zum Hauptinhalt
Von diesen 11-Zoll-Tablets wurden über 37.000 vom Senat für Lehrkräfte angeschafft. Rund 11.000 wurden nie eingeschaltet.

© privat

Exklusiv

Nach Protest der Berliner Schulleiter: Senat zwingt Lehrer nicht zur Nutzung der neuen Tablets

Ein klarstellendes Schreiben der Senatorin und anhaltende Bedenken: So geht es weiter mit den Vorschriften des Datenschutzes.

Berlins Lehrkräfte sollen nicht gezwungen werden, ihre vom Land angeschafften Tablets zu nutzen. Dies teilte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) allen Schulen am Donnerstag mit. Sie entkräftete damit teilweise ein Schreiben der bezirklichen Datenschutzbeauftragten, das zu harschen Protesten der Schulleitungsverbände geführt hatte.

Wie der Tagesspiegel exklusiv berichtet hatte, waren die Schulen zum Ferienende durch die Datenschützer alarmiert worden. Darin stand, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten „nur noch auf dem mobilen Lehrkräfte-Endgerät erfolgen darf“. Hingegen betont die Senatorin jetzt, dass „weiterhin die von der Schulbehörde zur Verfügung gestellten stationären Schul-PCs im Lehrkräftezimmer oder im Schulsekretariat genutzt werden dürfen“. Eine Verpflichtung zum Einsatz der dienstlichen mobilen Endgeräte bestehe nicht, „da mobiles Arbeiten nicht verpflichtend ist“.

Eine Verpflichtung zum Einsatz der dienstlichen mobilen Endgeräte besteht nicht, da mobiles Arbeiten nicht verpflichtend ist.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU)

Diese Auslegung der neuen Vorschriften macht für viele Lehrkräfte einen großen Unterschied: Rund 11.000 von ihnen, etwa jeder Dritte, hat seinen Rechner nämlich noch nicht angeschaltet, weil sie die Endgeräte für unpraktisch halten: Sie seien mit ihren elf Zoll zu klein, zudem fehlten ihnen zu viele Funktionen, wird seit etwa zwei Jahren beanstandet.

11.000
kostenlose Dienstgeräte wurden von den Schulbeschäftigten noch nicht einmal eingeschaltet.

Auch in Bezug auf die neuen dienstlichen Mailadressen verringerte Günther-Wünsch den Druck, den die Datenschutzbeauftragten aufgebaut hatten. Sie hatten geschrieben, dass nur die Adressen der Behörde benutzt werden dürften. Hingegen schreibt die Senatorin, dass diese Regelung nicht gelte, wenn nur „allgemeine Informationen ohne Personenbezug weitergegeben werden“. So betreffe die Regelung nicht die Fälle, in denen lediglich allgemeine Informationen ohne Personenbezug weitergegeben würden, „etwa Einladungen zu Klassenkonferenzen, allgemeine Informationen an Erziehungsberechtigte über organisatorische Gegebenheiten etc.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Diesen Nachbesserungsbedarf sehen die Verbände

Entsprechend erleichtert reagierten die Verbände. Für die Berufsschulleitungen begrüßte Ronald Rahmig „den Versuch der Bildungsverwaltung, die Schuldatenverordnung so zu interpretieren“, dass Datenschutz und Arbeitsrealität in den Schulen „nicht zu weit auseinanderdriften“. Für den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler und die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte seien einfach funktionierende Arbeitsabläufe wichtig. Hier sehe sein Verband „weiterhin Handlungsbedarf“.

Wir begrüßen den Versuch der Bildungsverwaltung, die Schuldatenverordnung so zu interpretieren, dass die Anforderungen des Datenschutzes und die Arbeitsrealität nicht zu weit auseinanderdriften.

Ronald Rahmig, Vorsitzender der Berufsschulleitervereinigung

„Ein Teil der Lösung liegt in der Präzisierung durch das Schreiben“, meinte auch die Interessenvertretung Berliner Schulleitungen. Ihr Vorstandsmitglied Tilmann Kötterheinrich-Wedekind. EIne Umstellung lasse sich aber auf Dauer nicht umgehen. Die Lösung liege dann darin, dass sich das Material der Lehrkräfte weiterhin auf ihrem eigenen PC befinden werde, dass aber die Verarbeitung von Noten oder Adressen „nur auf dem Dienstlaptop“ liegen. Im Übrigen finde er es richtig, dass die Schulen ihre Mailsystem „langfristig umstellen müssen“, sagte Kötterheinrich-Wedekind, der das Steglitzer Hermann-Ehlers-Gymnasium leitet.

Auch um die Mailadressen gibt es Ärger

Der Sekundarschulverband würdigte die „Klarstellung“. „Unbefriedigend“ seien aber die Aussagen zur dienstlichen Kommunikation. Es werde nicht klargestellt, ob die Verwendung schuleigener Mailadressen rechtskonform sei, kritisiert der Vorsitzende Sven Zimmerschied. Da die Verwendung der berlinweiten E-Mail-Adressen weiterhin freiwillig sei, stelle sich die Frage, „wie denn überhaupt noch kommuniziert werden kann, wenn personenbezogene Daten im Spiel sind“.

Auch Arnd Niedermöller von der Vereinigung der Oberstudiendirektoren ist weiterhin hoch unzufrieden mit der Situation. So dauere die Prüfung von zusätzlicher Software für die Dienst-Tablets noch immer zu lange. Überhaupt seien die 11-Zoll-Dienstgeräte wegen der eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten keine Dauerlösung. Vielmehr müsse es den Schulen künftig frei gestellt werden, zwischen drei oder vier Gerätetypen zu wählen, fordert Niedermöller.

Die Geräte waren unter dem Endruck der Pandemie vor zwei Jahren angeschafft worden. Die damalige Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) habe die Tablets auf „politischem Stimmenfang rausgehauen“, und sie seien damals noch weniger nutzbar gewesen als heute, sagte Niedermöller.

Das Geld kam 2021 vom Bund und vom Land. Von Gewerkschaftsseite war damals wiederholt gefordert worden, dass Lehrkräfte Dienstgeräte bekommen sollten. Schon damals wurde aber kritisiert, dass die Anschaffung zu überstürzt passiert sei und von Anfang an zu wenig Programme verfügbar gewesen seien.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false