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Die Preisverleihung des Schülerzeitungswettbewerbs in der Aula der Max-Taut-Schule in Berlin-Lichtenberg. 

© Lydia Hesse/Tagesspiegel

Update

Kreativ und kritisch: Das sind die besten Schülerzeitungen Berlins

„Paulsenbrot“, „Schnipsel“ oder „Moron“: Beim Berliner Schülerzeitungswettbewerb wurden am Mittwoch zahlreiche Publikationen mit Preisen ausgezeichnet.

| Update:

Wäre noch ein Jubelpreis verliehen worden, gewonnen hätten ihn die Grundschüler:innen. Als Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Mittwochmittag die Gewinner:innen des zweiten Preises in ihrer Kategorie verkündete, ließ die Redaktion der „Zwiebel“, Schülerzeitung der freien Elisabeth-Abegg-Grundschule in Prenzlauer Berg, einen vielstimmigen Schrei ertönen. Der 20. Berliner Schülerzeitungswettbewerb, ausgerichtet von der Jugendorganisation „Junge Presse Berlin“ und dem Tagesspiegel als Medienpartner, fand in diesem Jahr in der sonnenbeschienenen, geräumigen Aula der Max-Taut-Schule in Lichtenberg statt.

Gefüllt war sie mit knapp 300 Schüler:innen, ihre Blätter heißen „PaulsenBrot“, „Die Zwiebel“, „Volle Kanne“, „Rausch“, „Don’t LOOK away“, „YoYo“ oder auch „Schnipsel“, „Mummelblatt“, „Bienenpost“ und „Shyft“. Nur einige der insgesamt 49 Zeitungen, die sich am 20. Berliner Schülerzeitungswettbewerb beteiligt hatten und bei der Festveranstaltung mit einem der Haupt-, Extra- oder Sonderpreise ausgezeichnet wurden. Nachdem die Preisverleihung zuletzt zweimal pandemiebedingt digital durchgeführt werden musste, konnten Berlins jüngste Medienmacher:innen dieses Mal wieder persönlich zusammenkommen und sich feiern lassen.

Gebanntes Warten auf die Preisverleihung in der Aula der Max-Taut-Schule in Lichtenberg. 
Gebanntes Warten auf die Preisverleihung in der Aula der Max-Taut-Schule in Lichtenberg. 

© Lydia Hesse/Tagesspiegel

Busse – selbst in Tempelhof zur Schule gegangen – lobte als Schirmherrin des Wettbewerbs die Kreativität, aber auch die Ernsthaftigkeit, mit der Berliner Schüler:innen sich dem Journalismus widmen. „Es gab ein breites Spektrum an Themen, über die in den als Printmedium oder Online-Formaten erscheinenden Zeitungen berichtet wurde. Literatur, Theater, Musik, Mode, Sport und Kunst spielten eine Rolle. Im Mittelpunkt standen die Folgen des Klimawandels und die Suche nach Lösungen für eine lebenswerte Zukunft genauso wie Fragen nach Identität und Diversität“, sagte Busse.

„Aber ein Thema spielte fast überall eine große Rolle – der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.“ Eine Kurzumfrage der Senatorin zeigte, dass die meisten der Schüler:innen in der Aula inzwischen mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine in die Schule gehen.

Das war auch Ulrike Teschke, Geschäftsführerin des Tagesspiegels, im Vorfeld aufgefallen: Durch diesen Krieg sei einmal mehr deutlich geworden, wie wichtig „freie Medien und der uneingeschränkte Zugang zu Informationen für die Verteidigung unserer demokratischen Grundwerte“ seien. „Die diesjährigen Einreichungen und die gewählten Schwerpunktthemen zeigen deutlich, dass die Jugendlichen bereit sind, dafür einzutreten“, sagte Teschke.

Die stellvertretende Tagesspiegel-Chefredakteurin Anke Myrrhe bei der Preisverleihung des Schülerzeitungswettbewerbs 2023.
Die stellvertretende Tagesspiegel-Chefredakteurin Anke Myrrhe bei der Preisverleihung des Schülerzeitungswettbewerbs 2023.

© Lydia Hesse/Tagesspiegel

Die Preise in der Kategorie Gymnasien verlieh die stellvertretende Tagesspiegel-Chefredakteurin Anke Myrrhe, obwohl sie, wie sie mit umgebundenem Baby scherzte, sich momentan eher der „persönlichen Nachwuchsförderung“ widme. Hier siegte erneut die bereits vielfach prämierte Schülerzeitung „Moron“ des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums in Pankow. Trotzdem wolle man „noch besser werden“, sagte Chefredakteurin Carla Siepmann auf der Bühne – und neben den zukünftigen Berliner Wettbewerben auch den Bundespreis gewinnen.

Neben den Preisen für jede Schulkategorie wurden von verschiedenen Sponsoren des Schülerzeitungswettbewerbs noch zahlreiche Extrapreise verliehen, wie etwa der Europapreis, ein Preis für den besten Artikel über Schulessen oder der Extrapreis Tierwohl. Diesen gewann eine Grundschülerin, die sich für ihren Text in das Leben einer Laborratte hineinversetzt hatte. Das Entertainment bei der Veranstaltung kam, genau wie der ausgezeichnete Journalismus, von Schüler:innen: Die Schulband des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasiums sang und spielte drei Coverversionen von beliebten Popsongs.


Spitze bei den Gymnasien: Die „Moron“ zeigt Farbe und Vielfalt

Bei den Gymnasien hat die „Moron“ des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums Pankow den ersten Platz belegt. Mehr zu der ausgezeichneten Schülerzeitung:

Die Redaktion der „Moron“ bei der Preisverleihung am Mittwoch.
Die Redaktion der „Moron“ bei der Preisverleihung am Mittwoch.

© Lydia Hesse/Tagesspiegel


Die „Kiezwelt“, eine Zeitung von und für Macher und Entdecker

Wäre die 13. Ausgabe der „Kiezwelt“ eine Jahreszeit, dann wäre sie ganz bestimmt Frühling. Denn die Schülerzeitung der Humboldthain-Grundschule sprüht gerade zu vor Erlebnislust und Entdeckerelan. Die Konzeptidee ist so pfiffig wie naheliegend: Nach Jahren des Corona-Lockdowns zelebriert die Redaktion die wiedergewonnen Erkundungsmöglichkeiten, die Berlin bietet. In neun Artikeln beschreiben die Jungautor:innen von ihren Ausflügen – und machen ihren Leser:innen damit unheimlich Lust aufs Erleben.

Die „Kiezwelt“ macht Lust aufs Entdecken und Erleben.
Die „Kiezwelt“ macht Lust aufs Entdecken und Erleben.

© promo

Paulin etwa berichtet von den wilden Wundern des Botanischen Gartens, während Medina das Schlittschuhlaufen in der Eishalle empfiehlt. Über das Kniffeln in einem Escape Room schreibt Batoul, und seit seinem Besuch im Heimatkundemuseum weiß Hussain, was eine „Kiepe“ ist. Wüssten Sie es? Es handelt sich um einen „großen Metallkasten mit Trägern, in den man Kohle füllen kann“. Denn noch vor 80 Jahren, berichtet Hussain, wurde in Berlin vielerorts mit Kohlebriketts geheizt.

Besonders ansprechend werden diese Geschichten durch eigene seitenfüllende Illustrationen, die den Text harmonisch einbetten. Das beeindruckt auch die Jury: „In der Kiezwelt ist jede Seite persönlich gestaltet und dadurch anders, es gibt nach jedem Umblättern etwas Neues.“

Eine sozialwissenschaftliche Studie im Kinderformat

Wirklich bemerkenswert ist auch eine selbst durchgeführte und ausgewertete Umfrage zum Thema Taschengeld, an der 141 Schüler:innen teilgenommen haben. Selbstgezeichnete bunte Balkendiagramme schlüsseln auf, wie viel Geld die Kinder bekommen – und wofür sie es am liebsten ausgeben. Eine sozialwissenschaftliche Studie im Kinderformat, die sowohl informativ als auch verständlich ist.

Für die „Kiezwelt“ hat die Jury deshalb gleich ein halbes Dutzend Komplimente: „schülernah, lustig, einzigartig, farbenfroh, interessant, sympathisch, insgesamt also einfach: gut!“


Extrapreis „Multimedia“ für die Herderzeitung

Innovativ – mit diesem Wort lässt sich das Engagement der Herderzeitung am besten beschreiben. Die Schüler:innenzeitung des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasiums in Lichtenberg erscheint nicht nur gedruckt, sondern auch in vielen digitalen Formaten: Eine professionell gestaltete Webseite gehört dazu, ebenso wie die Präsenz in allen gängigen Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook, Twitter, TikTok und YouTube.

18 Ausgaben der Zeitschrift sind bereits erschienen. Gedruckt, aber auch gut lesbar online abrufbar: Mit einer eigenen App lassen sich Texte ganz einfach auf dem Smartphone lesen und alte Ausgaben durchblättern. Zudem können Schüler:innen Lehrer:innenzitate und eigene Texte einsenden. Auch einen Podcast hat die Redaktion an den Start gebracht. „Wir lieben es, Medien zu machen“, beschreibt die Herderzeitung ihr Engagement. Und genau dafür zeichnet der Tagesspiegel die Zeitung mit dem Extrapreis „Multimedia“ aus.


Extrapreis „Schulgeschichte“ für die Shyft

Ein zweiter Extrapreis des Tagesspiegel geht an die Schülerzeitung Shyft des Walther-Rathenau-Gymnasiums in Grunewald. Zum 100. Todestag von Walther Rathenau hat die Redaktion eine Jubiläumsschrift mit vielfältigen Beiträgen verfasst. Sie beleuchtet die verschiedenen Facetten des Menschen Walther Rathenau – als Industriellen, Schriftsteller, Maler und bedeutenden Politiker. Zudem zeigt die Redaktion, wie die Schule an ihren Namensgeber erinnert und welche Spuren von Rathenau auch heute noch in Berlin zu finden sind.

Die Jubiläumsschrift zum 100. Todestag von Walther Rathenau.
Die Jubiläumsschrift zum 100. Todestag von Walther Rathenau.

© promo

Die Ausgabe ist abwechslungsreich gestaltet. Viele Bilder, historische Dokumente, Interviews mit einem Historiker und einem Filmemacher geben tiefe Einblicke in das Leben von Walther Rathenau. Für diese umfassende Würdigung, die aufwändige Recherche und professionell gemachte Erinnerungsschrift bekommt die Schülerzeitung Shyft den Extrapreis „Schulgeschichte“ des Tagesspiegels.


Ausführliche, mutige Recherchen in der „Fürst News“

Die Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule hat mit ihrem Blatt „Fürst News“ wahrlich Courage bewiesen. Ein Blick ins Blatt zeigt, dass die Redaktion drängende gesellschaftspolitische Themen auf dem Radar hat und sich auch vor Schwerverdaulichem und Komplexem nicht scheut.

Da ist zum Beispiel der Fünftklässler Gabor: Seine Einordnung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist ein Paradestück kinderfreundlichen Erklärens eines nicht sehr bekömmlichen Themas. Durch ein beigestelltes Interview mit der Siebtklässlerin Alisa, die aus der Ukraine nach Berlin geflüchtet ist, wird aus einer weit entfernten Auseinandersetzung für die Leser:innen ein greifbares Phänomen.

Noam weist trotz Fußballbegeisterung anlässlich der WM auf die Missstände in Katar hin, während Matteo von seinen Erlebnissen „zwischen den Welten“ in Israel und Palästina schreibt. Drei Schülersprecher berichten von ihrem Ansporn, etwas an der Schule zu verändern. Steven sensibilisiert für die perfiden Strategien der rechten Identitären Bewegung. Im Faktencheck stehen E-Autos auf dem Prüfstand, kurz gefolgt von „10 Dingen, die du tun kannst, um den Wald zu schützen“.

Die Jury hebt in der Laudatio hervor: „An vielen Stellen ist uns aufgefallen, wie ausführlich ihr recherchiert. Das macht eure Texte informativ und spannend.“ Die „Fürst News“ traut sich ans Eingemachte und trifft dabei den richtigen Ton. Hut ab vor solch zeitgemäßem und mutigem Journalismus.


Frischer Blick auf alte Mauern im „Mummelblatt“

Wer die Jubiläumsausgabe des „Mummelblatt“ liest, erfährt Erstaunliches über die Schule am Mummelsoll in Hellersdorf. Etwa, dass bei der Grundsteinlegung 1999 im Fundament eine Zeitkapsel eingegraben wurde. „Im Boden der Schule wurde etwas versteckt für die Menschen, die nach uns leben“, erklärt die Fotostrecke – eine Zeitung von damals, eine Kinderzeichnung, Münzen und ein Glücksschwein.

Den jungen Reporterinnen und Reportern gelingt es, auf eindrucksvoll vielfältige Weise einen Bezug zu ihrer Schule herzustellen. So werden etwa aus dem Schulalltag bekannte Gesichter, wie Hausmeister und Lehrer, zu Zeitzeugen. Sie erzählen, wie sie den Schulneubau damals erlebt haben und machen ihn damit selbst für die Jüngsten greifbar. Ein Fotorätsel animiert die Leser dazu, mit offenen Augen durch die vertraute Schule zu laufen. Und von den Schülern eingefärbte Skizzen des Schulgebäudes entwickeln eine unwiderstehliche Pop-Art-Ästhetik.

Die Zeitungsmacher behalten dabei jederzeit ihr Zielpublikum fest im Blick, nämlich ihre Mitschüler. „Die Jury war wirklich begeistert. Alle Inhalte sind mit wenig Hilfe eigenständig von Kindern erschließbar“ durch eine große, gut lesbare Schrift und zahlreiche Fotos. Die Kombination überzeugt.


Bunte Impulse und modernes Layout in der „RAUSCH“

Die Schulzeitung „RAUSCH“ der Ostrom-Humboldt Oberstufe zieht Leser:innen umgehend in ihren Bann: Das eindrucksvolle, leicht spacige Layout weiß zu beeindrucken und zieht sich durch die gesamte Zeitung. Der Inhalt wiederum ist dicht, anspruchsvoll und aktuell.

Besonders eindrucksvoll ist ein vierseitiger Beitrag, der „Awareness“ schaffen will. Inspiriert durch eine Foto-Ausstellung von Zanele Muholi, einer nicht binären Schwarzen Künsterler*in, werden wichtige Begriffe im Zusammenhang mit den Themen LGBTQIA+, BPoC und Feminismus näher erläutert. Damit schafft die Zeitung Zugänge zum Thema intersektionale Diskriminierung.

Doch die „RAUSCH“ kann auch locker: Mit modischen Hinguckern, Kulturtipps und Musikempfehlungen versorgt die Schulzeitung ihre Leser:innen mit inspirierenden Impulsen. Bunte Diversität feiert die Rubrik „Monthly Fits“, welche die Lieblingsoutfits von Mitschülern in den Fokus nimmt.

Auch hinsichtlich der Kommunikationskanäle beweist die „RAUSCH“ ein Gespür fürs Moderne. Die Schulzeitung erscheint digital und die Redaktion ist auf Instagram aktiv, um Reichweite zu erzeugen. Eine Schülerzeitung am Puls der Zeit.


Die Zeitlosigkeit des Friedens bei der „Eiffel-News“

Die Gustave-Eiffel-Schule kann stolz sein auf seine Schülerzeitung „Eiffel-News“. Beim Schülerzeitungswettbewerb schon mehrfach ausgezeichnet, konnte sie die Jury erneut überzeugen.

Die Schülerzeitung beschäftigte sich in ihrem Dossier „Die Krone der Schöpfung“ intensiv mit dem Krieg in der Ukraine und dessen Bearbeitung durch die Schüler der Eiffel-Schule. Die Redakteur:innen haben nicht nur sorgfältige Recherchen über Kriegsgeschichte rund um die Welt angestellt, sondern auch den Ursprung des Wortes Frieden und die Zeitlosigkeit dieser Konzepte untersucht. „Damit zeigt ihr, wie schützenswert Frieden ist. Dieses Engagement wollen wir mit einem ersten Preis belohnen“, lobte die Jury. Vor Erscheinen der Zeitung hatten die Redakteure aus der neunten Klasse an einem Seminar über Fake News und das Thema „Weltkrise“ teilgenommen.

Der zweite Teil der Zeitung berichtet über das Jahr der Schüler:innen. Eine Berichterstattung, „durch die man Lust bekommt, sich in euer Schulleben einzubringen“, hieß es in der Laudatio. Die Texte stellen eine Schule vor, die sich stark für Klimaschutz und gegen Diskriminierung einsetzt – Hoffnung für die nächste Generation von Berliner:innen und Journalist:innen.

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