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Kristin Krenek ist Professorin für Mathematik an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin.

© privat

Zeitungs- und Schulprojekt: "Wenn man Mathe anwendet, ist es toll"

Für das Projekt „Jugend und Berufe der Zukunft“ haben Schüler aus Schöneberg die Mathematikprofessorin Kristin Krenek interviewt.

„Jugend und Berufe der Zukunft“ ist ein medienpädagogisches Projekt, das von der Dr.-Hans-Riegel-Stiftung, Bonn, initiiert worden ist. Es findet in Kooperation mit Schulen der Region und dem Tagesspiegel statt. Schülerinnen und Schüler lesen im Unterricht den „Tagesspiegel“ und recherchieren selbst zu Berufen der Zukunft. Ziel ist es, Jugendliche für sogenannte MINT-Berufe zu begeistern, also Berufe, die auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik basieren.
Der folgende Beitrag stammt von der Klasse 923 der Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg. Schülerinnen haben die Mathematikprofessorin Kristin Krenek interviewt. Die schriftliche Fassung stammt von Reflon Mucolli.

Wo haben Sie studiert?

Ich hab in Dresden studiert, an der Technischen Universität, und habe mich für Technomathematik entschieden, also Mathe, Maschinenbau und Informatik.

Was macht man in Ihrem Studium?

In Mathe macht man sehr viel Theorie und nichts mit Zahlen, sondern man beweist ganz viel, und bei Maschinenbau ging es um die theoretischen Grundlagen, das heißt Statik, Festigkeitslehre und ein bisschen, wie Maschinen prinzipiell aufgebaut sind.

Was interessiert Sie an Ihrem Beruf?

Ich habe angefangen als Entwicklungsingenieur und dann promoviert, dann habe ich zum Dozenten beziehungsweise zur Professur gewechselt. Es ist eigentlich ganz spannend, Schülern oder Studenten, die Mathe nicht als Hauptfach haben, sondern die Maschinenbau oder Informatik studieren, zu zeigen, Mathe ist gar nicht so schlimm. Denen sage ich, wenn man Mathe anwendet, ist es toll.

Wie lange haben sie studiert?

Ich habe damals noch auf Diplom studiert und fünf Jahre studiert, also zehn Semester. Neun Semester war die Regelstudienzeit, das war ganz okay, dann aber nochmal meine Promotion, also die Doktorarbeit nochmal vier Jahre.

Welche Ausbildung oder welchen Schulabschluss brauchen Sie, um Ihre Arbeit durchführen zu können?

Ich habe Abitur, aber Entwicklungsingenieur könnten Sie auch studieren ohne Abitur, dann mit einer Ausbildung und dann an die Fachhochschule. Das sind meistens auch die, die motivierter sind, weil die wissen, wo sie hinwollen, aber die müssen ganz schön was aufholen. Gerade bei den Grundlagenfächern wie Mathe sieht man das.

Glauben Sie, dass die Motivation damit zusammenhängt, dass diese Studenten dann schon einen Beruf haben, dass sie gearbeitet haben und nicht nur an der Uni oder an der Schule waren?

Ja, ich glaube schon, weil sie für sich selber sorgen müssen. Sie sind einfach eigenständiger und wissen, wofür sie es tun und wo sie hinwollen. Ich selbst habe auch ewig gebraucht, bis ich wusste, wo ich hingehen soll. Ich dachte, Mathe kann ich, vielleicht sollte ich es mal mit Mathe versuchen. Ich wusste schon immer, dass es in die mathematisch-technische Richtung gehen sollte, aber ein konkretes Berufsziel kam tatsächlich erst sehr spät, erst im Studium. Gerade, wenn man Mint-Fächer studiert, haben die wenigsten ein konkretes Berufsbild von Anfang an vor Augen. Gerade bei Mathe kann man alles und leider auch nichts machen und das ist das Schwere. Das zehrt auch vielleicht manchmal an der Motivation, dass man sagt, wozu eigentlich?

Welche Berufsaussichten gibt es?

Als Mathematiker gibt es ganz viel, auch in der Industrie, gerade Maschinenbau und E-Technik. Viel, was Optimierung betrifft. Die Berufsaussichten sind generell sehr gut. Das fand ich sehr angenehm zu wissen, dass da nicht so viel Schlimmes auf mich zukommt.

Benötigt man Fremdsprachenkenntnisse?

Definitiv Englisch, alles andere muss nicht sein, aber Englisch schon. Ich habe für meine Abschlussarbeiten Englisch nicht gebraucht. Die Forschungsergebnisse sind alle auf Englisch, und wenn man da vielleicht mitmachen möchte, gerade wenn man den Master machen will, dann ist Englisch auf alle Fälle in der Schriftsprache wichtig. Im Berufsleben, also gerade bei internationalen Unternehmen, da ist viel auf Englisch gelaufen, dann später auch Meetings und ähnliches. Ich hab auch Schulungen für andere gehalten, da hatten wir Kollegen aus Indien oder den USA und da war Englisch natürlich Pflicht.

Benötigt man bestimmte Eigenschaften für das Studium?

Durchhaltevermögen, ich glaube das brauchen Sie bei fast jedem Studium. Egal, was Sie studieren, Hauptsache, Sie haben Spaß daran. Dann funktioniert es. Wenn Sie sagen, Sie wollen das eigentlich gar nicht, dann quälen sie sich da durch, dann wird es vielleicht irgendwie mit Fleiß funktionieren, aber das wird anstrengend. Wenn Sie ein gutes Abstraktionsvermögen haben, hilft das bei Mathe, wenn Sie eher das Ganze sehen und nicht immer nur die kleinen Sachen. Ansonsten einfach die Freude daran haben.

Warum haben Sie dieses Studienfach gewählt?

Mathe war das, was ich einfach immer schon gern gemacht habe und was mich interessiert hat. Ich habe mir damals gedacht, die Mathematik könnte man studieren, aber da habe ich die Berufsaussichten nicht gesehen. Ich dachte, ein bisschen industrienah wäre schon schön, da hab ich dann die Technomathematik für mich entdeckt. Informatik hat in der Schule auch schon ganz gut geklappt. Und dann war da noch die Entscheidung zwischen Maschinenbau und Technik, man kennt beides aus Physik, aber mit Strom hatte ich noch nie so gearbeitet. Maschinenbau war immer einfach. Da drückt eine Kraft und da geht es dann hoch. Das konnte man sehen, das konnte man anfassen, das war es für mich. Dann fand ich Robotik interessant, das gab es als Vertiefungsrichtung und das hab ich beibehalten. So hat sich das ein bisschen entwickelt. Es ist nicht so, dass ich jetzt früher mit Robotern gespielt hätte, aber immerhin mit Lego.

Gab es in ihrem Studium Zeiten, wo Sie sozusagen so bisschen den Geist aufgegeben haben? Und wenn ja, wie sind Sie dann wieder aus dieser Situation herausgekommen?

Im Diplomstudium noch nicht, das war eigentlich ganz gut, aber später bei der Doktorarbeit, das waren 4 Jahre,  da gab es mehr auf und ab. Man sucht sich am Anfang ein Thema, dann denkt man sich, wow, was für ein tolles Thema - und auf einmal denkt man sich: Oh Gott, da gibt es ja schon alles!  Dann hat man die Recherche gemacht und sagt sich, Gott, was soll ich denn jetzt noch machen, das haben ganz viele andere schon gemacht. Dann hilft halt immer, wenn man ein Umfeld hat,  also in meinem Fall war es unter anderem mein Mann, der hat auch promoviert - in Physik. Er hatte immer Verständnis. Wenn es im Studium um die Prüfungszeit ging, war es anstrengend, es war ein ganz anderes Lernen als in der Schule. In der Schule hab ich mich immer zwei Tage vorher hingesetzt, das musste für eine Klassenarbeit reichen. Aber im Studium hatte ich Prüfungen über drei Semester, da hab ich acht Wochen lang am Stück zehn Stunden am Tag gelernt. Aber wenn man es will und wenn man sagt, ich will diesen Abschluss haben, dann macht man das.

Warum haben Sie sich entschieden, Professorin zu werden?

Mir macht das Arbeiten mit den Studierenden Spaß, ich gebe gerne meine Begeisterung für Mathe weiter. Ich erkläre auch gerne die Grundlagen der Mathematik. Allerdings habe ich festgestellt, dass ich mit Kindern im Grundschulalter nicht arbeiten möchte, das ist ganz schön schwierig. Die Studierenden, die sind halt fertig, also menschlich, die sind erwachsen, da kann man auch mit Sarkasmus oder Ironie mal arbeite. Das kam erst im Studium, als ich mich für ein Hauptfach entschieden habe, fürs Hauptstudium. Da hatte ich einen ganz tollen Professor, der hat einen Vortrag von mir gehört und meinte, das war ja grauenhaft, das geht ja gar nicht, das war viel zu schnell und keiner hat was verstanden. Dann war seine Ansage an mich, wenn ich bei ihm Vertiefungsrichtung machen will, dann muss ich Übungsleiter werden, das heißt, ich muss mich vor Studenten des ersten Semesters stellen und muss denen Mathe beibringen. Das erste Semester war der Horror für mich. Ich bin total nervös da reingegangen. Und wenn ich mich da vorne hinstelle und es auch so rüberbringe, dann funktioniert es auch, dann kommen auch nicht blöde Fragen. Das so rauszufinden für sich selber, das war echt ein harter Weg.

Hatten Sie Freunde oder Freundinnen, die im Studium durchgefallen sind?

Einige haben aufgehört, durchgefallen ist keiner. Man darf ja dreimal eine Prüfung machen und erst, wenn man sie beim dritten Mal immer noch nicht bestanden hat, dann darf man nicht mehr weiterstudieren. Eine falsche Entscheidung, finde ich, gibt es nicht. Man kann sich für etwas entscheiden, und wenn man dann feststellt, das war nichts für mich, dann muss man halt einfach fair sich gegenüber sein und sagen, gut dann entscheide ich mich um. Und das sollte man auch machen, bevor man unglücklich wird in einem Fach und sagt, ich hab mich da durchgekämpft, aber die Note sieht nicht toll aus, weil ich eigentlich auch keinen Spaß dran hatte. Dann wird es später halt auch nichts im Beruf, da kommen Sie mit schlechten Noten auch nicht so gut rein und dann macht es noch weniger Spaß, weil Sie nicht den Beruf kriegen, den sie wollen. Wenn Sie mitkriegen, das ist nichts für mich, wechseln Sie.

Was würden Sie Studenten empfehlen, um leichter durchs Studium zu gelangen?

Es sind jetzt Empfehlungen, die habe ich selber nicht unbedingt durchgehalten, gebe ich zu: Machen Sie im Semester mehr, arbeiten Sie gleich die Vorlesung nach, denn am Ende bleibt die Mühe immer gleich, die Sie aufwenden müssen, um eine gute Zensur zu kriegen. Ob sie jeden Tag fünf Minuten lernen oder so wie ich am Ende des Semesters acht Wochen lang durchrackern - die Zeit, die sie benötigen, bleibt immer dieselbe. Ansonsten durchhalten, auch wenn es mal schwer wird.

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