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Gras statt Pflaster. Das wünscht sich die 15-jährige Beyza für den Karl-Marx-Platz.

© Doris Spiekermann-Klaas

Schüler-Ideen für Neukölln: Sie haben einen Plan

Der Karl-Marx-Platz in Neukölln soll menschenfreundlicher werden. In Workshops entwickelten Schüler dafür Konzepte. Was wird aus den Ideen?

Mit überdimensionalen Post-its sind die Schüler der 5c der Richard-Grundschule gemeinsam mit dem Künstler Sebastian Wagner über den Karl-Marx-Platz in Neukölln gezogen, um zu zeigen, was anders werden soll. „Für uns ist die Grünphase zu kurz“, haben sie geschrieben, Müll und Beete kommentiert und gefragt: „Wo ist der Eisladen?“. Zum sechsten Mal haben Schüler aus Neukölln gemeinsam mit Stadtaktivisten und -planern, Künstlern, Architekturstudenten und dem Verein Jugend Architektur rund um die Sanierung der Karl-Marx-Straße überlegt, was man im öffentlichen Raum verbessern kann. Im Juni wurden die Ergebnisse Anwohnern und der Bezirksverwaltung präsentiert. Nun ist die Frage, was aus den vielen Ideen wird.

Eine Schülergruppe wollte ein großes Schild mit Regeln aufstellen und Betrunkene, Tags und Hundekot auf dem Platz verbieten. Die Schülerinnen eines Deutschkurses für Mütter an der Volkshochschule Neukölln planen ein Frauen-Café. Der Platz solle menschenfreundlicher werden, sagt die 15-jährige Beyza vom Albrecht-Dürer-Gymnasium. Für ein Planspiel haben die Schüler mit Studierenden der Technischen Universität die Nutzung des Platzes analysiert und wer und was alles Einfluss darauf hat: Café, Markt und Ordnungsamt, die Statuen, die Autos, ein Bordell und ein Kasino. „Der Platz gehört dem Staat“, meint Beyza, „aber die Menschen müssen hier jeden Tag langgehen.“ Derzeit würden sich die meisten Schüler nicht gerne hier aufhalten. Für sie selbst war der Karl-Marx-Platz vorher nicht so interessant, sagt Beyza, es war „einfach ein Platz“. Jetzt wünscht sie sich, dass die Pflastersteine wegkommen. Stattdessen hätte sie lieber Gras. Dass es gar nicht so einfach ist, die verschiedenen Wünsche an einem Platz zu vereinbaren, ist ihr bei dem Basteln an einem Planspiel deutlich geworden. Die Schüler haben sich verschiedene Charaktere wie die Rentnerin Renate, die Radfahrerin Lisa, den Sportler Ali Özdemir, den Händler Hassan und Ralf, den Hundebesitzer, ausgedacht. Den Namen des Spiels, „Karl ärgere dich nicht“, findet Beyza sehr passend.

Der Umbau des Karl-Marx-Platzes wird laut Stadtentwicklungsamt Neukölln nicht vor 2016 beginnen. Manche Schüler und Künstler fragen sich, was bis dahin mit ihren Ideen passiert. Wir haben Zeit, mit den Schülern zu arbeiten, sagt Künstler Sebastian Wagner, aber die Zeit von Stadtplanern, die den Auftrag zur Umgestaltung bekommen werden, ist knapp. Im Moment werden alle Workshop-Ergebnisse auf einem Blog festgehalten, aber ob der Planer das später liest?

„Schade, dass es so langen Atem braucht“, sagte Dorothea Kolland, ehemalige Leiterin des Kulturamts Neukölln, die die Schülerworkshops initiiert hat. Der Sanierungsprozess der Karl-Marx- Straße ist auf 15 Jahre angelegt, die Kinder und Jugendlichen wechseln meistens nach einem Jahr. Sie habe gehofft, dass mehr von den Ergebnissen in die konkrete Planung eingehen.

„Wird das dann auch gemacht?“ Diese Frage stellen die Schüler immer wieder, erzählt Workshop-Koordinatorin Katharina Rohde. Es gehe aber auch darum, dass die Schüler den Platz als Ort wahrnehmen, der auch ihnen gehört und den sie mitgestalten können. „Natürlich können nicht alle Ideen umgesetzt werden.“

Selbstbewusstsein haben die Schüler jedenfalls entwickelt. Bei der Präsentation erzählt der Fünftklässler Kaan erst etwas schüchtern von seinem Workshop. „Du!“, dreht er sich dann um, zeigt mit dem Finger auf den Sanierungsbeauftragten des Bezirks und fragt ganz souverän, „kommt jetzt der Fußballplatz?“

Der Blog zu den Schülerworkshops ist unter http://kms-nk.net zu finden.

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