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Abiturientinnen und Abiturienten am Campus Rütli in Neukölln - und ihre Schulleiterin Cordula Heckmann (hintere Reihe, 2. v. l.).

© Sven Darmer

Abitur am Campus Rütli in Berlin-Neukölln: „Die Lehrer hier glauben an uns“

Vor elf Jahren hatte die Rütli-Schule einen miesen Ruf. Heute sind die Plätze am Campus begehrt – und die Schüler begeistert.

Ida Hupfauer steht auf dem Schulhof des Campus Rütli in Neukölln und strahlt über das ganze Gesicht. Die 19-Jährige hat gerade ihr Abiturzeugnis bekommen: Mit einem Schnitt von 1,7 hat sie bestanden. „Als Zweitbeste“, sagt sie stolz.

Ida hat sich ganz bewusst für diese Schule entschieden. Zur elften Klasse kam sie her, zuvor ging sie auf eine Freie Schule in Brandenburg. Um auf dem Campus Rütli die Oberstufe zu absolvieren, ist sie sogar umgezogen – zu ihrer Patentante, die in der Nähe der Schule wohnt. Sie hospitierte zunächst und war dann schnell sicher, dass der Campus das richtige für sie ist. „Das Konzept der Schule hat mich überzeugt“, sagt Ida Hupfauer. „Es war kein Frontalunterricht, wir hatten kleine Gruppen, in denen es sehr gemeinschaftlich zuging. Und die Leute hier, die Lehrer und die Mitschüler, sind einfach toll. Die Atmosphäre war herzlich und freundlich, die Lehrer haben sich sehr um uns gekümmert. Ich werde es vermissen.“

Ida Hupfauer.
Ida Hupfauer.

© Sven Darmer

Idas Eltern stehen daneben und nicken. „Natürlich wussten wir, was früher über die Schule geschrieben wurde, und wir wussten auch, dass die Gegend als sozialer Brennpunkt gilt“, sagt ihre Mutter. „Aber wir dachten uns: Wer hier die Oberstufe macht, der will es auch wirklich. Und die reformpädagogischen Ansätze haben uns gut gefallen.“

Für Cordula Heckmann, die Schulleiterin des Campus Rütli, dürften diese Aussagen eine Bestätigung ihrer Arbeit sein. Seit 2009 ist sie als Direktorin maßgeblich am Aufbau des Campus Rütli beteiligt und hat den Wandel der einstigen Problemschule zur Vorzeigebildungseinrichtung mitgestaltet. Vor elf Jahren erschütterte der Brandbrief der Rütli-Lehrer die Republik, Lehrer berichteten von unkontrollierbaren Schülern und massiver Gewalt. Was folgte war eine beispiellose Anstrengung, an der sich Senat, Bezirk und Stiftungen beteiligten.

Aus der einstigen Hauptschule wurde nach der Fusion mit der Heinrich-Heine-Realschule und der Schubert-Grundschule die „Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli“. 2011 wurde die Oberstufe eingerichtet, 2014 machten die ersten Rütli-Schüler Abitur. In diesem Jahr ist es also schon der vierte Jahrgang, der die Reifeprüfung ablegt. 25 Schüler haben bestanden, drei weitere haben den schriftlichen Teil der Fachhochschulreife geschafft.

Narmin Rifai.
Narmin Rifai.

© Sven Darmer

Auch Idas Mitschülerin Narmin Rifai ist erst in der Oberstufe an den Campus Rütli gewechselt, vorher ging sie auf die Fritz-Karsen- Schule in Neukölln. „Meine Schwester hatte hier Abitur gemacht, deshalb hatte ich schon viel Gutes gehört.“ Sie wurde nicht enttäuscht: Eine 1,8 steht auf ihrem Abiturzeugnis, jetzt will sie studieren – vielleicht Wirtschaftsingenieurswesen oder Öffentliche Verwaltung.

Ayman Ibrahim.
Ayman Ibrahim.

© Sven Darmer

Ayman Ibrahim, 19 Jahre alt, ist dagegen schon seit der ersten Klasse dabei, noch vor der Fusion wurde er auf der Schubert-Grundschule eingeschult. Jetzt hat auch er das Abitur bestanden, mit einem Schnitt von 2,0. „Ich bin im Laufe meiner Schulzeit besser geworden. Die Lehrer hier sind toll. Sie wollen, dass wir das Abitur schaffen und glauben an uns.“ Deutsch und Geschichte waren seine Leistungskurse, und jetzt will er gleich weiter lernen und ein Studium beginnen. „Ich würde gern selbst Lehrer werden“, sagt er.

Vorbereitung auf Studium und Ausbildung

„Seit der Einführung der Oberstufe haben wir immer wieder geschaut, was unsere Schüler brauchen und was ihnen Schwierigkeiten bereitet“, sagt Schulleiterin Cordula Heckmann. „Viele unserer Schüler sind die ersten in ihrer Familie, die Abitur machen, deshalb ist es uns wichtig, sie beim Übergang zum Studium oder zur Berufsausbildung zu begleiten.“ An der Schule gibt es Kooperationen mit Gruppen wie den „Senkrechtstartern“, einer Initiative von Stipendiaten der Adenauer-Stiftung, die Schüler als Studienpaten bei ihrem weiteren Bildungsweg unterstützen.

Auch Ida Hupfauer will bald studieren, vielleicht Biologie und Englisch auf Lehramt. Aber erst mal gönnt sie sich ein Jahr Auszeit und will ins Ausland. Ganz los lässt sie das Thema Schule aber nicht: Als erstes geht sie nach Indien, um dort drei Monate zu unterrichten.

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