht sicher, dann wurde kritisiert, dass die freien Träger leer ausgehen sollten.

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